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Rechtsprechung im Kampf der Streifen - Thom Browne vs. Adidas - Urteil auf dem Prüfstand

Von FashionUnited

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Designer Thom Browne Anfang 2023 vor Gericht in den Vereinigten Staaten im Streit um die Streifen. Bild: Michael M. Santiago / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Getty Images vía AFP.

FashionUnited berichtete am 30. Januar 2024 über die Klage von Adidas gegen die „Streifenmarke“ von Thom Browne. Es war eine weitere Entscheidung im „Kampf der Streifen“, über die die Anwaltskanzlei Köster bereits schrieb.

Zwischen Thom Browne und Adidas gibt es seit langem Streit um die Streifen. In den USA kam es bereits zu Prozessen, die jedes Mal mit Thom Browne als Gewinner hervorgingen. Und nun scheint Thom Browne auch in Europa das Recht auf seiner Seite zu haben. In diesem Beitrag wirft die Anwaltskanzlei Köster einen genaueren Blick auf die Art des Verfahrens, um das es hier ging, und auf die Erwägungen, die zu einer Entscheidung zugunsten von Thom Browne geführt haben.

Widerspruch gegen die Markeneintragung

Im vorliegenden Fall zwischen Adidas und Thom Browne vor dem Europäischen Amt für geistiges Eigentum (EUIPO) ging es um die Markeneintragung von Thom Browne. Zunächst einige Hintergrundinformationen zu diesem Fall:

Markenrechte entstehen durch die Eintragung einer Marke in ein Markenregister. Ein:e Markeninhaber:in kann die Marke für jedes Land einzeln eintragen lassen, wobei die Benelux-Staaten als „ein Land“ (mit einem Markenamt) gelten. Eine Marke kann auch europaweit oder sogar weltweit („international“) eingetragen werden. Um die Markenrechte aufrechtzuerhalten, muss die Markeneintragung jedes Mal erneuert werden und die Marke muss tatsächlich für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden.

Aufgrund des Markenrechts können Markeninhaber:innen anderen verbieten, „identische oder ähnliche“ Zeichen im geschäftlichen Verkehr für „identische oder ähnliche“ Waren und Dienstleistungen zu verwenden. Markeninhaber:inne können aber auch - wenn diese andere Person das Zeichen ebenfalls als Marke eintragen lassen will - der beabsichtigten Markeneintragung widersprechen.

Um eine Marke zu registrieren, muss sie offiziell in ein Register eingetragen werden. Bevor dies jedoch geschieht, kann Widerspruch eingelegt werden. Die Widerspruchsfrist beträgt zwei Monate in den Benelux-Ländern und drei Monate im weiteren Europa. Während dieser Frist können andere Markeninhaber:innen (und im Falle europäischer Marken auch Inhaber:innen von Handelsnamen) gegen die Eintragung Einspruch erheben und so versuchen, die Eintragung der Marke ganz oder teilweise (für bestimmte Waren und Dienstleistungen) zu verhindern.

Adidas vs. Thom Browne

In diesem Fall, über den das EUIPO am 26. Januar 2024 entschied, geht es um die Marke von Thom Browne, die am 10. November 2017 angemeldet wurde und gegen die Adidas bereits am 20. Februar 2018 Widerspruch eingelegte. Adidas stützte den Widerspruch auf mehrere deutsche, europäische und internationale Bildmarkeneintragungen, die alle aus drei Streifen bestehen. Adidas wollte verhindern, dass Thom Browne seine Bildmarke (drei Streifen, bestehend aus einem roten, einem weißen und einem schwarzen Streifen) in Europa in den Klassen 18 und 25 (Waren aus (Kunst-)Leder, Kleidungsstücke, Kopfbedeckungen und Schuhwerk) eintragen ließ.

Das EUIPO prüfte zunächst die Behauptung von Adidas, dass seine Marken „erhöhte Unterscheidungskraft und Bekanntheit“ hätten und dass es seine Marken tatsächlich für die angegebenen Waren verwendet habe. Es überrascht nicht, dass diese Beweise alle von Adidas erbracht werden konnten. Die Diskussion konzentrierte sich nicht auf die Frage, ob Adidas seine Drei-Streifen-Marken benutzte und ob diese Marken eine erhebliche Bekanntheit (und Renommee) hätten, sondern betraf die Verwechslungsgefahr und die unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs der Adidas-Marken.

Gefahr der Verwechslung im Widerspruchsverfahren

Im Falle eines Widerspruchs gegen ein ähnliches Zeichen und/oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen muss eine Verwechslungsgefahr bestehen. Diese liegt vor, wenn Gefahr besteht, dass das Publikum glauben könnte, die Waren oder Dienstleistungen stammten aus demselben oder möglicherweise wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr werden a) der Grad der Ähnlichkeit zwischen den betreffenden Waren und Dienstleistungen, b) der Grad der Aufmerksamkeit des Publikums, c) der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken (älteren Marken und der angemeldeten Marke, dem so genannten „Zeichen“) und d) der Grad der Unterscheidungskraft der älteren Marken berücksichtigt. Alle diese Faktoren spielen eine Rolle und sind kommunizierende Kräfte.

