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Resale, Upcycling und Circular Economy: Vier Marken berichten ihre Erfahrungen im Innovationsprozess

Von FashionUnited

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Kuyichis überarbeitete Denim-Kollektion wird im GreenUp Space in Utrecht weiterverkauft. Foto mit freundlicher Genehmigung von Kuyichi.

Es ist allgemein bekannt, dass die Verlängerung der Lebensdauer eines Kleidungsstücks als eine der effektivsten Möglichkeiten gilt, die Gesamtauswirkungen der Bekleidungsindustrie zu reduzieren. Und warum? Erstens kann die Optimierung der Nutzung von Kleidung zu einer Verringerung der Produktion und des Kaufs neuer Kleidungsstücke beitragen, und zweitens kann sie die wachsenden Mengen an Textilabfällen, die jedes Jahr anfallen, reduzieren.

So werden zirkuläre Geschäftsmodelle wie Vermietung und Wiederverkauf zunehmend für ihr erhebliches Potenzial anerkannt, die immensen und schädlichen Auswirkungen der Modeindustrie auf die Umwelt zu reduzieren. Das Wirkungspotenzial dieser Geschäftsmodelle ist hoch und die Geschäftsmöglichkeiten sind es ebenfalls. Jüngste Prognosen deuten darauf hin, dass Wiederverkaufs-, Miet-, Reparatur- und Remake-Modelle an Beliebtheit zunehmen und Marktpotenziale in Milliardenhöhe erreichen. Der neueste Bericht der Ellen MacArthur Foundation, 'Circular Business Models: Redefining Growth for a Thriving Fashion Industry' zeigt, dass zirkuläre Geschäftsmodelle in der Bekleidungsindustrie das Potenzial haben, von heute 3,5 Prozent des Weltmarktes auf 23 Prozent im Jahr 2030 zu wachsen, was eine Chance von 700 Milliarden US-Dollar darstellt.

Trotz der ökologischen und wirtschaftlichen Vorteile, die zirkuläre Geschäftsmodelle versprechen, und obwohl Marken ihr Potenzial erkennen, tun sich viele Unternehmen noch schwer mit der Umsetzung.

Im November 2018 wurde das Projekt ‚Switching Gear‘ ins Leben gerufen, um genau dieses Problem anzugehen. Sein Ziel war es, die Umsetzung von Kreislaufwirtschaftsmodellen in der Modebranche zu beschleunigen. Das zweijährige Projekt, das von der Impact-Organisation Circle Economy geleitet und teilweise von der Laudes-Stiftung finanziert wurde, sollte vier Bekleidungsmarken - Asket, Lindex, Kuyichi und ETP - bei der Entwicklung und Einführung eines Pilotprojekts für die Vermietung oder den Wiederverkauf bis Ende 2021 unterstützen. Um erfolgreich zu sein, sollten diese neuen Modelle drei Schlüsselkriterien erfüllen: (1) sie müssen ein für die Kundschaft bequemes und erschwingliches Angebot bieten, (2) sie müssen ein positives Geschäftsmodell haben, das mit dem primären Geschäftsmodell der Marke konkurrieren und mit der Zeit zu einem integralen Bestandteil dieses Geschäftsmodells werden kann, und (3) sie sollten einen positiven Nettoeffekt auf die Menschen und den Planeten haben.

Die teilnehmenden Marken folgten einem 18-monatigen zirkulären Innovationsprozess, der aus intensiven Workshops, Live-Prototyping und Online-‚Scrums‘ bestand, um sicherzustellen, dass die Marken bei ihrer Entwicklung auf dem richtigen Weg blieben. Im April 2021 beendeten die vier Marken ihre Reise, ausgestattet mit einem klaren Nutzenversprechen für ihr neues Kreislaufgeschäftsmodell sowie einem detaillierten Pilotplan und einer soliden Kommunikationskampagne. Sie waren bereit, loszulegen.

