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„Mit welchen Energiekosten entsteht Mode?“ - Fashion Revolution-Bericht verdeutlicht Mangel an Transparenz

Von Simone Preuss

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“What fuels fashion?" - mit welchen Energiekosten entsteht Mode? Bild: Fashion Revolution

Einem neuen Bericht der gemeinnützigen Organisation Fashion Revolution zufolge arbeiten die größten Modemarken der Welt nicht schnell genug daran, fossile Brennstoffe zu reduzieren. Der heute veröffentlichte Bericht „What Fuels Fashion?" (WFF) fordert diese Marken auf, mindestens 2 Prozent ihres Jahresumsatzes in einen gerechten Übergang weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien zu investieren, um ihre Produktion nachhaltig zu betreiben.

„Anstatt in einen fairen Übergang weg von fossilen Brennstoffen wie Kohle hin zu erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne zu investieren, um die Lieferkette der Bekleidungsbranche auf saubere Art und Weise zu betreiben, wälzen Modemarken die Kosten auf die Fabriken ab, mit denen sie zusammenarbeiten, und belasten Arbeiter:innen und Gemeinden mit der Lösung eines Problems, das sie nicht verursacht haben“, heißt es im Bericht.

Die Ergebnisse nach Schlüsselbereichen der 250 für den „What Fuels Fashion?“-Bericht untersuchten Marken und Einzelhandelsunternehmen. Bild: Fashion Revolution

Der WFF ist eine Sonderausgabe des alljährlich veröffentlichten Fashion Transparency Index. Er analysiert und bewertet 250 der weltweit größten Modemarken und -einzelhandelsunternehmen (das heißt solche mit einem Umsatz von 400 Millionen US-Dollar oder mehr) auf der Grundlage ihrer öffentlichen Angaben zu klima- und energiebezogenen Maßnahmen in fünf Bereichen: Rechenschaftspflicht, Dekarbonisierung, Energiebeschaffung, Finanzierung der Dekarbonisierung sowie gerechter Übergang und Interessenvertretung; insgesamt 70 Datenpunkte. Der ausführliche Bericht schließt mit Empfehlungen für künftige Maßnahmen ab. Im Folgenden sind die wichtigsten Ergebnisse aufgeführt.

Klimawandel

Obwohl extreme Wetterbedingungen die Modebranche in Zukunft fast eine Million Arbeitsplätze kosten könnten, schützen die meisten großen Modemarken ihre Arbeiter:innen entlang der Lieferkette nicht - nur sieben Marken (3 Prozent) geben an, dass sie die von der Klimakrise betroffenen Arbeiter:innen finanziell unterstützen.

„Dies ist angesichts des schwachen Sozialschutzes in den Ländern, in denen Bekleidung hergestellt wird, sowie der Armutslöhne und der hohen Verschuldung dieser Arbeitnehmer:innen von entscheidender Bedeutung. Häufige Klimaereignisse wie Hitzewellen, Monsunregen und Dürren zerstören ihre Lebensgrundlagen. ... Die Modebranche muss dringend Entschädigungsmechanismen für diese Arbeiter:innen bereitstellen, nicht als Almosen, sondern als eine Frage der Gerechtigkeit“, erklärt Fashion Revolution.

Auch beim Erreichen von Klimazielen und der Reduzierung von Emissionen hinkt die Branche „erheblich“ hinterher: Der Mehrheit der Unternehmen (86 Prozent) fehlt ein öffentliches Kohleausstiegsziel, noch mehr (92 Prozent) ein öffentliches Ziel für erneuerbare Elektrizität in ihren Lieferketten und fast allen (94 Prozent) ein öffentliches Ziel für erneuerbare Energien.

Weniger als die Hälfte (43 Prozent) der befragten Marken sind über ihre Energiebeschaffung auf betrieblicher Ebene transparent, und noch weniger (10 Prozent) auf Ebene ihrer Lieferketten. Darüber hinaus legt keine große Modemarke den stündlichen Stromverbrauch in der Lieferkette offen. „Infolgedessen könnten die Behauptungen der großen Modemarken, emissionsfrei zu sein, von der Realität des Stromnetzes abgekoppelt sein und ein falsches Gefühl des Fortschritts in Bezug auf Klimaziele vermitteln“, warnt der Bericht.

