Mehr als Affen und Aktien: Die Probleme von H&M sitzen tief
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H&M hat nicht erst seit der missglückten Werbekampagne zu kämpfen. Aktienkurs im Keller, Filialschließungen angekündigt. Nach Vorlage der Jahreszahlen steigt der Druck auf Unternehmenschef Persson.
In Südafrika stürmen wütende Massen die Läden, zuhause in Schweden ist die Rede von einer «Markenkatastrophe». Die deutet sich beim Textilgiganten H&M jedoch nicht erst seit der missglückten «Coolster Affe im Dschungel»-Werbung an. Der Aktienkurs seit Monaten im Sinkflug, die Verkaufszahlen hinter den Erwartungen. Jetzt ist klar: Auch der Gewinn ist 2017 deutlich geschrumpft.
Nicht der einzige Skandal
Investoren und Kunden zweifeln also an H&M. Zwar hat das Unternehmen zu Jahresbeginn schnell reagiert und als rassistisch kritisierte Werbung mit einem dunkelhäutigen Jungen im Affenpulli zurückgezogen. Doch die Kritik ist aus der Öffentlichkeit nicht verschwunden. Immer wieder musste H&M zuletzt mit Skandalen umgehen. Zuletzt warf Greenpeace dem Modegiganten vor, massenhaft Kleidung zu verbrennen, deren Fehler man hätte ausbessern können. Das Unternehmen betonte zwar, verbrannt werde nur, was mit gefährlichen Chemikalien verunreinigt sei. Doch der Image-Schaden war da.
Das alles könnte H&M vielleicht halbwegs wegstecken, wenn nicht immer weniger Kunden in die Läden kämen. Im Geschäftsjahr 2016/17 stieg der Umsatz zwar um vier Prozent. Im Ende November abgelaufenen Schlussquartal aber ging er erstmals in der Unternehmensgeschichte zurück. Der Online-Shop kann die Probleme in den Filialen kaum abfedern. Außerdem drücken häufige Schlussverkäufe den Gewinn. 2017 kamen unter dem Strich 13 Prozent weniger raus als im Vorjahr.
H&M-Chef Karl-Johan Persson zeigt sich enttäuscht. «Wir waren nicht zufrieden mit 2016, und mit 2017 sind wir überhaupt nicht zufrieden», sagte er kürzlich schwedischen Medien. Am Mittwoch erklärte er: «Die Schwäche liegt in den Läden, wo wir die Veränderungen im Käuferverhalten am deutlichsten spüren.»
Dass die Zahlen weit hinter den Erwartungen zurückblieben, beruhe zum Teil auf großen Veränderungen in der Branche. Das werde sich auch 2018 fortsetzen. Zuvor hatte der Chef bereits zugegeben: «Doch wir haben auch eine ganze Reihe Fehler bei H&M gemacht, die die Läden betreffen und den Verkauf negativ beeinflusst haben.» Das Sortiment sei nicht optimal gewesen.
Mehr Schließungen, weniger Neueröffnungen
Das ist nicht das einzige Problem. «Stationär hat H&M die Wachstumsgrenze erreicht», sagt Joachim Stumpf, der Geschäftsführer der BBE Handelsberatung. Axel Augustin vom Handelsverband Textil stimmt ihm zu: «Sie sind ja schon überall.» Konkurrenten wie Primark, TK Maxx oder Inditex mit Marken wie Zara und Bershka dagegen könnten neue Filialen eröffnen und damit wachsen.
Solches Wachstum funktioniere auf dem deutschen Markt aber nur noch über Verdrängung, sagt Stumpf. «Jeder Cent, den Primark und Zara mehr verdienen, geht zulasten anderer Anbieter.» H&M mache sich mit seinen vielen Filialen selbst Konkurrenz, sagen die Experten. Wohl auch deshalb haben die Schweden jetzt angekündigt, 170 Filialen überwiegend in Europa zu schließen und weniger neue zu öffnen.
Zara habe von Anfang an eine andere Strategie gefahren als H&M und keine Filialen in kleinen Städten eröffnet, sagt Augustin. «Sie setzen nur noch auf die wirklich lukrativen Filialen, wo dann aber auch alles präsentiert wird. Der Rest läuft online.»
Aktie auf Talfahrt
Am Erfolg von H&M, die vergleichsweise spät ins Online-Geschäft einstiegen, zweifeln die Investoren schon länger. Die Aktie ist bereits seit Frühjahr 2015 auf Talfahrt, rutschte nach dem Pulli-Skandal weiter ab und erreichte am Mittwoch den tiefsten Stand seit Dezember 2008. Die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley verkündete zu Jahresbeginn den «Schluss einer Epoche», der zehntgrößte H&M-Aktionär Henrik Didner forderte im Finanzblatt «Dagens Industri» Perssons Rücktritt.
Doch H&M ist ein Familienbetrieb. Von einem Aufsichtsrat, an dessen Spitze sein Vater sitzt, wird Unternehmenschef Karl-Johan Persson kaum ernsten Druck bekommen. Papa Stefan stützte erst im Dezember den schnell fallenden Börsenkurs, indem er Millionen Aktien kaufte.
Öffentlich gibt der Vater seinem Sohn Rückendeckung: H&M mache sich unter den schwierigen Bedingungen im Grunde gut, sagt er in Interviews. Karl-Johan sei «voller Enthusiasmus und Kraft» und intern hoch respektiert. «Es hört sich vielleicht komisch an, wenn ich das als Vater sage», meint Stefan Persson, «aber ich weiß, dass es so ist.» (dpa)
Photo: H&M (Laden in Schweden); H&M hoodie via Twitter