• Home
  • Nachrichten
  • Business
  • Premium statt Preisdruck: Bangladeschs Textil-Strategie inmitten von Handelskonflikten

Premium statt Preisdruck: Bangladeschs Textil-Strategie inmitten von Handelskonflikten

Von Weixin Zha

Wird geladen...

Scroll down to read more
Business|Hintergrund
Best of Bangladesh bietet eine Sourcing-Messe bei gediegenen Ambiente. Credits: FashionUnited

Die Bekleidungsindustrie in Bangladesch versucht, ihr Image als Billiganbieter großer Stückzahlen loszuwerden, um sich auf höherwertige Geschäftsfelder zu spezialisieren. Auf der „Best of Bangladesh“, einer Messe und Konferenz im Herzen Amsterdams, warben Textilbranche und Regierung für den Wandel des zweitgrößten Bekleidungsherstellers der Welt – einige hoffen von den gegenwärtigen Handelskonflikten zu profitieren.

Jenseits von Basics

Auf den ersten Blick sah es wie eine typische Sourcing-Messe aus: Ausstellende warteten an kleinen, durch weiße Wände abgetrennten Ständen voller Kleidungsstücke auf Einkäufer:innen. Doch auf der Ausstellungsfläche herrschte keine Hektik. Sanfte, jazzige Musik sorgte für ein Lounge-Feeling inmitten der historischen roten Backsteinmauern der ehemaligen Amsterdamer Börse.

Die Wahl des eleganten Veranstaltungsortes für das Event Anfang April und die Podiumsdiskussionen sollten einen Eindruck des Fortschritts vermitteln. Bangladesch ist bekannt für die Massenproduktion von Basics wie Strickwaren, Hemden und Denim, aber die Textilhersteller:innen sind bestrebt, einen Schritt weiter zu gehen.

Ein Paradebeispiel für diese Ambitionen ist Centro Ltd, das seinen Stand direkt am Eingang der Messe hatte. Der Bekleidungshersteller mit Sitz in der Hauptstadt Dhaka wurde 2006 gegründet und begann mit Strickwaren und später Webwaren, bevor das Angebot auf Oberbekleidung, Activewear und Schuhe ausgeweitet wurde. Das erzählte Sohel Samim, Leiter der Abteilung Design und Produktentwicklung bei Centro, in einem Interview. Die neueren Kategorien machen nach Angaben von Centro etwa zwölf Prozent des Angebots aus.

Bangladeschs Textil-Industrie will das Land von seiner besten Seite präsentieren. Credits: FashionUnited

Das Unternehmen erwirtschaftet 70 Prozent seines 220-Millionen-Dollar-Umsatzes in Europa und verkauft monatlich zehn Millionen Kleidungsstücke an Modeunternehmen wie River Island, Primark und Peek & Cloppenburg. Centro hat Beschaffungsbüros in Hongkong und im Vereinigten Königreich; es betreibt drei Fabriken mit 3.000 Beschäftigten in Bangladesch und arbeitet zusätzlich mit 50 Partnerfabriken zusammen.

In Amsterdam liegt der Schwerpunkt auf der Präsentation von neueren Produktkategorien wie Wollmäntel, Lederjacken und Sneakers. Centro betont, dass 70 Prozent der Stoffe, die es bezieht, entweder nachhaltig produziert oder recycelt sind und Zertifizierungen wie Global Organic Textile Standard oder Recycled 100 tragen.

„Unser Hauptziel ist es, unsere Stärken zu zeigen, nicht nur die von Centro, sondern die von Bangladesch“, so Samim, der Centro als eines der führenden Bekleidungsunternehmen in seinem Heimatland einstufte. „Wir repräsentieren das Beste aus Bangladesch.“

Ziel: 100 Milliarden US-Dollar

Der Bekleidungssektor ist nach wie vor ein Eckpfeiler der Wirtschaft des südostasiatischen Landes. Daten der Bangladesh's Garment Manufacturers and Exporters Association (BGMEA) zeigen, dass Exporte in Höhe von 38,5 Milliarden US-Dollar 2024 mehr als 80 Prozent der Gesamtexporte des Landes ausmachen. Der Branchenverband hatte vor einigen Jahren sogar das Ziel ausgerufen, die Ausfuhren bis 2030 auf 100 Milliarden US-Dollar mehr als zu verdoppeln.