Was ist seitdem geschehen? In diesem Artikel blicken wir auf die Reise dieser vier Pioniere zurück, untersuchen die Lehren, die sie auf ihrem Weg gezogen haben, und berichten, was seit dem Start der Pilotprojekte geschehen ist. Anhand ihrer Geschichten und Erfahrungen als anschauliche Fallstudien werden die damit verbundenen Herausforderungen und Vorteile der Entwicklung und Einführung eines zirkulären Geschäftsmodells deutlich, und Circle Economy liefert die notwendigen Werkzeuge, um die Frage zu beantworten, die sich Marken auch heute noch stellen: Wo soll ich anfangen?

Index

  1. Durable Denim - der Fall Kuyichi
  2. Askets Wiederbelebungs- und Rücknahmeprogramm
  3. Rücknahme und Wiederverkauf - der Fall Lindex
  4. ETP's Circular Programm

1. Langlebiger Denim - der Fall Kuyichi

Die Idee eines zirkulären Geschäftsmodells hatte Kuyichi schon im Kopf, lange bevor es sich dem Switching Gear-Projekt anschloss. Als Marke mit Purpose hat das Unternehmen eine starke Erfolgsbilanz bei der Herstellung von Kleidungsstücken aus nachhaltigen und kreislauffähigen Fasern, die auf Langlebigkeit ausgelegt sind. Ein zirkuläres Geschäftsmodell war der logische nächste Schritt. Kuyichi sieht darin eine Möglichkeit, die Verantwortung für seine Produkte am Ende ihres Lebenszyklus zu übernehmen - und die Handwerkskunst, die hinter jeder Jeans steht, wirklich zu schätzen und zu bewahren. Gleichzeitig sieht die Marke darin eine großartige Möglichkeit, von ihrer Kundschaft ein Feedback zur Qualität und Haltbarkeit ihrer Produkte nach dem Verkauf zu erhalten.

Die überarbeitete Denim-Kollektion von Kuyichi wird in der GreenUp-Fläche in Utrecht weiterverkauft. Foto: Kuyichi

Die Bedürfnisse der Kundschaft

Das Geschäftsmodell des Wiederverkaufs von Kuyichi bedient zwei unterschiedliche Bedürfnisse seiner Kundschaft. Das Rücknahmeprogramm bietet treuen Kuyichi-Kund:innen, die ihren Kleiderschrank bewusst entrümpeln wollen, eine einfache Möglichkeit, ihren alten Jeans ein neues Leben zu schenken. Die upgecycelten Resale-Kollektionen hingegen sollen eine jüngere Generation ansprechen, die auf der Suche nach einzigartigen Artikeln mit einer coolen Geschichte und Werten ist, hinter denen sie stehen kann.

Das Geschäftsmodell

Kuyichi betrachtet den Wiederverkauf als eine natürliche Erweiterung seines derzeitigen Geschäftsmodells und ist davon überzeugt, dass es daraus einen großen nicht-finanziellen Nutzen ziehen wird. Das Modell an sich muss also nicht zu Umsatzwachstum führen - es muss sich nur selbst tragen. Zu diesem Zweck wollen sie mit kleinen Mengen beginnen und das Modell im Laufe der Zeit ausbauen.

Die erwarteten positiven Auswirkungen

Für eine Marke wie Kuyichi, für die Nachhaltigkeit ein zentrales Anliegen ist, ist ein Wiederverkaufsmodell eine natürliche Erweiterung und eine Möglichkeit, das Verhalten und die Einstellung der Kundschaft in Bezug auf die Pflege und Entsorgung von Kleidungsstücken zu ändern. Durch das Angebot eines Rücknahmesystems für ihre Jeans hofft die Marke, Produkte von der Mülldeponie fernzuhalten. Durch ihre Upcycling-Kooperationen möchte die Marke auch den inhärenten, dauerhaften Wert ihrer Produkte demonstrieren. Das unterstützt ihre ‚Unfashion‘-Botschaft, die sich gegen die Schnelllebigkeit der Mode richtet.