Scope 1 bis 3 Emissionen. Bild: Fashion Revolution

Rechenschaftspflicht

Wenn es um Zahlen geht, ist eine das bestgehütete Geheimnis der Branche: Wie viele Kleidungsstücke Marken und Einzelhandelsunternehmen jährlich produzieren - nur 11 Prozent legen dies offen; 89 Prozent tun es nicht und entziehen sich so der Verantwortung für die Produktion übermäßiger Mengen an Kleidung und die damit verbundenen Emissionen, die in die Atmosphäre gelangen.

„Erschreckenderweise legt fast die Hälfte (45 Prozent) weder die Produktionsmenge noch den Fußabdruck der Rohstoffemissionen offen, was darauf hindeutet, dass die Branche der Ausbeutung von Ressourcen Vorrang einräumt und sich gleichzeitig der Verantwortung für die mit der Produktion verbundenen Umweltschäden entzieht. Die Modebranche will auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen“, lautet das ernüchternde Fazit von Fashion Revolution.

Dekarbonisierung

Fast ein Viertel (24 Prozent) der für den Bericht befragten Marken und Einzelhandelsunternehmen machen keine Angaben zur Dekarbonisierung - ein Zeichen dafür, dass die Klimakrise für sie keine Priorität darstellt. Wie die Überproduktion steht auch die Priorisierung kurzfristiger Profite durch die Branche im Widerspruch zur Dekarbonisierung der Lieferkette. „Eine saubere, faire und gerechte Energiewende muss von der Modebranche vorangetrieben werden, indem sie langfristige Beziehungen mit Lieferbetrieben und finanzielle Investitionen durch faire Einkaufspraktiken eingeht“, erklärt Fashion Revolution.

Die Organisation verweist auf vertikal integrierte Marken und spezialisierte Segmente wie Sportbekleidung, die dem Bericht zufolge aufgrund ihres größeren Einflusses und ihres Engagements für langfristige Verbesserungen besser abschneiden als andere. „Die Umstellung auf erneuerbare Energien in der Modebranche hängt von systemischen Veränderungen ab, die kollektives Handeln der Marken, verantwortungsvollen Einkauf und Investitionen in eine stabile Lieferbasis in den Vordergrund stellen“, fasst die Organisation zusammen.

Ein weiteres Problem ist, dass so genannte „nachhaltige“ Kleidung immer noch unter Verwendung fossiler Brennstoffe hergestellt werden kann: „Die Klimaauswirkungen der Modebranche wurden größtenteils durch die Linse der in unserer Kleidung verwendeten Materialien und nicht durch die dahinter stehenden Herstellungsprozesse untersucht“, heißt es im Bericht. „Während 58 Prozent der Marken ihre Ziele für nachhaltige Materialien offenlegen, geben nur 11 Prozent die Energiequellen ihrer Lieferkette bekannt.“

Zulieferbetriebe brauchen Finanzmittel, keine Schulden

Nur etwa die Hälfte (52 Prozent) der Marken und Einzelhandelsunternehmen geben ihre Produktionsbetriebe bekannt, und noch weniger veröffentlichen Informationen zu ihren Verarbeitungsbetrieben. Um die Kohlenstoffemissionen der Branche weltweit genau zu erfassen, ist jedoch eine vollständige Rückverfolgbarkeit der Lieferkette erforderlich.

Wenn es darum geht, ihre Lieferbetriebe bei der Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energiequellen zu unterstützen, versäumen es fast alle (94 Prozent) großen Modemarken, offenzulegen, wie viel sie in die Dekarbonisierung der Lieferkette investieren. Die 14 Marken, die dies tun (6 Prozent), leisten Beiträge zu gemeinsamen Klimafonds wie dem Fashion Climate Fund und der Future Supplier Initiative, die Lieferbetrieben Kredite für Infrastrukturen wie Solaranlagen anbieten.