Bangladesh blickt auf eine lange Tradition in der Herstellung von Baumwollprodukten zurück. Nun könnte die Produktion von Kleidung aus Kunstfasern wie Activewear und Oberbekleidung helfen die ehrgeizigen Export-Ziele zu erreichen, sagte der Geschäftsführer der Team Group mit Sitz in Dhaka, Abdullah Hil Rakib, während einer Podiumsdiskussion. Bekleidungsunternehmen müssten auch ihre ökologische und soziale Governance weiter verbessern und gleichzeitig Ineffizienzen angehen, zum Beispiel mithilfe datengestützter Entscheidungsfindung in der Produktion und in ihren Managementsystemen, fügte er hinzu.

„In Kapitel eins ging es um die Menge, in Kapitel zwei geht es um den wertschöpfenden Aspekt“, sagte Rakib über Möglichkeiten zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes, denn Bangladesch soll ab 24. November 2026 von den Vereinten Nationen nicht mehr als ein „am wenigsten entwickeltes Land“ eingestuft zu werden. Im Rahmen seiner derzeitigen Einstufung genießt das Land günstige Zollregelungen, wie den zoll- und quotenfreien Zugang zur Europäischen Union, der voraussichtlich nach einer dreijährigen Übergangszeit 2029 enden wird.

Handelswirren

Die Bekleidungsindustrie Bangladeschs hat in den vergangenen zehn Jahren von den steigenden Produktionskosten in China profitiert, die Modemarken veranlassten nach preisgünstigeren Alternativen zu suchen. Viele Eigentümer:innen der in Amsterdam versammelten Konfektionsunternehmen glauben, dass das Land von einer anhaltenden Auseinandersetzung zwischen China und den Vereinigten Staaten profitieren könnte.

US-Präsident Donald Trump hat den Handelskonflikt mit China verschärft, indem er die Einfuhrzölle auf Importe aus China in die Vereinigten Staaten auf 145 Prozent erhöhte, bevor er sie im Mai auf 30 Prozent senkte. Die Senkungen gelten für mindestens 90 Tage, während Verhandlungen stattfinden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern entwickeln werden, da Trump das US-amerikanische Handelsdefizit mit China verringern will.

„Es geht um Hunderte von Milliarden US-Dollar an Aufträgen, die aus China abwandern müssen“, sagte Pallak Seth, Executive Vice Chairman von PDS Limited, in einem Interview vor der Senkung der US-China-Zölle im Mai. Der an der Börse in Mumbai notierte Mischkonzern erwirtschaftet mit der weltweiten Belieferung von rund 300 Einzelhandelsunternehmen und Marken mit Bekleidung und anderen Konsumgütern einen Umsatz von mehr als 1,2 Milliarden US-Dollar.

PDS bezieht seine Waren aus den wichtigsten Bekleidungsproduktionsländern der Welt, wobei 40 Prozent des Volumens aus Bangladesch stammen. Der zweitgrößte Beschaffungsmarkt des Unternehmens ist China, aber das Geschäft dort sei hauptsächlich für Europa bestimmt, weniger für die USA, so Seth.

Ein Teil des Geschäfts aus China könnte nach Mittelamerika oder Afrika abwandern, aber das südasiatische Land mit „einer hohen Kapazität und der Fähigkeit, schnell zu expandieren, sei Bangladesch“, so Seth weiter. „Bangladesch wird ein Netto-Profiteur sein, nicht nur bei Bekleidung, sondern auch bei Haushaltswaren, Elektronik, Arzneimitteln und vielen anderen Dingen.“

PDS plant weiterhin in Bangladesch zu investieren und Seth schätzt, dass das Unternehmen in den kommenden fünf Jahren Waren im Wert von bis zu 2,5 Milliarden US-Dollar aus dem Land beziehen könnte.

Blick nach Europa

Das relativ junge Land befindet sich ebenfalls in Handelsgesprächen mit den USA, nachdem die auf 37 Prozent erhöhten Zölle während einer 90-tägigen Verhandlungsphase auf Eis gelegt wurden. Als Zeichen des Entgegenkommens hatte Interimsregierungschef Muhammed Yunus bereits versprochen, die Importe von Produkten wie Sojabohnen oder Baumwolle aus den USA nach Bangladesch zu erhöhen.

Die ersten Auswirkungen der erhöhten Zölle waren sofort im Textilsektor zu spüren. Einige bangladeschische Herstellende berichteten von Auftragsstopps, die von US-Buyern gefordert wurden. Der in Dhaka ansässige Bekleidungshersteller Knit Asia Ltd. stoppte nach der Ankündigung der zusätzlichen US-Zölle vorübergehend die Produktion im Auftrag von Einkäufer:innen, sagte Geschäftsführer Amer Salim in einem Interview.