Die Ähnlichkeit zwischen den Marken und dem Zeichen bezieht sich auf die visuelle, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit. Also: Sind die Marken visuell ähnlich, klingen sie gleich, wenn sie ausgesprochen werden (im Falle von Wortmarken), und haben die Marken eine begriffliche Bedeutung, die vom Publikum gleich verstanden wird?

EUIPO-Beurteilung: keine Verwechslungsgefahr

In der Rechtssache Adidas gegen Thom Browne entschied das EUIPO über diese Faktoren wie folgt:

  • Der Grad der Ähnlichkeit der Waren ist hoch. Die Waren, für die die älteren Marken eingetragen sind, und die Waren, für die das Zeichen eingetragen ist, sind identisch.
  • Das Publikum hat einen mittleren (Verbraucher:innen) bis hohen (Käufer:innen mit spezifischen Kenntnissen) Aufmerksamkeitsgrad.
  • Der Ähnlichkeitsgrad zwischen den älteren Marken und dem Zeichen ist gering. Optisch haben sie nur das Grundelement „Streifen“ gemeinsam. Die Farben und die Gestaltung der Streifen sind jedoch unterschiedlich. Da es sich um Bildmarken handelt, ist eine klangliche Beurteilung nicht möglich. Das EUIPO stellt ferner fest, dass weder die älteren Marken noch das angemeldete Zeichen eine „begriffliche Bedeutung“ haben.
  • Die älteren Marken genießen in der EU einen hohen Bekanntheitsgrad (Unterscheidungskraft) für die Waren, für die die Marken eingetragen sind.

Das EUIPO wog dann all diese Faktoren ab und kam zu folgender abschließender Beurteilung: Trotz des Aufmerksamkeitsgrads der maßgeblichen Verkehrskreise, der Identität der Waren und der hohen Kennzeichnungskraft der älteren Marken bestehe ein ausreichender Abstand zwischen den älteren Marken und dem Zeichen, und sie vermittelten einen hinreichend unterschiedlichen Gesamteindruck. Es sei daher unwahrscheinlich, dass das Publikum - wie Adidas geltend mache - die Marken von Adidas und Thom Browne verwechsle oder glaube, dass die mit den Marken von Thom Browne versehenen Waren von der Firma Adidas stammten.

Reputation im Widerspruchsverfahren

Adidas brachte einen weiteren Punkt an: Ohne dass eine Verwechslungsgefahr vorliegen müsse, könnten Inhaber:innen einer älteren Marke die Eintragung eines identischen oder ähnlichen Zeichens verhindern, wenn diese ältere Marke bekannt sei und die Benutzung des Zeichens „die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt“. Die Berufung auf diesen Punkt ist den wirklich bekannten Marken vorbehalten.

EUIPO-Bewertung: kein Vorteil oder Nachteil

Im Zusammenhang mit der Verwechslungsgefahr hatte das EUIPO bereits festgestellt, dass (i) die älteren Marken und das Zeichen eine gewisse Ähnlichkeit aufwiesen (gleicher Grundbestandteil) und (ii) die Adidas-Marken einen hohen Bekanntheitsgrad genössen. Adidas erfülle daher die Voraussetzungen für die Berufung auf seine bekannten Marken.

Aber auch hier sticht Adidas ins Auge. Das EUIPO muss nämlich auch prüfen, ob eine tatsächliche Gefahr besteht, dass das Zeichen die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutze oder beeinträchtige.

Und eine solche Gefahr bestehe nicht, so das EUIPO. Trotz der Bekanntheit der Adidas-Marken und der Ähnlichkeit der betroffenen Waren betreffen die Ähnlichkeiten zwischen den älteren Marken und dem Zeichen nur Elemente, die an sich nicht besonders unterscheidungskräftig seien. Es handele sich um recht einfache Formen (drei Streifen). Und im Allgemeinen, so das EUIPO, könne der Verwendung von Streifen für Kleidungsstücke oder Schuhe kein großes Gewicht beigemessen werden, da sie im kommerziellen Verwendung sehr üblich sei.

Die Unterschiede zwischen den älteren Marken und dem Zeichen - die Formgebung und die Farben - seien viel auffälliger und würden vom Publikum eher wahrgenommen und in Erinnerung behalten. Damit werde das Publikum die Marken leicht auseinanderhalten können (das Zeichen werde nicht sofort die Erinnerung an die älteren Marken wecken) und werde nicht so leicht eine Verbindung vermuten.

Schlussfolgerung

Adidas muss sich auch in der Europäischen Union mit der stilisierten und farbenfrohen Marke von Thom Browne abfinden.

Geschrieben von Lucia van Leeuwen, Rechtsanwältin für geistiges Eigentum und Rechtsstreitigkeiten bei Anwaltskanzlei Köster in Haarlem, Niederlande. Köster Advocaten beschäftigt sich hier regelmäßig mit aktuellen Rechtsfragen. Siehe kadv.nl.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.nl. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.

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