Ergebnisse des Pilotprojekts und daraus gewonnene Erkenntnisse

Das Pilotprojekt von Kuyichi wurde im September 2021 im GreenUp Utrecht gestartet - dem größten nachhaltigen Kaufhaus der Niederlande. In einem speziellen Bereich des Ladens sammelt, recycelt und verkauft die Marke ihre überarbeitete Denim-Kollektion. Das Geschäft nimmt gebrauchte Kuyichi Jeans zurück, akzeptiert aber auch defekte Artikel aus den Lagerbeständen. Die gesammelten Stücke werden von Petra van de Laar von Indigo Ravens zu einer Vielzahl einzigartiger Stücke umgearbeitet, von Patchwork-Jacken bis zu Bucket Hats oder sogar Maßanfertigungen, die dann im GreenUp Store verkauft werden. Die Preise variieren je nach der durchgeführten Arbeit - einige reparierte Artikel werden zu einem niedrigeren Preis verkauft als die Originale, während die upgecycelten Artikel aufgrund der erforderlichen Handarbeit und des Zeitaufwands einen höheren Preis haben. Bis heute hat Kuyichi etwa 150 bis 200 upgecycelte Gegenstände in der GreenUp-Fläche verkauft.

Wie geht es weiter?

Eine der größten Herausforderungen für Kuyichi ist die Ausweitung der Produktrücknahme und -erneuerung aufgrund des logistischen Drucks auf ihr Team und das Lagerhaus, mit dem sie zusammenarbeiten. Daher hat die Marke erkannt, dass sie externe Partnerschaften aufbauen muss, durch sie mit Kapazitäten und Fachwissen unterstützt werden. Für das kommende Jahr plant Kuyichi eine Zusammenarbeit mit Responsible. Responsible wird ein Tool zur Verfügung stellen, mit dem Kuyichi verschlissene Produkte zurückkaufen kann, um dafür eine Gutschrift in seinem Webshop zu erhalten. Responsible wird dann die Artikel reparieren und erneuern und sie auf seiner Plattform weiterverkaufen, damit der nächste Mensch in den Genuss des Produkts kommt. Die Zusammenarbeit wird zunächst für die wichtigsten europäischen Märkte der Marke gestartet, aber man hofft, die Initiative im Laufe der Zeit auf ganz Europa ausweiten zu können.

Welchen Rat hat Kuyichi für andere Marken, die ein zirkuläres Geschäftsmodell aufbauen wollen?

„Die Logistik wird unterschätzt. Sie müssen mit einem guten Logistikunternehmen zusammenarbeiten, vor allem, wenn Sie eine kleine Marke sind, denn das ist sehr zeitintensiv. Es ist fast so, als würden Sie Ihr eigenes neues Unternehmen aufbauen. Finden Sie die richtigen Partner:innen. Finden Sie jemanden, der über das nötige interne Wissen verfügt oder bereit ist, es aufzubauen“, sagt Zoé Daemen, CR Managerin bei Kuyichi

2. Askets Wiederbelebungs- und Rücknahmeprogramm

Seit ihrer Gründung hat Asket eine klare Haltung gegen Fast Fashion und die Ausbeutung menschlicher und planetarischer Ressourcen eingenommen. Das Herzstück der Marke bildet die Absicht, den Wert von Kleidungsstücken wiederherzustellen, indem sinnvolle und langlebige Produkte hergestellt werden. Daher war die Entwicklung eines zirkulären Geschäftsmodells ein natürlicher nächster Schritt für das Asket-Team, der es ihm ermöglichen würde, den Nutzen ihrer Kleidungsstücke zu maximieren, indem sie Verantwortung über den Verkaufsort hinaus übernehmen.

Wiederverkauf von wiederaufbereiteten Artikeln bei einem Pop-up-Event in Stockholm. Foto: Asket

Das Kundenbedürfnis

Das Kreislaufgeschäftsmodell von Asket bedient zwei unterschiedliche Bedürfnisse seiner Kundschaft: Das Rücknahmeprogramm bietet jenen, die ohnehin schon bewusst mit ihrer Kleidung umgehen, eine bequeme und verantwortungsvolle Möglichkeit, nicht mehr benötigte Kleidung zu entsorgen. Gleichzeitig zielt Asket mit dem Wiederverkaufsmodell darauf ab, qualitativ hochwertige, zeitlose Basics für diejenigen anzubieten, für die hohe Preise ein Hindernis für einen verantwortungsvollen Konsum darstellen.

