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Lohndiebstahl in Lieferkette? Kambodschanischer Gewerkschaftsführer bei Adidas-Hauptversammlung

Von Heide Halama

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Business |Aktualisiert

Bild: Clean Clothes Campaign

Sithyneth Ry, der kambodschanische Vorsitzende der Arbeiter:innengewerkschaft Independent Trade Union Federation (INTUFE) wird am Donnerstag der Jahreshauptversammlung von Adidas beiwohnen. Im Namen von Arbeiter:innen einer Produktionsstätte in Kambodscha wird er sich an die Aktionär:innen der Marke wenden, um auf einen angeblichen Lohndiebstahl in der Lieferkette des Herzogenauracher Sportartikelherstellers aufmerksam zu machen, teilte die Nichtregierungsorganisation Clean Clothes Campaign am Dienstag mit.

Im Zuge der Coronavirus-Pandemie 2021 sollen die Beschäftigten des Bekleidungsbetriebs Hulu Garment – bei dem auch Adidas produzieren ließ – in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh vorübergehend nach Hause geschickt worden sein. Als sie ihre Arbeit wieder aufnehmen wollten, seien sie aufgefordert worden, vermeintliche Lohnabrechnungen zu unterschreiben. Darunter hätte sich jedoch ein Kündigungsschreiben versteckt, das zudem jeglichen Anspruch auf finanzielle Abfindungen ausschloss. Bis heute kämpfen rund 500 Betroffene um eine Entschädigung in Höhe von einer Million US-Dollar (etwa 928.000 Euro).

Arbeitslos nach Pandemie

Ry reist nun nach Deutschland, um die Adidas-Investor:innen während der Aktionärsversammlung gemeinsam mit der Clean Clothes Campaign, dem europäischen Netzwerk Shareholders for Change und dem deutschen Dachverband Kritische Aktionäre aufzufordern, das Problem des angebliche Lohndiebstahls in der Lieferkette nicht nur rückwirkend, sondern auch in der absehbaren Zukunft anzugehen. „Mitten in einer Pandemie wurden die Arbeiter:innen arbeitslos und ohne Abfindung zurückgelassen“, sagte Ry. „Sie hatten sich jahrelang mit niedrigen Löhnen durchgeschlagen und keine Rücklagen gebildet. Diese plötzliche Arbeitslosigkeit ohne Abfindung bedeutete, dass sie ihre Familien nicht mehr ernähren konnten, Kredite aufnehmen oder ihren Besitz verkaufen mussten.“

In einer Stellungnahme gegenüber FashionUnited weist Adidas die Vorwürfe des Lohndiebstahls entschieden zurück. Die Zusammenarbeit zwischen Hulu Garment und einem Adidas-Lizenznehmer sei von vornherein befristet gewesen und wie vertraglich vereinbart im August 2020 ausgelaufen. Im Zuge dessen seien alle Aufträge abgewickelt und vollständig bezahlt worden. Auch ein unabhängiges Schiedsgericht sowie die Fair Labour Association hätten kein Fehlverhalten festgestellt. „Auch während der Pandemie hat Adidas faire Arbeitsbedingungen und Löhne sowie ein sicheres Arbeitsumfeld bei seinen Zulieferer:innen gewährleistet“, so der Adidas-Sprecher.

Aufforderung zur Arbeitsvereinbarung ‘Pay Your Workers’

Dennoch soll der Sportartikler nun aufgefordert werden, die Vereinbarung ‘Pay Your Workers – Respect Labour Rights’ zu unterzeichnen. Sie wurde von Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen weltweit entwickelt und stellt sicher, dass Beschäftigte bei Fabrikschließungen im Zuge der Klimakrise, die Überschwemmungen oder Hitzewellen mit sich bringen kann, nicht mittellos dastehen. Hierfür würde ein Abfindungsgarantiefonds durch Markenhersteller:innen und Gewerkschaften eingerichtet werden. „Adidas stellt die Aktionär:innen um jeden Preis in den Vordergrund, auch wenn er kein Geld hat, um sie zu entlohnen“, sagte Mauro Meggiolaro, Koordinator von Shareholders for Change. „Während das dringend benötigte Geld für faire Löhne und Abfindungen an die Arbeitnehmer:innen offenbar immer fehlt.“

Die Aktionärsversammlung ist nicht das erste Mal, dass die Vorwürfe zu Tage kommen. Bereits s im Januar vergangenen Jahres machten Aktivist:innen auf angebliche Missstände bei Adidas aufmerksam. Für eine Modenschau des Sportartiklers hatte das New Yorker Aktionsbündnis ‘The Yes Men’ unter der Domain adidas-group.com.de Einladungen verschickt, die die Einführung einer Bekleidungslinie zu Ehren geschundener Arbeiter:innen ankündigten. Hintergrund der Aktion war der Vorwurf, dass sich Adidas nicht um die Rechte der Beschäftigten in den Zulieferbetrieben kümmere. Im November folgte der zweite Streich, für den sich das Künstler:innenkollektiv auf einer Tech-Konferenz als Vertreter:innen von Adidas ausgaben und erklärten, dass die Beschäftigten des Unternehmens künftig in einer virtuellen Währung, dem ‘adiCoin’, bezahlt würden. Auch damals wies Adidas jegliche Vorwürfe von sich.

Dieser Beitrag wurde am 14. Mai 2024 um 12.55 Uhr mit einer Stellungnahme von Adidas aktualisiert.

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