Rückblick IFM-Konferenz: der Modemarkt 2024 – zwischen trügerischer Stabilität und Beginn eines neuen Zyklus
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Während 2025 weiter voranschreitet und die Auswirkungen des Jahres 2024 abklingen, scheint sich die Modebranche in einem Zustand trügerischer Stabilität zu befinden. Denn unter der Oberfläche finden Verschiebungen statt: Das prekäre Gleichgewicht zwischen physischem und digitalem Handel gerät ins Wanken, Vertriebskanäle werden neu erfunden und die Erwartungen der Verbraucher:innen prägen eine sich verändernde Landschaft. Diese Periode ist mehr als nur eine zyklische Schwankung, sie signalisiert eine Neudefinition der Regeln und könnte die Branche in eine Ära nachhaltiger Transformation führen. Wie Gildas Minvielle, Direktor des Wirtschaftsobservatoriums am Institut Français de la Mode (IFM), feststellte: „Hinter dieser scheinbaren Stabilisierung finden tiefgreifende Transformationen statt.“
Was heute auf dem Spiel steht, geht über reine Verkaufszahlen hinaus. Weit davon entfernt, nur eine vorübergehende Phase zu sein, könnte diese Anpassungsperiode der Auftakt zu einer strukturellen Umwälzung sein, bei der das Paradigma von Angebot und Nachfrage nun um neue Rationalitäten kreist: Verbraucher:innen, die nach Sinn suchen, ein Markt, der zwischen Luxus und Ultra-Zugänglichkeit gespalten ist, und eine Branche, die zwischen den Imperativen der Rentabilität und den Geboten der Nachhaltigkeit gefangen ist. Die Schlüsselfrage ist daher nicht mehr, ob sich die Modebranche stabilisiert, sondern vielmehr die Art dieser Stabilität: Handelt es sich um ein Übergangsplateau oder um ein neues Gleichgewicht, das auf beispiellosen Dynamiken basiert?
Die dritte Ausgabe des alljährlichen Berichts zum Modemarkt, die am Donnerstag, dem 13. Februar, von Minvielle vorgestellt wurde, beleuchtete diese Periode des großen Umbruchs – vielleicht ein Vorbote neuer Wege für die Branche.
Marktbericht 2024: bescheidenes Wachstum inmitten tiefgreifender Transformationen
Hinter der relativen Ruhe der Zahlen findet unbestreitbar eine Umgestaltung des Marktes statt. Nach einem langsamen Jahresbeginn mit einem Umsatzrückgang von 2 Prozent im ersten Halbjahr schloss der Modemarkt das Jahr 2024 mit einem bescheidenen Wachstum von 0,5 Prozent im Bekleidungsverkauf ab. Dieses scheinbar positive Ergebnis verdeckt jedoch gegensätzliche Dynamiken: Der Aufstieg der Pure Player (oder Ultra-Fast-Fashion?) gestaltet die Landschaft weiterhin neu. Berücksichtigt man Shein, Amazon und Temu, springt das Branchenwachstum von 0,1 Prozent auf 1 Prozent, ein klares Signal dafür, dass der digitale Handel nun das Tempo vorgibt.
Im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie bleibt der Rückgang mit -5,5 Prozent gegenüber 2019 jedoch erheblich. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich eine grundlegend veränderte Einzelhandelslandschaft. Preisgünstige Ketten wie Kiabi und Gémo haben sich als die größten Gewinner herauskristallisiert und verbuchten im gleichen Zeitraum einen Anstieg von 11 Prozent. Umgekehrt verzeichneten traditionelle Einzelhandelskanäle starke Rückgänge: Hypermärkte und Supermärkte um 28,9 Prozent, markenunabhängige Einzelhandelsunternehmen um 18,3 Prozent und Fachketten um 4 Prozent. Dieser Rückgang wirft Bedenken hinsichtlich der Anpassungsfähigkeit traditioneller Modelle an die sich schnell ändernden Konsumgewohnheiten auf.