Das Geschäftsmodell

Das Wiederverkaufsmodell wurde mit einem geografischen Schwerpunkt auf Schweden und Deutschland eingeführt. In beiden Ländern bietet Asket eine die kostenlose Rücknahme von Produkten an. Aus finanzieller Sicht ist es das Ziel der Marke, das Kreislaufgeschäftsmodell zumindest selbsttragend zu machen. Wie bei vielen Kreislaufwirtschaftsmodellen hängt der Geschäftserfolg von Schlüsselindikatoren wie der Verkaufsquote der gesammelten Artikel, der Reparaturquote und dem Wiederverkaufswert ab. Das Asket-Team hofft, die Sammlung angemessener Mengen von Qualitätsprodukten durch eine variable Vergütungsstruktur zu unterstützen.

Die erwarteten positiven Auswirkungen

Für Asket ist es ein klares Ziel, die Nutzungsphase seiner Kleidungsstücke zu maximieren, damit es zu einem geringeren Produktions- und Verbrauchsniveau in der Branche beitragen kann. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es für die Marke von entscheidender Bedeutung, die Auswirkungen ihres neuen Geschäftsmodells zu schützen, während es eingeführt wird. Zu den wichtigsten Überlegungen bei der Steuerung der Auswirkungen ihres Wiederverkaufsmodells gehören 1) die Sicherstellung, dass die Kundschaft nicht dazu verleitet wird, ihre Kleidungsstücke zu entsorgen, bevor sie es sonst getan hätten, und 2) dass sie den Konsum in keiner Weise weiter anregen. Darüber hinaus achten sie darauf, den Versand und andere betriebliche Auswirkungen in der gesamten neuen Lieferkette zu minimieren.

Ergebnisse des Pilotprojekts und gewonnene Erkenntnisse

Seit dem Start im Mai 2021 hat Asket im Rahmen des Rücknahme-Pilotprojekts mehr als 2.000 Artikel gesammelt, und die Sammelmengen steigen stetig, ebenso wie das allgemeine Bewusstsein der Kundschaft für das Revival-Programm. Eine Umfrage aus dem Jahr 2021 ergab, dass 42 Prozent der Kund:innen das Programm kannten, und die Umfrage aus dem Jahr 2022 ergab, dass ihr Bewusstsein für das Thema auf 58 Prozent gestiegen ist. Heute informiert die Marke in ihren Newslettern, in den sozialen Medien und auf ihrer Website über das Programm und hat sogar damit begonnen, eine ‚Revival-Prämie‘ pro Kleidungsstück beim Kauf im Webshop anzugeben.

Anfangs sortierte das interne Team von Asket die gesammelten Kleidungsstücke selbst - und nahm sogar die Hilfe des Designteams in Anspruch, damit dieses sich über die Qualität und den Zustand der Asket-Produkte nach dem Gebrauch informieren konnte. Das Sortieren ist jedoch arbeitsintensiv und erfordert Fachwissen. Daher hat sich Asket nun für eine Partnerschaft mit Fabrikörerna, einem externen Unternehmen, entschieden, das die Sortierung, das Waschen, die Wiederbelebung, die Kennzeichnung und die Preisgestaltung übernehmen kann. Dies hat sich als symbiotische Beziehung erwiesen, denn das Asket-Team hat Fabrikörerna im Wesentlichen dabei unterstützt, sein Geschäftsmodell (das traditionell auf der Herstellung neuer Produkte basiert) zu diversifizieren und zu einem Anbieter von Kreislauflösungen zu werden. Die gesammelten Kleidungsstücke werden zunächst nach ihrer Qualität sortiert, also danach, ob sie wieder tragbar sind oder nicht. Bislang war Asket von der Qualität der gesammelten Kleidungsstücke angenehm überrascht - 81 Prozent der Gesamtmenge waren für eine Wiederbelebung geeignet. Dieser Anteil wird dann zum Waschen nach Farben und Materialien sortiert. Nach dem Waschen werden alle erneut tragbaren Kleidungsstücke nach der spezifischen Art der Fehler sortiert, die sie haben, wie Löcher, Pilling oder Flecken. Estelle Nordin, Head of Operations, erklärt: „Eine Herausforderung besteht darin, den richtigen Weg für jedes einzelne Kleidungsstück zu finden, da dies von Kleidungsstück zu Kleidungsstück unterschiedlich ist und es daher schwierig ist, das Verfahren vollständig zu standardisieren. Es ist immer eine Einzelfallbetrachtung bei jedem Kleidungsstück“. Im Moment wird der nicht wiederverwendbare Anteil (19 Prozent der insgesamt gesammelten Kleidungsstücke) gelagert und gestapelt, bis eine ausreichende Menge für das Upcycling oder Recycling zur Verfügung steht.