Jetzt, nach der Aussetzung der Zölle, beeilen sich die Herstellenden, die für die USA bestimmten Aufträge innerhalb des dreimonatigen Zeitfensters abzuschließen, da der Ausgang der Verhandlungen zwischen den beiden Ländern ungewiss ist, fügte er hinzu.

Die überraschenden US-Zölle haben auch einige Bekleidungsherstellende dazu veranlasst, nach Möglichkeiten zu suchen, ihr Geschäft in Europa auszubauen. „Ich denke, dass alle Risiko reduzieren. Alle haben erkannt, dass die USA kein verlässlicher Partner sind“, sagte Seth und fügte hinzu, dass selbst in der Vergangenheit auf die USA ausgerichtete Unternehmen nun versuchen, ihren Anteil am europäischen Markt zu erhöhen.

Europa ist traditionell der größte Abnehmer von Textilexporten aus Bangladesch. Etwa die Hälfte der Bekleidung wird in die Europäische Union und 11,6 Prozent in das Vereinigte Königreich exportiert, während 18 Prozent auf die USA entfallen, wie Zahlen des Branchenverbands BGMEA zeigen.

Die meisten Webereien in Bangladesch, die Artikel wie Hemden oder Jacken produzieren, haben mehr Kundschaft aus Nordamerika, während die Hersteller:innen von Strickwaren, wie T-Shirts oder Flachstrickpullover, im Allgemeinen mehr europäische Kundschaft haben, sagte Salim. Sein Unternehmen erwirtschaftet 40 Prozent seines Umsatzes in den USA, aber wegen der Risiken auf dem US-Markt will er nun in Europa expandieren.

Politischer Umbruch

Das Schicksal der Textilindustrie Bangladeschs hängt auch von äußeren Faktoren ab, denn sie hofft, inmitten des politischen Wandels im Land ausländische Investitionen anzulocken. Nachdem die langjährige Premierministerin Sheikh Hasina im August nach Protesten aus dem Land fliehen musste, steht Nobelpreisträger Muhammad Yunus an der Spitze einer Übergangsregierung.

Gleich am Eingang wird für die Transformation von Bangladesch geworben. Credits: FashionUnited

Die Regierung nutzt nun ihr vorläufiges Mandat, um politische und wirtschaftliche Reformen voranzutreiben, bevor sie zu Wahlen aufruft, für die noch kein Termin festgelegt wurde. Die Regierung ist gefordert, die schwächelnde Wirtschaft anzukurbeln und die Infrastruktur zu verbessern, nachdem die hohe Inflation und die anhaltende Einkommensungleichheit zu Unzufriedenheit und Unruhen in der Bevölkerung geführt haben.

„Wir haben die seit Generationen einzigartige Chance, Bangladesch zum Besseren zu verändern“, beschrieb Ashik Chowdhury in Amsterdam die Ambitionen der Übergangsregierung, die in seinen Worten „aus Technokrat:innen und Geeks“ besteht. Der zum Regierungsbeamten gewordene Banker leitet seit sechs Monaten die bangladeschische Investitionsentwicklungsbehörde und die Verwaltungsbehörde für Wirtschaftszonen.

Chowdhury räumte ein, dass Bangladesch noch kein perfekter Ort sei, um Geschäfte zu machen, und dass die Regierung versuche, das Investitionsklima zu verbessern, bevor sie zu Wahlen aufrufe. „Das Ziel ist es, Bangladesch in ein globales Produktionszentrum zu verwandeln“, wie ein Mini-China, das West und Ost verbindet, fügte er hinzu.

Um diese Ziele zu erreichen, sind ausländische Investitionen von entscheidender Bedeutung. Die Regierung beabsichtige, solche Investitionen durch Initiativen wie sogenannte “grüne Kanäle” anzuziehen, die als zentrale Anlaufstelle innerhalb der Regierung konzipiert sind, um Unternehmen zu unterstützen. Ein weiteres Ziel sei die Verdreifachung der Hafenkapazität innerhalb von fünf Jahren, so Chowdhury. Vor einem Publikum, zu dem Investor:innen, niederländische Regierungsbeamt:innen und NRO-Mitarbeitende gehörten, warb er im Einklang mit der Botschaft der Veranstaltung für ein junges und dynamisches Land.

Die verarbeitende Industrie des Landes hat immer noch mit Transportengpässen und Stromausfällen zu kämpfen. Die weltweit steigenden Energiepreise haben zu einer Inflationsspirale beigetragen und die Energieversorgung in den letzten Jahren bei verlangsamtem Wirtschaftswachstum belastet.

