Richemont verkauft defizitäre Ledermarke und baut Online-Geschäft aus
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Der Luxusgüterkonzern Richemont setzt den Umbau in kleinen Schritten fort. Die Genfer trennen sich von der seit Jahren defizitären Lederwarenmarke Lancel und bauen auf der anderen Seite mit dem Kauf der britischen Uhrenplattform Watchfinder das Online-Geschäft aus. Mit dieser Akquisition ist Richemont der erste Hersteller, der im grossen Stil ins Geschäft mit gebrauchten Uhren einsteigt.
Der Handel mit gebrauchten und zertifizierten Uhren, also von Certified Pre-Owned (CPO) Produkten, wurde bislang von Händlern und Online-Portalen wie Watchfinder dominiert. Watchfinder passe mit dem jüngst ganz übernommenen Onlineverkäufer Yoox Net-a-Porter und der Beteiligung am Reisedetailhändler Dufry bestens in die eingeschlagene Handelsstrategie, teilte Richemont bereits am Freitag mit.
Die 2002 gegründete Watchfinder ist kein unbeschriebenes Blatt. Die Briten beschäftigen rund 200 Mitarbeiter und bieten derzeit online mehr als 4000 gebrauchte Uhren von beinahe 60 Herstellern an. Vertreten sind hochwertige Uhren von Rolex, Breitling, Omega oder von der Richemont-Vorzeigemarke Cartier. Geleitet wird Watchfinder vom Mitgründer Stuart Hennell.
Und Watchfinder bewegt sich in einem wachsenden Markt. Gemäss aktuellsten Zahlen wuchsen die Briten im Jahr 2016 um 75 Prozent und erzielten einen Umsatz von 68 Millionen Pfund (knapp 90 Millionen Franken). Und für 2017 rechnen Bankanalysten mit einer Steigerung auf 100 Millionen Pfund. Ähnlich hoch schätzen sie den Kaufpreis, den Richemont für die Übernahme bezahlen muss. Richemont selber macht dazu keine Angaben.
Schmuck und Uhren im Fokus
Während das Onlinegeschäft und eCommerce an Bedeutung gewinnen, stehen bei Richemont produktseitig die Schmucklinien der Marken Cartier und Van Cleef&Arpels im Fokus sowie Luxusuhren der Häuser Piaget, IWC oder Jaeger LeCoultre. Vor diesem Hintergrund hatte sich Richemont bereits vor knapp einem Jahr vom chinesischen Modelabel Shanghai Tang getrennt.
Nun verkauft Richemont auch die Marke Lancel an das auf Aktentaschen spezialisierte, italienische Unternehmen Piquadro. Die Aktion überrascht nicht. Bereits seit März war bekannt, dass Richemont mit den Italienern Gespräche darüber geführt hat. Auch zu diesem Verkaufspreis hält sich Richemont bedeckt. Die Transaktion werde weder die Ergebnisse noch die Bilanz "erheblich" beeinflussen, heisst es lediglich.
Etwas mehr Einblick in finanzielle Details gewährt Piquadro. Richemont werde als Preis einen Anteil an den Gewinnen erhalten, die Lancel in den kommenden zehn Jahren erzielen wird, heisst es im Communiqué der Italiener. Maximal würden 35 Millionen Euro bezahlt.
Mit der 1876 gegründeten Lancel verkauft Richemont eine Marke, die in den vergangenen Jahren zumeist "rote Zahlen" geschrieben hatte und zuletzt einen neuerlichen Abschreiber Millionenhöhe zu verantworten hatte. Wie Piquadro schreibt, erzielte Lancel in der abgelaufenen Periode einen Umsatz in Höhe von 53 Millionen Euro und einen Betriebsverlust von 23 Millionen. Der Gesamtumsatz der Richemont-Gruppe lag bei 11 Milliarden.
Piquadro-Chef Marco Palmieri verspricht sich mit dem Zukauf von Lancel weiteres Wachstum für seine Gruppe. Man habe eine "Stilikone" der Lederwarenindustrie zugekauft, die den Kunden Produkte mit hoher Qualität biete, liess er verlauten. Lancel soll mit zuletzt ebenfalls erworbenen Marken, wie etwa dem florentinischen Lederwarenhaus The Bridge, zusammengeführt werden.
An der Börse bewegen die News die Aktie von Richemont etwas. Am frühen Montag-Nachmittag rückt sie um 0,7 Prozent vor, während der Gesamtmarkt gemessen am Blue-Chips-Segment SMI 0,3 Prozent dazugewinnt.
Analysten begrüssen den Kauf von Watchfinder, mit dem sich Richemont Wachstumschancen eröffneten. Gemeinsam mit Yoox Net-a-Porter könne Watchfinder in neue Länder vordringen, hiess es. Auch der Verkauf von Lancel verbessere das Wachstumsprofil, die Transaktion sei aber klein, so ein Analyst. (dpa)
Foto: Richemont Headquarters, Bellevue, Switzerland | Credit: ©Olaf Tamm, Hamburg, Germany, for Richemont