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Markenbindung: Deutsche wechseln häufiger

Von Reinhold Koehler

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Die Zeiten, in denen die Deutschen mehrheitlich dem Werbemotto „Geiz ist geil“ folgten und ihre Kaufentscheidungen fast ausschließlich vom Preis abhängig machten, scheinen vorbei zu sein. Der deutsche Discount-Wahn der vergangenen Jahre scheint mittlerweile – auch bedingt durch die positive Wirtschafts- und Einkommensentwicklung – besonders hohen Ansprüchen an Qualität und Service gewichen zu sein.

Deutsche Unternehmen sollen derzeit sogar große Schwierigkeiten haben, mit den Ansprüchen ihrer zunehmend vernetzten und online-affinen Kunden Schritt halten zu können, wie eine aktuelle Verbraucherstudie des Managementberatungs-Dienstleisters Accenture zeigt. So nutzen die deutschen Verbraucher zunehmend digitale Kanäle, denken immer öfter über einen Wechsel nach und sind bereit, auch branchenfremde Anbieter zu akzeptieren. Dabei ist die Erwartungshaltung hierzulande im Vergleich zu anderen Ländern besonders hoch. Deutsche Konsumenten wünschen sich eine möglichst einfache Geschäftsabwicklung, kompetente Beratung, schnelle Problemlösungen und günstige Preise. Gleichzeitig sind sie auch schneller enttäuscht, wenn ihre Wünsche unerfüllt bleiben und weisen mit 59 Prozent mehrheitlich eine deutlich höhere Wechselbereitschaft auf als noch vor zehn Jahren.

So hat hat im letzten Jahr mehr als jeder Zweite Bundesbürger mindestens einem Anbieter den Rücken gekehrt. Am stärksten betroffen war dabei der Einzelhandel mit 16 Prozent. Wichtigste Gründe dafür waren laut der Accenture-Studie Unzufriedenheit mit dem Service sowie verlorenes Vertrauen in das Unternehmen. Gerade in der intelligenten Vernetzung zwischen physischen und digitalen Kontaktpunkten mit dem Kunden liegt ein Schlüssel für ein verbessertes Kundenerlebnis. Inzwischen sind drei der fünf meistgenutzten Informationskanäle digital und auch bei der Suche nach Angeboten nutzt eine große Mehrheit von 83 Prozent der Verbraucher mindestens einen Online-Kanal. Allerdings ist nur etwas mehr als die Hälfte davon überzeugt, dass die Anbieter digitale, mobile und soziale Plattformen sowie traditionelle Vertriebswege effektiv miteinander vernetzen.

Zuverlässigkeit schlägt Preis

„Angesichts der großen Anzahl unzufriedener Kunden könnte man meinen, die Marktteilnehmer würden sich um diese reißen. Allerdings verschlafen viele Unternehmen die Chance, die Bedürfnisse dieses neuen Verbrauchertypus, der ständig online ist, zu bedienen und bestärken durch Untätigkeit deren Wechselbereitschaft noch zusätzlich", so Sven Drinkuth, Geschäftsführer in der Strategieberatung bei Accenture und Leiter des Bereichs Vertrieb und Kundenservice. „Zwar erkennen Unternehmen die digitalen Möglichkeiten, sie scheitern jedoch regelmäßig daran, die Ursachen der Umsetzungs- und Anwendungsprobleme anzupacken. Dabei geht es nicht darum, dasselbe nur besser zu machen, sondern die langfristige Kundenbeziehung über alle Kanäle hinweg neu zu definieren."

Dabei zeichnet sich gerade der deutsche Kunde durch besonders hohe Ansprüche aus. Der Preis spielt dabei nicht mehr die Hauptrolle. Wesentliche Zufriedenheitsfaktoren wie die Einfachheit Geschäfte zu machen, die Vertrauenswürdigkeit der Unternehmen sowie Produktpalette und Produktqualität haben gegenüber dem Preis-/Leistungsaspekt aufgeholt und rangieren zwischen zwei und sechs Prozentpunkten über dem Niveau vergleichbarer Märkte. Aufgrund ihrer Erwartungshaltung sind Kunden schnell frustriert, wenn Unternehmen dieser nicht gerecht werden. Dabei hat sich die Lage in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zugespitzt. So hat sich der Frustrationsgrad bei den drei wichtigsten Ursachen "falsche Versprechungen", "unzureichender Datenschutz" und „Betreuung durch vermeintlich unqualifizierte Mitarbeiter" im Vergleich zum Vorjahr noch einmal erhöht und liegt teilweise bei weit über 80 Prozent. Zugleich wächst der Wunsch nach Multikanalität. Fehlende Möglichkeiten auf Informationen oder Produkte über den bevorzugten Vertriebsweg zuzugreifen, verzeichnen mit einem Plus von 17 auf 59 Prozent den größten Anstieg bei den Frustrationsfaktoren.

Gerade deutsche Unternehmen, vor allem aber Modeanbieter, sollten künftig noch stärker auf die Wünsche ihrer Kunden eingehen. Schließlich gaben 72 Prozent derjenigen, die einen Anbieter gewechselt haben, an, dass sie hätten gehalten werden können; bei zwei Dritteln von ihnen sogar allein durch eine sofortige Problemlösung. Der Preis als einziges Mittel zur Kundenbindung hat wohl endgültig ausgedient. Das affektivste Verkaufsargument der Zukunft ist hingegen das Vertrauen.

Foto: w.r.wagner / pixelio.de

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