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Neues Siegel will Plagiathandel im Netz verhindern

Von Regina Henkel

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Business|INTERVIEW

Mit dem Onlinehandel hat sich das Problem des Plagiathandels massiv verschärft. Während man als Verbraucher früher nur schwer an solche Fälscherware kam, wird sie heute weltweit über das Internet vertrieben. Noch problematischer ist es, wenn der Kunde unwissentlich gefälschte Ware im Internet kauft. Der Schaden für Marken und Verbraucher ist immens. Die Digitalisierung kann hier Abhilfe schaffen, dachte Felix Nottensteiner, Gründer und CEO von authorized.by aus München. Das neue kostenlose Siegel prüft in Echtzeit, ob Onlineshops autorisiert sind, das angezeigte Produkt zu vertreiben. Wir haben uns erklären lassen, wie das Siegel funktioniert.

Herr Nottensteiner, welche Betrugsstrategien gibt es im Internet?

Im Internet werden Plagiate und Replika-Produkte hauptsächlich über zwei Wege vertrieben. Einerseits gibt es Online-Shops bzw. Anbieter auf Plattformen wie z.B. Amazon, die die Käufer bewusst blenden und ihnen gefälschte Ware für Originalpreise unterjubeln. Andererseits gibt es vor allem in den sozialen Medien Gruppen, wo sich Menschen finden, die bewusst Plagiate zu günstigen Preisen kaufen wollen. Im ersten Fall werden Kunden und Marken gemeinsam Opfer der Betrüger, im zweiten Fall sind in erster Linie die Marken betroffen. Wenn es möglich ist für 300 Euro eine täuschend echt aussehende Rolex zu kaufen, leidet die Marke natürlich sehr darunter.

Ist das ein wachsendes Problem? Können Sie Zahlen über das Ausmaß des wirtschaftlichen Schadens nennen, der durch Plagiathandel verursacht wird?

Laut OECD-Bericht betrug der Umsatz mit Produktfälschungen im Jahr 2005 187 Milliarden Euro. 2015 waren es 432 Milliarden und für das Jahr 2022 wird mit einer Steigerung auf 931 Milliarden gerechnet. Das entspricht dem Bruttosozialprodukt der Niederlande, der siebtgrößten Volkswirtschaft der EU. Mehr als ein Fünftel des weltweiten Umsatzes, der 2015 mit Fälschungen erwirtschaftet wurde, entfällt auf die Europäische Union. Das entspricht fünf Prozent des Wertes aller EU-Importe. Die Dunkelziffer dürfte allerdings noch weit höher liegen.

Wie können Marken heute dagegen vorgehen? Welche Schwierigkeiten gibt es da?

Die Marken versuchen gemeinsam mit dem Zoll die Einfuhr von Plagiaten zu verhindern. Erst Anfang Juli ist Europol unter dem Namen "Operation Aphrodite" ein bislang einzigartiger Schlag gegen gefälschte Markenware geglückt: 1.000 Nutzerkonten wurden gesperrt und 20.000 Plagiate beschlagnahmt. Doch auch wenn der Schlag der derzeit größte seiner Art ist - erwischt wurde nicht einmal die Spitze des Eisbergs. Kontrollen können natürlich immer nur stichprobenartig erfolgen, zudem kennen die Plagiatshändler alle Schlupflöcher. Da erfolgt der Versand zum Beispiel aus China über Großbritannien und Spanien nach Deutschland. Auch muss man sich bewusst sein, dass es einfach sehr viele Bezugsquellen für gefälschte Produkte gibt.

Marktplätze wie Amazon oder Alibaba haben die Situation für die Markenhersteller noch verschärft. Wie können sich Marken und Hersteller bis dato davor schützen?

Es gibt verschiedene Initiativen seitens der Marken, auf deren Druck die Marktplätze Alibaba und Amazon sich verpflichtet haben, weiter in die Bekämpfung von Produktpiraterie zu investieren. Auch die EU-Kommission will Retailer und Logistiker verpflichten, mehr gegen Produktfälscher zu tun. Doch das reicht nicht, an der Grundproblematik ändert sich nichts. Bisher fehlt es an jeglicher Durchsetzungskraft, gegen die Betrüger im Online-Handel vorzugehen. Jede Marke muss selbst seine Vertriebskanäle kontrollieren. Das ist extrem aufwändig und bindet enorm viele Ressourcen. Einzelne Marken wie zum Beispiel Birkenstock boykottieren daher den Vertriebskanal Amazon.