Neben der Produktrücknahme und -sortierung hat Asket auch damit begonnen, die wiederaufbereiteten Artikel im Rahmen einer Reihe von Pop-up-Veranstaltungen weiterzuverkaufen. Die erste fand im Juni 2022 statt, die zweite im November 2022.

Wie geht es weiter?

Askets Ziel für 2023 ist es, die Anzahl der gesammelten Kleidungsstücke auf 4.000 Stück zu verdoppeln. Im Mai 2023 plant die Marke die Eröffnung eines langfristigen Pop-up-Shops, der eine Mischung aus wiederbelebten Artikeln sowie ein Archiv mit Musterstücken und defekten Retouren anbieten wird. Das Unternehmen hofft, Upcycling- und Recycling-Lösungen für die nicht wiederverwendbaren Kleidungsstücke zu erproben, allerdings befindet sich dies noch in der Ideenphase.

Welchen Rat hat Asket für andere Marken, die ein kreislauforientiertes Geschäftsmodell aufbauen wollen?

„Entwerfen Sie ein Rücknahmeprogramm, das für Ihr Unternehmen funktioniert, und verstehen Sie, was getan werden muss, damit es funktioniert. Ein Rücknahmeprogramm bringt zusätzliche Verarbeitung und Logistik mit sich, wie beispielsweise Sortieren, Reparieren, Versenden. Das kann sich anfangs überwältigend anfühlen, aber denken Sie daran, dass es viele Angebote gibt, die das nötige Fachwissen bereitstellen. Sie können mit Partner:innen zusammenzuarbeiten, die das für Sie vereinfachen können“, so Estelle Nordin, Leiterin der Abteilung Operations bei Asket.

3. Rücknahme und Wiederverkauf - der Fall von Lindex

Das ‚Nachhaltigkeitsversprechen‘ von Lindex besteht darin, Frauen zu stärken, den Planeten zu respektieren und die Menschenrechte zu wahren. Für die Marke, die bereits seit 2014 eine Form der Rücknahme und Wiederverwendung etabliert hat, ging es bei der Teilnahme am Projekt ‚Switching Gear‘ darum, ihr Engagement einen Schritt weiter zu bringen. Lindex erkannte die eindeutige ökologische Dringlichkeit von kreislauforientierten Geschäftsmodellen und bemerkte auch eine steigende Nachfrage bei ihrer Kundschaft. Darüber hinaus waren die Geschäftsmöglichkeiten und der Grundgedanke für das Unternehmen wichtig. Lindex erkannte, dass es die Vermietung oder den Wiederverkauf von Kleidungsstücken zu einem Teil ihres kommerziellen Angebots machen und finanziell rentabel gestalten mussten, wenn sie wirklich verändern wollten, wie Kleidung zukünftig gehandelt wird.

Baby- und Damenmode, die in einer Lindex-Filiale in Norwegen weiterverkauft wird. Foto: Lindex.