Energiequellen nach Ländern. Bild: Fashion Revolution mit Daten der International Energy Agency

„Lieferbetriebe mit Krediten zu belasten, um die Klimaziele der Marken zu erfüllen, ist jedoch unfair und festigt das bestehende Machtungleichgewicht zwischen Modemarken, ihren Lieferbetrieben und den Menschen, die unsere Kleidung herstellen“, so Fashion Revolution. „Wir wissen nicht, aufgrund welcher Energiekosten Mode entsteht, weil die große Mehrheit - 95 Prozent der großen Modemarken und Einzelhandelsunternehmen - nicht offenlegt, welche Brennstoffe in ihren Lieferketten verwendet werden“, lautet das ernüchternde Fazit.

Wer punktete am höchsten und am niedrigsten?

Im Vergleich zum letzten Fashion Transparency Index (FTI) ist ein Unterschied festzustellen, wenn fossile Brennstoffe in den Mittelpunkt gestellt werden - die Durchschnittswerte sinken und keine Marke erreicht mehr als 74 Prozent im Vergleich zu den 83 Prozent des FTI. Während der Spitzenreiter OVS ins Mittelfeld gerutscht ist, konnte die Luxusmarke Gucci ihre hohe Punktzahl (74 Prozent) halten, nur übertrumpft von Puma mit 75 Prozent. Das Mittelfeld bleibt das Mittelfeld mit H&M (61 Prozent), Champion und Hanes (je 58 Prozent), Intimissimi (54 Prozent), Tezenis und Calzedonia (je 52 Prozent), Decathlon (51 Prozent), Asics und Lululemon (je 50 Prozent) sowie Hermès und Adidas (49 Prozent).

Marken mit der höchsten und niedrigsten Punktzahl. Bild: Fashion Revolution

Die gleiche Tendenz ist bei den Marken mit den niedrigsten Punktzahlen zu beobachten: Während „nur“ 18 Marken und Einzelhandelsunternehmen eine FTI-Punktzahl von „0“ erreichten, sind es im WFF-Bericht 32 Marken oder fast 13 Prozent, darunter Aeropostale, Billabong, Bosideng, DKNY, Forever 21, Koovs, Max Mara, Metersbonwe, Mexx, New Yorker, Nine West, Quicksilver, Reebok, Saks Fifth Avenue, Savage X Fenty, Splash, Tom Ford, Tory Burch, Van Heusen und Youngor.

Empfehlungen

Die Lektüre des „What Fuels Fashion?“-Berichts ist ein Muss für Marken, Einzelhändler:innen und alle, die an einem gerechten Übergang in der Modeindustrie interessiert sind. Es geht also nicht darum, mit dem Finger auf andere zu zeigen oder sich schlecht zu fühlen, weil noch viel zu tun ist, sondern vielmehr darum, gemeinsam einen Fahrplan zu erstellen, der unwegsame Bereiche miteinander verbindet und sie navigierbar macht, damit die Modebranche von einer Verursacherin zur Vorreiterin werden kann.

In dem Bericht werden vier Schlüsselbereiche genannt, die für deutliche Fortschritte bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen sorgen sollen:

  • Die Umstellung der Lieferkette von Kohle und fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien,
  • eine Reduzierung der Bekleidungsproduktion,
  • die Minimierung des Einsatzes von Luftfracht und
  • der Ausstieg aus der Verwendung synthetischer Materialien, die aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden.

Aber nicht nur Brancheninsider:innen können etwas unternehmen, sondern auch Bürger:innen und Verbraucher:innen: Fashion Revolution rät ihnen, die Behauptungen der großen Marken und Einzelhandelsunternehmen zu hinterfragen und sie zur Rechenschaft zu ziehen, und fordert sie auf, mindestens 2 Prozent ihres Jahresumsatzes in ihre Dekarbonisierungs- und Just Transition-Bemühungen zu investieren. Außerdem, mit ihren Zulieferbetrieben zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass sie ihre Dekarbonisierungsziele und -maßnahmen mitgestalten. Ebenso die politischen Entscheidungsträger:innen sowohl in den Bekleidungsherstellungs- als auch in den Importländern aufzufordern, sich für die Produktion und den Zugang zu erneuerbaren Energien einzusetzen.

Der vollständige Bericht ist auf der Fashion Revolution-Website zu finden, einschließlich einer Liste von A bis Z der Marken von Abercrombie & Fitch bis Zara, weiterführender Lektüre in einer umfangreichen Quellenangabe sowie hilfreiche Standpunkte und Illustrationen.

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