Weiterbildung oder Jobverlust

Ausländische Investitionen werden auch im Bekleidungssektor begrüßt, um eine umfassendere Wertschöpfungskette zu schaffen. Bangladesch importiert immer noch Zutaten wie bestimmte Garne und Stoffe aus Ländern wie China. Investitionen, die Technologie und Fachwissen mit sich brächten, würden es den Bekleidungsfirmen ermöglichen, „viel bessere Produkte anzubieten“, sagte Salim in einem Interview.

Sein Unternehmen Knit Asia Ltd. arbeitet mit Marken wie Ralph Lauren und Gymshark zusammen und erwirtschaftet einen Umsatz von rund einer halben Milliarde US-Dollar. Der Familienbetrieb in vierter Generation, das derzeit 23.000 Menschen in seinen 13 Fabriken in Bangladesch beschäftigt, hat in den letzten zehn Jahren auch verstärkt in neuere Maschinen investiert.

Früher brauchte man 3.000 Mitarbeiter:innen, um 10.000 Pullover zu produzieren, von denen 2.000 die Handstrickmaschinen bedienten, so Salim. Mit der Automatisierung werden jetzt nur noch 1.100 Arbeiter:innen benötigt, um die gleiche Menge zu produzieren.

Auch wenn einige einfache manuelle Tätigkeiten erhalten bleiben, benötigen die neueren Maschinen nicht nur weniger, sondern auch höher qualifizierte Arbeitskräfte, die möglicherweise sogar eine akademische Ausbildung besitzen. Salim bietet seinen Angestellten Weiterbildungen an und wirbt an den Universitäten um Talente, um für den kommenden digitalen Wandel gerüstet zu sein.

Der bereits in Gang gekommene technologische Wandel verdeutlicht die Notwendigkeit, die mehr als 4,5 Millionen Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie des Landes weiterzubilden. Die Arbeiter:innen verlieren ihre Arbeitsplätze aufgrund von Automatisierung, aber es gibt nur wenige Initiativen, um ihnen eine Weiterbildung zu ermöglichen, sagte Kalpona Akter, Gründerin des Bangladesh Center for Worker Solidarity.

Es fehle ihnen auch an Verständnis für den industriellen Wandel, um zu erkennen, welche umweltfreundlicheren oder sektorspezifischen Arbeitsplätze sie ergreifen könnten, und sie müssten einbezogen werden, um an dem Wandel teilzuhaben, sagte sie.

Sorgfaltspflichten

„Das Alleinstellungsmerkmal von Bangladesch kann nicht darin bestehen, große Mengen zu niedrigen Preisen zu produzieren“, sagte Alexander Kohnstamm, Executive Director der Fair Wear Foundation, auf einer Podiumsdiskussion. „Die Qualifizierung der Arbeiter:innen und die Aufrüstung der Fabriken durch die Erschließung von Geschäftsfeldern mit höheren Margen, das ist es, was wirklich getan werden muss.“

Mehr als zwölf Jahre nach dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes, bei dem mindestens 1138 Menschen ums Leben kamen, sind sich NGOs wie die Fair Wear und andere aber einig, dass sich die Arbeitsbedingungen im Bekleidungssektor Bangladeschs generell verbessert haben.

NGOs, Textilbosse aus Bangladesch und ein Nachhaltigkeitsmanager von Bestseller sprechen über Upskilling und Arbeiter:innenrechte.. Credits: FashionUnited

Fast 90 Prozent aller festgestellten Sicherheitsmängel wurden behoben, aber es gibt bei den verbleibenden 10 Prozent noch viel zu tun, so Joris Oldenziel, Geschäftsführer des International Accord. Beispielsweise verfügen nur 60 Prozent aller 1.600 Fabriken, die unter den Accord fallen, über ein voll funktionsfähiges und zertifiziertes Feueralarm- und Brandschutzsystem, sagte Oldenziel während einer Podiumsdiskussion im April.

Die Organisation mit Sitz in Amsterdam ist die Nachfolgerin des Bangladesh Accords, der 2013 unmittelbar nach der Rana-Plaza-Tragödie von Bekleidungsmarken, Gewerkschaften und Herstellern gegründet wurde, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Die Themen Gesundheit und Sicherheit haben sich im Laufe der Jahre deutlich verbessert, aber nicht die Löhne, sagte Paul Roeland, ein Aktivist der Kampagne für Saubere Kleidung, in einem Interview. Die NGO unterstützt weiterhin die Forderung nach einem Mindestlohn von 23.000 Taka (188,42 US-Dollar), da die letzte Anpassung des Mindestlohns angesichts einer Inflation von 20 Prozent im letzten Jahr nicht ausreichend ist.

