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Norwegische und niederländische Aufsichtsbehörden veröffentlichen Leitfaden zur Verwendung des Higg MSI

Von Simone Preuss

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Bild: Sustainable Apparel Coalition

Nach Warnungen des norwegischen und niederländischen Verbraucherschutzes NCA und ACM bezüglich irreführender Aussagen zur Nachhaltigkeit bestimmter Produkte, die sich auf den von der Sustainable Apparel Coalition (SAC) entwickelten Higg-Index stützen, haben die beiden Behörden einen Leitfaden zum Gebrauch des Higg Material Sustainability Index (MSI) entwickelt und veröffentlicht.

Die Unternehmen kamen zu dem Schluss, dass die Daten des Higg MSIs keine ausreichende Grundlage für umweltbezogene Marketingaussagen darstellen. Sie dementsprechend zu benutzen ist ihrer Meinung nach vorsätzlich und verstößt gegen das EU-Marketinggesetz. Das heißt, dass jegliche Umweltaussagen, die auf Informationen des Higg MSI basieren, „sowohl in Norwegen als auch in der restlichen EU schnell illegal sein können“, heißt es in einer Pressemitteilung vom Dienstag.

NCA und ACM Leitfaden soll Daten verdeutlichen

Im vergangenen Mai wurden Scorecards als Teil der Higg Nachhaltigkeitsprofile und des MSIs eingeführt. So sollten Verbraucher:innen die Leistung verschiedener Produkte und Marken vergleichen und auf einen Blick erkennen können, welche Produkte eine geringere Umweltauswirkung haben.

Einige Unternehmen, die den Index und die Scorecards verwenden, wurden jedoch vom NCA angemahnt, darunter die norwegische Outdoor- und Skibekleidungsmarke Norrøna Sport AS und die schwedische Modekette H&M. Letztere ist ein Mitglied der Sustainable Apparel Coalition und gab jedem Artikel auf ihrer Website eine auf den Scorecards und dem Higg MSI basierende Punktzahl, die die Umweltauswirkungen der zu seiner Herstellung verwendeten Materialien reflektieren sollte.

„H&M zeigte Daten an, die ein völlig falsches Bild von den Auswirkungen eines Kleidungsstücks auf die Umwelt vermittelten. Diese Fehler kamen zustande, weil die Website des Unternehmens negative Zeichen in den Higg-Index-Werten ignorierte. So wurde zum Beispiel ein Kleid mit einem Wasserverbrauchswert von minus 20 Prozent – das heißt es verbraucht 20 Prozent mehr Wasser als der Durchschnitt – auf der Website von H&M als Kleidungsstück mit einem um 20 Prozent geringeren Wasserverbrauch aufgeführt“, fand die globale Nachrichten-Website Quartz heraus.

H&M nutzte Higg MSI Daten falsch

H&M reagierte auf die Greenwashing-Vorwürfe, in dem das Unternehmen alle Scorecards von seiner Website entfernte, die ursprünglich Transparenz zeigen sollten, jedoch aufgrund des unsachgemäßen Umgangs mit den Informationen nach hinten los ging.

In dem am Dienstag veröffentlichten Leitfaden erklärte die NCA, dass der Higg MSI problematisch sei, da er unter anderem globale Durchschnittswerte für die Dokumentation produktspezifischer Angaben verwende. Dieser Faktor muss für Verbraucher:innen klarer sein, damit sie wissen, dass alle verwendeten Zahlen globale Nettodurchschnittswerte sind und nicht direkt mit dem Produkt in Verbindung stehen.

Nach dem in Juni geäußerten Verwürfen hatte die SAC angekündigt, den Higg-Index überarbeiten zu wollen. Die beiden Behörden haben die Koalition in ihrer jüngsten Veröffentlichung aufgefordert, ein unabhängiges Drittunternhmen zu beauftragen, die Datengrundlage und die verwendeten Methoden zu überprüfen und sicherzustellen, dass alle verwendeten Informationen im Marketing des Partnerunternehmens transparent sind.

Die Aufsichtsbehörden stellten fest, dass der Leitfaden auch Unternehmen in anderen Branchen zugute kommen könne, dass ihre Ergebnisse jedoch für den gesamten Textilsektor von besonderer Bedeutung seien.

„Viele Unternehmen in der Branche verwenden den Higg MSI oder ähnliche Instrumente, sowohl bei der Auswahl von Stoffen für die von ihnen hergestellte Kleidung als auch als Dokumentation für Umweltaussagen im Marketing. Daher sollten alle Unternehmen der Branche den Leitfaden lesen, wenn sie Umweltaussagen in ihr Marketing aufnehmen wollen“, raten sie abschließend.

Stellungnahme der Sustainable Apparel Coalition

Auf Anfrage von FashionUnited kommentierte SAC die jüngste Veröffentlichung und schlägt sich auf die Seite von NCA und ACM was die Notwendigkeit angeht, „dass die von Bekleidungs- und Schuhmarken an Verbraucher:innen weitergegebenen Umweltinformationen glaubwürdig, genau und fundiert sind“, so SAC.

Die Koalition zeigt sich „dankbar“ für die Zusammenarbeit und die produktiven Diskussionen, die sie mit NCA und ACM geführt hat, merkt jedoch an, dass sich deren Leitfaden ausschließlich auf die Verwendung des Higg MSI bei Marketingmaßnahmen und die Darstellung der Higg MSI-Daten gegenüber Verbraucher:innen bezieht.

„Der Leitfaden ist zwar auch für alle Händler:innen der Branche gedacht, die Umweltaussagen in ihr Verbrauchermarketing aufnehmen wollen, bezieht sich aber nicht auf die anderen Instrumente des Higg-Index, die von der Bekleidungs- und Schuhindustrie weiterhin intensiv genutzt werden, um positive soziale und ökologische Verbesserungen in den globalen Lieferketten zu erreichen“, erklärt SAC.

„Auf der Grundlage der Auslegung des geltenden EU-Rechts durch die Behörden stellt der Leitfaden keinen formalen Rechtsrahmen oder eine Entscheidung dar und ist weder für die Behörden noch für die Sustainable Apparel Coalition rechtlich bindend. Das bedeutet, dass die wichtige Aufgabe für uns jetzt darin besteht, diesen Leitfaden mit Rechts- und Themenexpert:innen durchzuarbeiten, um die Durchführbarkeit der Anwendung zu untersuchen und gleichzeitig sicherzustellen, dass alle daraus resultierenden Methoden und Mitteilungen mit dem allgemeinen europäischen Rahmen übereinstimmen“, fasst SAC zusammen.

„Die Rolle der Sustainable Apparel Coalition besteht darin, eine gemeinsame Basis mit allen Parteien der Bekleidungs- und Schuhindustrie zu schaffen und mit unseren Mitgliedern zusammenzuarbeiten, um deren Auswirkungen zu verringern“, heißt es weiter. „Wie bereits angekündigt, haben wir mit der Überprüfung des Higg MSI durch ein externes Unternehmen begonnen, um das Instrument weiter zu bewerten und zu entwickeln. Außerdem verdoppeln wir unsere Anstrengungen zur Sammlung kritischer Daten aus der gesamten Materialindustrie.“

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