Das Problem ist riesig. Wie wollen Sie es lösen?

Klar, das Thema ist wirklich von enormer, internationaler Bedeutung und kann einschüchternd wirken. Bei der Plagiatsbekämpfung muss man Schritt für Schritt vorgehen, um das große Problem in den Griff zu bekommen. Wir haben ein Siegel entwickelt, mit dem Verbraucher auf einen Blick die redlichen Shops von den Betrügern unterscheiden können. Das Siegel wird bei jedem Aufruf in Echtzeit verifiziert und ist somit fälschungssicher. Auf diese Weise wollen wir unseren Beitrag im Kampf gegen Plagiate leisten und den betrügerischen Online-Shops das Handwerk legen.

Welchen Lösungsansatz bietet authorized.by im Kampf gegen den Plagiathandel?

Aus unserer Sicht ist der vielversprechendste Weg zur Bekämpfung des Plagiatshandels im Internet die transparente Kennzeichnung der ehrlichen Händler durch die Markenhersteller. Dabei nützt es aber nichts, wenn jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht. Es ist vielmehr notwendig, dass die Auszeichnung der guten Online-Händler durch ein einheitliches Siegel erfolgt, denn nur so können die Online-Shopper auf den ersten Blick erkennen, dass sie sich in einer sicheren Umgebung befinden. Eben eine solche Lösung haben wir bei authorized.by entwickelt.

Das Siegel muss also erst einmal dem Endkunden bekannt sein. Wie wollen Sie das erreichen?

Wir setzen auf den Netzwerkeffekt. Über unsere Plattform authorized.by können sich Online-Händler und Marken gegenseitig zur Nutzung einladen. Online-Händler können also direkt über die Plattform die Autorisierung bei all ihren Portfolio-Marken anfragen. Die Marken wiederum wollen die Autorisierung für ihre gesamte Händlerschaft aussprechen, was die schnelle Verbreitung des kostenlosen Siegels stark begünstigt. Darüber hinaus akquirieren wir gezielt strategisch wichtige Retailer und Brands, die die authorized.by Lösung sehr positiv aufnehmen. So freuen wir uns, bereits eine Vielzahl international bekannter Marken an Bord unserer Plattform zu haben.

Wie funktioniert das Siegel technisch?

Bei der Entwicklung des Siegels haben wir auf drei Eigenschaften besonderen Wert gelegt: Stabilität, Sicherheit und Usability. Daher baut unsere Siegel-Technik hauptsächlich auf etablierte Verfahren. Bei jedem Seitenaufruf wird per API überprüft, welche Autorisierungen vorliegen, die dann in Echtzeit angezeigt werden. Zudem ist jedes Siegel mit einem Zertifikat verknüpft, das sich entweder auf den Shop oder das jeweilige Produkt bezieht und auf unseren SSL-verschlüsselten Servern gehostet wird. Durch die Kombination dieser Faktoren ist unsere Autorisierungslösung fälschungssicher und kann von den Kunden intuitiv verifiziert werden. Wichtig ist uns selbstverständlich auch, dass die Einbindung und Integration des Siegels auf Seiten der Shops einfach und schnell durchführbar ist. Deshalb stehen unter anderem Plugins für die führenden Shopsysteme wie zum Beispiel Magento oder Shopware zur Verfügung.

Wie unterscheidet sich das authorized.by Siegel von den bisher genutzten Autorisierungs-Symbolen, die einige Hersteller heute bereits vergeben?

Der Unterschied liegt darin, dass es eine markenübergreifend einheitliche und deshalb für Verbraucher sofort verständliche Auszeichnung autorisierter und damit vertrauenswürdiger Marken-Partner darstellt - fälschungssicher in Echtzeit überprüft. Zwar vergeben heute einige Markenhersteller eigene Auszeichnungen an autorisierte Händler, doch sind die sehr unterschiedlichen Kennzeichnungen schon wegen ihrer optischen und inhaltlichen Vielfältigkeit der breiten Masse der Kunden nicht bekannt und damit keine Hilfestellung.

Fotos: Pexels.com / Authorized.by

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