Die Menschen müssen immer noch Überstunden machen, manche bis zu 80 Stunden, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, fügte Roeland hinzu. Er forderte auch, dass der Dialog mit den Arbeitnehmenden bei der Festlegung des Mindestlohns einbezogen werden sollte.

Arbeitnehmer:innen sollten generell auch bessere Garantien für die Vereinigungsfreiheit erhalten, sagte der Aktivist. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Arbeitnehmer:innen sind ein weiterer Anlass zur Sorge. Sie sind anfälliger für Überschwemmungen, die ihnen den Weg zur Arbeit versperren, oder für die Auswirkungen von Hitzestress am Arbeitsplatz und zu Hause, fügte Akter hinzu.

Wer zahlt?

Das schwere Erbe von Rana Plaza und die strengere Gesetzgebung in Bezug auf Nachhaltigkeit und Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette haben Modeunternehmen dazu veranlasst, ihre Zulieferbetriebe genauer unter die Lupe zu nehmen. Häufige Compliance-Audits haben dazu beigetragen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und das Bewusstsein für nachhaltigere Produktionsmethoden zu schärfen.

Die Fabriken beklagen sich jedoch über die Zunahme sich wiederholender Audits in kurzer Zeit, die diese meist selbst komplett bezahlten und welche die personellen und finanziellen Ressourcen belasten. „Es gibt keinen Austausch von Auditergebnissen oder die Anerkennung anderer unabhängiger Programme, die innerhalb kurzer Zeit auftauchen, sodass Fabriken, die mit mehreren Einkäufern und Daten arbeiten, mehreren Audits unterzogen werden, von denen eins dem anderen ähnelt“, sagte Sohel Sadat, der Vorsitzende des Bekleidungsherstellers Shin Shin Group, während einer Diskussionsrunde. Er schätzt, dass sein Unternehmen mehr als 100.000 US-Dollar für Audits, Zertifizierungen und Rückverfolgbarkeit ausgibt.

Marken und Nichtregierungsorganisationen erkennen zwar an, dass die Überschneidungen bei den Audits verringert werden sollten, doch eine einheitliche Lösung ist noch nicht in Sicht. Angesichts strengerer künftiger nachhaltiger Gesetzgebung, insbesondere im Rahmen des Green Deal der EU, bleibt die Frage, wer die Rechnung für eine grünere Zukunft bezahlen wird.

„Hier brauchen wir finanzielle Unterstützung, politische Unterstützung und natürlich unser eigenes Engagement“, sagte Abdullah Rakib, Geschäftsführer der Team Group. Viele hoffen auch, dass die Erschließung von Geschäften mit höheren Gewinnspannen mehr Spielraum für eine bessere Bezahlung der Beschäftigten und einen verantwortungsvolleren Umgang mit der Umwelt schafft. Dafür muss Bangladeschs Bekleidungsindustrie auch ihr gegenwärtiges Image ablegen.

Die nächste Generation

„Wir stecken in einem Teufelskreis fest, in dem die Verbraucher:innen, Einzelhändler:innen und Einkäufer:innen daran gewöhnt sind, billige Produkte aus Bangladesch zu bekommen“, sagte Mustafain Munir, der Direktor von Cyclo Fibers in Dhaka. „Die Menschen sollten aufhören, diese negative Assoziation mit Produkten aus Bangladesch zu haben – dass diese mit Zwangsarbeit oder schlechten Umweltpraktiken hergestellt wurden.“

„Die Praktiken waren früher nicht gut“, räumt der Textilunternehmer in zweiter Generation ein. Aber vor allem in den vergangenen zehn Jahren seien Fortschritte bei Sicherheit, Gesundheit und Umwelt gemacht worden. Gerade sein Unternehmen ist eines, das Menschen ihr Bild von Kleidung aus Bangladesch überdenken lässt.

Bereits 2009, noch bevor Zirkularität ein Schlüsselwort in der Modebranche wurde, haben sein Vater und er die Weitsicht gehabt, ein insolventes spanisches Unternehmen aufzukaufen und dessen mechanische Recycling-Maschine nach Bangladesch zu bringen. Nach Jahren der Forschung hat Cyclo Fibers es geschafft, durch ein selbst entwickeltes Verfahren, recycelte Fasern herzustellen, die günstiger als Neufasern sind. In der Modeindustrie schafft das derzeit kaum jemand, das stimmt ihn auch optimistisch für die Zukunft der heimischen Industrie.

„Alles besser, zum gleichen Preis“, so Munir. „Es ist eine große Herausforderung, aber wir schaffen es.“

Arbeiterrechte
Bangladesch
Best of Bangladesh
Nachhaltigkeit
Sourcing