Herren- und Damenbekleidung entwickelt sich weiterhin unterschiedlich schnell, was ein anhaltendes strukturelles Ungleichgewicht verdeutlicht. Während die Damen-Konfektion um 2,3 Prozent zulegte, wuchs das Herrensegement nur um 0,3 Prozent. Damenmode profitiert von einer größeren Vielfalt und einer schnelleren Reaktion auf Trends, während Herrenmode weiterhin von weniger häufigen Käufen und einer starken Präferenz für zeitlose Stücke geprägt ist. Diese Lücke stößt jedoch auf wachsendes Interesse seitens des Einzelhandels. Ein Beispiel dafür sind die Galeries Lafayette, die kürzlich in den Ausbau ihres Herrenmodeangebots investierten. Könnte dieses historisch unterausgelastete Segment zu einem neuen Wachstumsmotor werden?
Auf der Konferenz hob Emmanuel Tisseyre, Chief Operating Officer (EMEA, APAC, LatAm) für Luxusmarken, Dozent an der ESMOD und INSEAD-Alumnus, einen besonders aufschlussreichen Punkt hervor: Wenn Männer der Silver Economy ihren Modekonsum nach der Pensionierung reduzieren, liegt das weniger an mangelndem Interesse als vielmehr am Fehlen eines wirklich auf sie zugeschnittenen Angebots. Dabei verfügen sie über das Kapital, die Zeit und ein ästhetisches Empfinden, das sie zu einem hochrelevanten und wertvollen Marktsegment machen könnte – ein Segment, das die Modebranche weitaus effektiver nutzen könnte.
Regionale Unterschiede fügen eine weitere Ebene der Komplexität hinzu. In der Region Paris unterscheiden sich die dominierenden Einzelhandelsunternehmen deutlich von denen im Rest des Landes: Décathlon, Zara und Nike führen den Markt an, während in anderen Regionen Kiabi Zara auf dem zweiten Platz überholt. Ebenso sind Lidl und Carrefour im Pariser Modeeinzelhandel stärker präsent als die regionalen Hochburgen von Gémo, La Halle und Chausséa. Diese Unterschiede spiegeln nicht nur unterschiedliche Geschäftsstrategien wider, sondern auch Unterschiede in der Kaufkraft und im Konsumverhalten.
E-Commerce und die Dominanz des Trios Shein-Temu-Amazon
Das Jahr 2024 war zwar nicht von einem dramatischen Wandel geprägt, verstärkte aber einen vorherrschenden Trend: den unaufhaltsamen Aufstieg des Online-Einzelhandels. Der E-Commerce-Umsatz stieg im Vergleich zu 2023 um 1,7 Prozent und im Vergleich zu 2019 um 9,2 Prozent, wodurch der Online-Modekauf 23 Prozent des Gesamtmarktes ausmachte (+1 Prozentpunkt im Vergleich zum Vorjahr).
Das Trio Shein-Temu-Amazon verkörpert diese Transformation. Diese Plattformen machen 25 Prozent der Online-Verkäufe und 6 Prozent des Gesamtmarktes aus, was einen strukturellen Wandel hin zum digitalen Konsum, insbesondere bei den jüngeren Generationen, verdeutlicht. In diesem neuen Ökosystem führt Amazon mit einem Marktanteil von 26,3 Prozent, gefolgt von Décathlon (21,4 Prozent) und Shein (19,9 Prozent). Vinted, angetrieben vom Aufstieg des Secondhand-Shoppings, hat sich ebenfalls zu einem wichtigen Akteur entwickelt (19,2 Prozent), was bestätigt, dass die Suche nach Sinn und Budgetbewusstsein nun das Kaufverhalten prägen.
Im stationären Einzelhandel schreitet die digitale Anpassung langsamer, aber dennoch spürbar voran: Der Anteil des E-Commerce am Umsatz ist von 6 Prozent im Jahr 2019 auf 10 Prozent im Jahr 2024 gestiegen. Diese Entwicklung unterstreicht die dringende Notwendigkeit für traditionelle Einzelhändler:innen, ihre Omnichannel-Transformation zu beschleunigen, um nicht ins Abseits gedrängt zu werden.