Der Kundenbedarf

Das Wiederverkaufs-Geschäftsmodell von Lindex bedient zwei unterschiedliche Bedürfnisse seiner Kundschaft. Die Rücknahme bietet eine umweltfreundliche Lösung für Eltern, die ungetragene Baby- oder Kinderoberbekleidung zu Hause haben, die sie loswerden möchten, um Platz im Kleiderschrank zu schaffen, es bietet ihnen außerdem eine einfache Möglichkeit, Geld zu sparen, denn sie erhalten für jedes verkaufbare Produkt eine Gutschrift. Der Wiederverkauf von gebrauchter Baby- und Kinderkleidung bietet umweltbewussten Eltern qualitativ hochwertige, funktionelle Oberbekleidung zu einem guten Preis.

Das Geschäftsmodell

Das Pilotprojekt für den Wiederverkauf wurde von Lindex mit einem geografischen Schwerpunkt auf Schweden gestartet. Das kurzfristige Ziel ist es, dass sich das Modell zumindest finanziell selbst trägt. Langfristig möchte Lindex jedoch, dass das Kreislaufgeschäftsmodell sowohl skalierbar als auch profitabel ist.

Die erwarteten positiven Auswirkungen

Der Übergang zu einem zirkulären Geschäftsmodell - dem Wiederverkauf - ist Teil der Wachstumsstrategie der Marke mit dem ultimativen Ziel, das Wachstum von den Produktionsmengen abzukoppeln, indem sichergestellt wird, dass alle Kleidungsstücke auf Langlebigkeit und Zirkularität ausgelegt sind.

Ergebnisse des Pilotprojekts und gewonnene Erkenntnisse

Ziel des im Mai 2021 gestarteten Pilotprojekts war es nicht, große Mengen an gebrauchten Produkten zu verkaufen, sondern vielmehr Erkenntnisse über die Bedürfnisse und Vorlieben der Kund:innen zu gewinnen, indem eine Reihe von Rücknahme- und Wiederverkaufslösungen auf dem Markt getestet wurden. Lindex begann mit der Rücknahme von Kinderoberbekleidung in den Läden, hat das Projekt aber inzwischen auf die Rücknahme von Kinderbekleidung auf dem Postweg ausgeweitet. Die Marke hat außerdem mit Hilfe des Wohltätigkeitspartners Fretex in zwei ihrer Geschäfte in Norwegen mit der Rücknahme von Damenbekleidung experimentiert. Digitale und Online-Tools erwiesen sich als die beliebtesten Optionen, vor allem, wenn sie extrem einfach gestaltet sind - die Kund:innen müssen nichts ausdrucken, sondern können das Paket einfach mit einem QR-Code auf ihrem Telefon registrieren und jede recycelte Verpackung von zu Hause verwenden. Was den Wiederverkauf anbelangt, so wurden mehrere Kanäle getestet - ein Wiederverkaufsangebot im Laden, ein Pop-up-Event nur für den Wiederverkauf, ein Online-Wiederverkauf - und jeder dieser Kanäle war gleichermaßen erfolgreich.

2021 sammelte Lindex etwa 1.000 Stücke und im 2022 etwa 30.000 Stücke, von denen 80 Prozent in gutem Zustand und wiederverkaufbar waren. Die verbleibenden 20 Prozent werden analysiert, und die gewonnenen Erkenntnisse werden mit den Designteams geteilt, um ihre Arbeit zu unterstützen und sicherzustellen, dass alle Lindex-Produkte auf Langlebigkeit und Kreislauffähigkeit ausgelegt sind. Gleichzeitig testen die Teams verschiedene Methoden des Upcyclings.

Die größte Herausforderung für Lindex besteht derzeit darin, von der Pilotphase zum einem größeren Maßstab überzugehen und die richtigen Systeme und Infrastrukturen für dieses neue Geschäftsmodell zu entwickeln. Im letzten Jahr wurde die Verarbeitung von Altkleidern vom Hauptsitz ins Lager verlegt und ein neues Teammitglied eingestellt, das das Backend überwacht. Die Marke hat erkannt, dass ihre bestehenden Systeme und Datenbanken nicht ausreichen, um dieses neue Geschäftsmodell zu ermöglichen. Je breiter die Rücknahmekriterien waren, desto komplexer und vielfältiger waren die Produkte, die sie zurückerhielten, und desto fortschrittlicher mussten die Sortier- und Erneuerungsprozesse sein. Im bestehenden System deckt jeder Prozess Tausende von Artikeln ab, während im neuen System jedes einzelne Stück eigene Vorgänge hat, vom Fotografieren des Artikels bis zur Registrierung und Logistik. Daher muss dieses System von Grund auf neu aufgebaut werden.

