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Ökodesign-Verordnung: Wie die EU künftig brauchbare Kleidung retten will

Von DPA

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Kleiderberge verschandeln die Umwelt. Credits: AI-generiertes Bild von FashionUnited zur Visualisierung.

Die Hose passt nicht, der Pulli kratzt und auf dem Bild sah das Kleid auch irgendwie anders aus: Was uns nicht gefällt, schicken wir zurück – oder kaufen es den Händler:innen gar nicht erst ab. Entworfen, produziert, transportiert und dann unbenutzt verbrannt?

In Zeiten der Fast-Fashion und der Massenproduktion ereilt viele Kleidungsstücke dieses absurde Schicksal. Damit soll in der EU bald Schluss sein. Vor etwa einem Jahr verständigten sich Unterhändler des Europäischen Parlaments und die EU-Staaten auf eine entsprechende Regelung in der Ökodesign-Verordnung.

Demnach soll es den großen und mittelgroßen Textilhändlern bald verboten sein, unverkaufte Produkte, wie etwa Schuhe, T-Shirts oder Pullover ohne triftigen Grund zu zerstören. Aktuell passiert das laut Schätzungen der Europäischen Umweltagentur (EEA) noch jedes Jahr mit vier bis neun Prozent aller Textilprodukte. Das entspricht laut EEA zwischen 260.000 und 590.000 Tonnen Textilien.

Umweltschäden, verschwendete Ressourcen und Müllberge

Das habe direkte negative Folgen für die Umwelt und das Klima: der Energieaufwand für die Produktion, den Transport und die Lagerung. Dazu kommen demnach Aufwendungen, weil die unverkauften Produkte weitergereicht werden. Bei einer Verbrennung würden zudem Treibhausgase und Schadstoffe freigesetzt – das aber oft nicht in der EU.

Die Umweltagentur schreibt: „Ein großer Teil der unverkauften Produkte wird schließlich aus Europa exportiert. Der Großteil davon landet in Afrika und Asien.“ In Afrika gebe es Hinweise darauf, dass die Kleidung auf offenen Deponien, oder unter freiem Himmel verbrannt werde.

Bundesregierung diskutiert Strafen

Wer künftig Textilien zerstören will, soll laut EU umfangreiche Angaben machen und triftige Gründe nennen müssen. Große Textilhändler:innen haben noch etwa bis zum Sommer 2026 Zeit, sich auf die neuen Regeln und auch die damit verbundene Berichtspflichten einzustellen. Mittelgroße Unternehmen haben dagegen noch vier Jahre länger Zeit. Kleinere und Kleinstunternehmen sind vom Verbot ganz ausgenommen.

Für die Kontrolle und Sanktionierung der EU-Verordnung braucht es in Deutschland zudem noch nationale Regelungen. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums teilt mit, dass diese auch nach dem Ampel-Aus vorbereitet würden. „Die genauen Sanktionsmechanismen stehen noch nicht fest, Bußgelder werden sicherlich dazugehören“, so der Sprecher.

Unternehmen begrüßen neue Regeln

Gleich mehrere große Textilunternehmen geben auf dpa-Anfrage an, die EU-Verordnung zu befürworten. Tragbare Mode sollte niemals vernichtet werden, beteuert etwa H&M. Ähnlich äußert sich auch Zalando.

Kritik äußern die Textilhändler:innen an dem Verbot und der damit verbundenen Bürokratie kaum. In der Antwort des Otto-Konzerns heißt es lediglich, es seien erhebliche bürokratische und finanzielle Mehraufwände zu erwarten. Kik betont, dass mit Standards in allen europäischen Ländern Flickenteppiche vermieden werden sollten.

Ein Problem scheinen die strengeren Regelungen für die Unternehmen nicht darzustellen. C&A, Kik und Kaufland teilen mit, der Anteil unverkaufter Waren liege bei unter einem Prozent – teilweise im Promillebereich. Otto und H&M sind sich darüber hinaus sicher, die Anforderungen der EU bereits jetzt zu erfüllen. Zusätzliche Kosten für Kund:innen, die bestellte Kleidung zurückschicken, kündigt kein Unternehmen an.

Experte stellt Wirkung des Verbots infrage

Dass kleinere Unternehmen vom Vernichtungsverbot ausgenommen sind, stößt bei Naturschützer:innen auf Kritik. Auch der Wissenschaftler Björn Asdecker stellt aus diesem Grund infrage, ob das Verbot direkt dazu führt, dass weniger unverkaufte Produkte vernichtet werden.

Asdecker beschäftigt sich an der Universität Bamberg mit der Logistik von Rücksendungen. Bei den kleineren Unternehmen landeten oft die Produkte, die alle vorherigen Händler:innen nicht mehr zu Geld machen konnten, sagt er. Am Ende dieser Kette stünden dann Firmen, die den unverkäuflichen Teil der Produkte in die thermische Verwertung, das heißt die Verbrennung, geben.

Hoffnung auf mehr Transparenz

Dazu komme der Handel über Ländergrenzen hinweg, was die Zusammenarbeit verschiedener nationaler Behörden notwendig mache. „Das wird irgendwann schwer zu kontrollieren“, sagt Asdecker.

„Die Gefahr ist groß, dass alle weitermachen wie bisher, wenn die Umsetzung des Verbots nicht konsequent kontrolliert wird“, mahnt der Greenpeace-Aktivist Moritz Jäger-Roschko. Retouren-Forscher Asdecker sieht dennoch eine Chance in der Verordnung. Die von den Unternehmen eingeforderte Transparenz könnte dazu führen, dass der gesellschaftliche Druck auf die Unternehmen steigt.

Unternehmen zur Produktion in Europa verpflichten?

Maike Rabe von der Hochschule Niederrhein betont, die Massenproduktion mit dem Ziel die Stückpreise zu senken, sei inzwischen völlig losgelöst vom Bedarf der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Sie spricht sich für eine bedarfsgerechte Herstellung der Textilien vor Ort, also in Europa und nicht auf Verdacht in Asien, aus. „Ich würde verlangen, von allen Unternehmen, die in Europa Produkte in den Verkehr bringen möchten, dass zehn Prozent ihrer Produktion auch in Europa hergestellt wird.“ Das sei aber wohl eine Utopie, gibt Rabe zu. (dpa)

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