Einzelhandelsranking: Sportbekleidung und Supermärkte übernehmen die Führung
Im Jahr 2024 kam es zu einer Neuordnung der Präferenzen der Verbraucher:innen bei den Einzelhandelsketten. Décathlon, ein Unternehmen, das die anhaltende Begeisterung für Sportbekleidung und Athleisure verkörpert, sicherte sich den Spitzenplatz, gefolgt von Kiabi und Zara. Dieser Trend unterstreicht eine Verlagerung hin zu Kleidung, die Stil, Komfort und Funktionalität in Einklang bringt. Nike und Adidas profitieren weiterhin davon und festigten ihre Marktdominanz.
Eine weitere Divergenz im Kaufverhalten zeichnet sich ab, diesmal im Lebensmitteleinzelhandel. In der Île-de-France haben sich Carrefour und Lidl als bevorzugte Einzelhandelsunternehmen etabliert, während in anderen Regionen nur Leclerc es schaffte, sich einen Platz unter den 15 meistbesuchten Geschäften für Bekleidungskäufe zu sichern.
Wieder einmal spielen territoriale Unterschiede eine Rolle: In der Île-de-France stechen Uniqlo, C&A und Armand Thierry hervor, während in anderen Regionen La Halle, Gémo und Chausséa eine starke Präsenz behaupten. Diese Auswahl spiegelt Unterschiede im Lebensstil und in den Präferenzen der Verbraucher:innen zwischen städtischen und stadtnahen Gebieten wider.
2025: Stagnation oder neue Gleichgewichte?
Die Prognosen für 2025 deuten auf ein Jahr mit begrenztem Wachstum hin. Nach Schätzungen des IFM liegt das erwartete Wachstum bei etwa 0,7 Prozent, mit einem mittleren Szenario von +0,2 Prozent und einer Spanne zwischen -2 Prozent und +2 Prozent. Während die nachlassende Inflation den Konsum stützen könnte, schaffen wirtschaftliche Unsicherheiten und Bemühungen um den Abbau des öffentlichen Defizits eine Atmosphäre der Vorsicht.
Eine vom IFM unter Einzelhändler:innen durchgeführte Umfrage spiegelt diese Vorsicht wider: 74 Prozent erwarten stabile Preise, 20 Prozent rechnen mit moderaten Erhöhungen (0 bis 5 Prozent) und nur 6 Prozent erwarten Rückgänge. Diese prognostizierte Stagnation könnte den wettbewerbsfähigsten Segmenten, insbesondere Secondhand-Plattformen und Discountern, weiter zugutekommen.
Wie Gildas Minvielle betonte, „finden hinter dieser scheinbaren Stabilisierung tiefgreifende Transformationen statt“. Zwischen dem Aufstieg der Digitalisierung, der zunehmenden Fragilität des traditionellen Einzelhandels und dem sich ändernden Konsumverhalten befindet sich der Modemarkt an einem stillen, aber entscheidenden Wendepunkt. Wird das Jahr 2025 die Entstehung eines neuen Zyklus markieren oder die Verankerung der aktuellen Trends festigen?
Die dritte Ausgabe des alljährlichen IFM-Berichts zum Modemarkt hat diese Fragen beleuchtet und mögliche Zukunftsszenarien skizziert – Erkenntnisse, die wir in einem kommenden Artikel weiter vertiefen werden.
- Der Modemarkt verzeichnete 2024 ein bescheidenes Wachstum (0,5 Prozent), doch dies verdeckt bedeutende Veränderungen im Konsumverhalten und bei den Vertriebskanälen.
- Der E-Commerce boomt, wobei das Trio Shein-Temu-Amazon einen bedeutenden Marktanteil erobert und die Wettbewerbslandschaft neu gestaltet, während traditionelle Einzelhändler:innen mit der Anpassung kämpfen.
- Der Aufstieg von preisgünstigen Ketten, Sportbekleidung und Secondhand-Plattformen unterstreicht die veränderten Prioritäten der Verbraucher:innen in Bezug auf Wert, Komfort und Nachhaltigkeit, was sowohl Herausforderungen als auch Chancen für die Branche schafft.
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