Wie geht es weiter?

Zirkuläre Geschäftsmodelle sind ein wichtiger Bestandteil der nachhaltigen Wachstumsstrategie von Lindex. Daher liegt das Hauptaugenmerk in diesem Jahr darauf, auf den Erfolgen des Pilotprojekts aufzubauen, zu investieren und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um es in großem Maßstab betreiben zu können.

Welchen Rat hat Lindex für andere Marken, die ein zirkuläres Geschäftsmodell aufbauen wollen?

„Folgen Sie der Methodik von Switching Gear: Entwickeln - Testen - Iterieren. Gehen Sie nicht davon aus, dass Sie alle Antworten kennen. Folgen Sie Daten, nicht Meinungen“, sagt Annette Tenstam, Strategy Lead Circularity & Environmental Sustainability bei Lindex.

4. Das Kreislaufwirtschaftsprogramm von ETP

ETP hat sich zum Ziel gesetzt, seine Kleidungsstücke so lange wie möglich in Gebrauch zu halten - eine Einstellung, die von seinen Geschäftskund:innen geteilt wird. Der Beitritt zum Projekt Switching Gear war ein natürlicher Schritt für das Unternehmen. Es will ein zirkuläres Geschäftsmodell entwickeln, das seinem Bestreben entspricht, die Nachhaltigkeitsbemühungen über das Recycling hinaus zu erweitern und ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell aufzubauen. Als B2B-Marke für Berufskleidung befand sich das Unternehmen in einer einzigartigen Position, da es Zugang zu einer Fülle von relevanten Erkenntnissen über seine Kundschaft hatte.

ETP Konzeptzeichnung. Bild: Circle Economy

Der Kundenbedarf

Es besteht eine große Chance, die Effizienz von Arbeitskleidung zu verbessern, da ein erheblicher Prozentsatz von Arbeitskleidung nur wenig benutzt wird, bevor die Mitarbeitenden den Arbeitsplatz oder die Größe wechseln. Wenn diese Kleidungsstücke gesammelt werden, können sie leicht von anderen Menschen getragen oder die Garne wiederverwendet werden, anstatt mehr neue Artikel und neue Garne zu produzieren. Dies könnte nicht nur zu erheblichen Einsparungen beim Fußabdruck der Branche führen - und damit zur CSR-Leistung und zum Image bei der Kundschaft beitragen -, sondern auch die Mitarbeitenden zu nachhaltigem Verhalten ermutigen.

Das Geschäftsmodell

ETP hat das zirkuläre Geschäftsmodell mit der niederländischen Bank ABN AMRO, als Pilotprojekt eingeführt. Die Rücknahme von Altkleidern erfolgt über Sammelboxen in den verschiedenen ABN AMRO-Büros. Die Mitarbeitenden werden durch verschiedene Online- und Offline-Kommunikationsmaterialien über die Vorteile der Kreislaufwirtschaft aufgeklärt.

Die erwarteten positiven Auswirkungen

Mit seinem Pilotprojekt erwartet ETP, die Gesamtproduktion neuer Garne im Laufe von vier Jahren um 20 bis 30 Prozent zu reduzieren. Als B2B-Bekleidungsmarke hat das Unternehmen den Vorteil, dass es seine Auswirkungen durch Veränderungen des Produktionsvolumens und der Energie- und CO2-Einsparungen leicht verfolgen und messen kann. Die Marke erwartet, dass die Ergebnisse im zweiten Jahr des Pilotprojekts sichtbar werden, wenn genügend Artikel zurückgegeben und wieder in Umlauf gebracht werden konnten. Für die laufende Produktion will sich die Marke weiter auf zirkuläres Design und nachhaltigere Materialien konzentrieren.

Pilot-Ergebnisse und Lehren

Seit Mai 2021 hat der erste Pilotkunde von ETP (ABN AMRO) viele seiner Bürostandorte geschlossen. Daher wurde das Pilotprojekt - in seiner ursprünglichen Formulierung - auf Eis gelegt. Während dieser Zeit sammelte die Marke jedoch alle alten Kleidungsstücke aus der vorherigen Kollektion ein. Alle diese Kleidungsstücke wurden von ETPs neuem Partner Gaia, einem Unternehmen, das auf Rückführungslogistik und Recycling von Produkten spezialisiert ist, sortiert und recycelt. Die Hälfte der daraus gewonnenen Fasern wurde zur Herstellung von recycelten Socken für ABN AMRO und Garnen für Sitzmöbel in der Automobilindustrie verwendet. Die andere Hälfte wird derzeit gelagert, um zu prüfen, ob sie zu Möbeln für den neuen Hauptsitz der Bank verarbeitet werden können.

Bislang war eine der größten Herausforderungen für ETP die mangelnde Investition seiner Kundschaft in Kreislauflösungen. Sie erwarten in der Regel, dass Kreislauflösungen bereits vorhanden sind und ihnen ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung stehen. Die Marke berichtet, dass die anstehende EPR-Verordnung bereits dazu beiträgt, diese Einstellung zu ändern. Es gibt immer mehr Anfragen zu End-of-Life-Lösungen und neue Kund:innen stellen sogar von Beginn des Projekts an ein separates Budget für diese Dienstleistungen bereit. Das ist ermutigend, und ETP fühlt sich gut aufgestellt, um diese wachsende Nachfrage zu bedienen. Seit dem Start des Pilotprojekts hat die Marke sieben neue Kund:innen gewonnen, die ihre Lösungen für Kreislaufwirtschaftsmodelle starten möchten. Ein Betrieb in dieser Größenordnung wird es ermöglichen, die Logistik hinter dem Rücknahmemodell effizienter zu gestalten.

Wie geht es weiter?

ETP wird seine Pilotpläne im Januar 2023 wieder aufnehmen und Rücknahmeboxen an alle ABN AMRO Büros verteilen. Die Boxen werden dort verbleiben, bis sie gefüllt und abholbereit sind. Danach werden sie das ETP-Kreislaufprogramm durchlaufen. ETP plant, einen produktspezifischen Ansatz zu verfolgen: Bestimmte Produkte werden für die Wiederverwendung der Garne sortiert (beispielsweise Polohemden und Jeans) und andere werden für das Recycling sortiert. Die Marke hat bereits bestätigt, dass Gaia die nächste Charge recycelbarer Produkte zu neuen Polohemden für ABN AMRO verarbeiten wird, und prüft auch recycelte Pullover aus Jeans. Gaia wird die Auswirkungen dieses ersten Pilotprojekts in Bezug auf die verarbeiteten Mengen und die eingesparten Energie-, Wasser- und CO2-Emissionen messen und verfolgen. ETP hofft, dass die Berichterstattung über diese Wirkungsindikatoren es ihnen ermöglichen wird, potenziellen neuen Kund:innen den Wert ihres Kreislaufgeschäftsmodells besser zu vermitteln.

Welchen Rat hat ETP für andere Marken, die ein Kreislaufgeschäftsmodell aufbauen wollen?

„Gehen Sie den Zahlen nach und sammeln Sie so viele Daten wie möglich - das wird Ihnen helfen, Ihre Geschichte zu erzählen und den Kund:innen Ihren Wert zu zeigen“, sagt Nancy Dingshoff, Projektmanagerin bei ETP.

ÜBER
Dieser Artikel wurde für FashionUnited von Gwen Cunningham, Textiles Programme Lead bei Circle Economy und Andreea Theodora Baniceru, Textiles Programme Intern bei Circle Economy, geschrieben.

Dieser Artikel wurde ähnlich auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ.

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