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Künstliche Intelligenz in der Lieferkette - wie Planung und Transparenz logistische Krisen meistert

Von Simone Preuss

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Business |Interview

Blue Yonder

Die Logistik spielt eine wichtige Rolle in allen Branchen und die Modeindustrie ist da keine Ausnahme. Eine gut gesteuerte Logistik, die auf Digitalisierung und vorausschauendes Handeln setzt, kann Krisen meistern - beste Beispiele sind das jüngst im Suezkanal steckengebliebene Containerschiff, das für weltweite Auswirkungen sorgte, oder die derzeitige Pandemie, die sich für viele zum logistischen Albtraum entwickelt. FashionUnited sprach mit Andreas Nierlich, Sales Director Retail EMEA DACH bei Blue Yonder, einer weltweit führenden Lieferketten-Plattform, über die derzeitige Situation und wie gute Logistik helfen kann.  

Herr Nierlich, Stichwort Krisen und Lieferkette - wie kann eine gute Logistik dabei helfen, Krisen zu meistern und die Lieferkette effizienter zu machen?

Eine gute Logistik fängt mit Transparenz und Planung an. Transparenz darüber, wo sich aktuell welche Ware befindet; hierbei hilft die Digitalisierung der Lieferkette enorm. Bei der Planung muss man wissen, dass die Zukunft nicht deterministisch und insofern nicht zu 100 Prozent planbar ist, aber Machine Learning kann die Wahrscheinlichkeit für zukünftige Ereignisse vorhersagen. Durch Covid sind zudem sehr kurzfristige Veränderungen in der Planung notwendig geworden und da hilft die Digitalisierung, schneller und flexibler auf solche Veränderungen zu reagieren. Sie hilft auch, die Zukunft besser einzuschätzen und agiler zu werden. 

Unternehmen, die auf KI-basierte Lösungen für ihre Lieferkette setzen, federn Auswirkungen solcher Größenordnung besser ab als diejenigen, die sich modernen Technologien noch immer verschließen. Datenbasiert schnell Entscheidungen treffen zu können und bei Vorfällen wie diesem alternative Bezugsquellen automatisiert zu nutzen, hält den Geschäftsbetrieb am Laufen.

Die Wahrscheinlichkeit von Störungen in Lieferketten lässt sich mit künstlicher Intelligenz besser einschätzen. Auch wenn keine Künstliche Intelligenz der Welt eine Pandemie vorhersagen kann, ist Technologie dennoch ein essenzieller Bestandteil der Lösung. Sie kann minutenschnell datenbasiert entscheiden und Warenströme umlenken, damit Lieferketten nicht vollständig stillstehen.

Andreas Nierlich / Blue Yonder

Unternehmen wie Galeria Karstadt Kaufhof und Orsay, die zu den Kunden von Blue Yonder gehören, setzten schon sehr früh auf KI. Sind es derzeit nur die großen Unternehmen, die hier umrüsten und investieren?

Nicht nur. Unternehmen wie Best Secret, Bonprix oder Takko gehören ebenfalls zu unseren Kunden, aber auch solche außerhalb von Deutschland und nicht nur die großen. Ein kleiner Schuhhändler aus Polen kam jüngst auf uns zu, um durch KI und eine effizientere Planung seine Wachstumsstrategie zu fördern. Wichtig ist, dass drei Kräfte zusammenwirken: das Bewusstsein, etwas tun zu müssen, ein Fokus auf die Themen, in denen KI sinnvoll eingesetzt werden kannund die Bereitstellung dafür notwendiger finanzieller Mittel.  

Wo fängt ein Unternehmen idealerweise an, das verstärkt auf KI setzen und seine Logistik digitaler gestalten möchte?

Am Anfang sollte die Bestandsaufnahme stehen: Wo liefert KI den schnellsten Nutzen? Oft macht es Sinn, am Ende der Kette anzufangen, mit den Abschriften. Da kann man sehr schnell und ohne zu große Veränderungen im Prozess Mehrwert generieren, und damit auch andere Dinge finanzieren. Das ist dann auch oft das beste Argument für einen Veränderungsprozess. Aber es gibt keine generischen Empfehlungen; jedes Unternehmen, jede Situation und jede Branche ist anders.  

Stichwort Argumente: Was spricht am meisten für eine Investition in die Lieferkette?

Auf jeden Fall strategische Aspekte: Man gewinnt mehr Agilität, es gibt eine größere Automatisierung und dadurch auch mehr Profit. Auf einen Euro Investition kommen in der Regel zehn Euro Profit. Typischerweise geht das sehr schnell und die Investition rechnet sich innerhalb von sechs bis zwölf Monaten. 

Das sollte doch eigentlich ein überzeugendes Argument sein?

Planung und Logistik etwa sind stark verwoben, in der Modebranche gestalten sich diese beiden Bereiche als besonders schwierig, insbesondere durch lange Vorlaufzeiten bedingt durch die Produktion in Fernost. Dazu gibt es viele Faktoren, die den Verlauf einer Saison beeinflussen und natürlich kann man nicht jeden Trend vorhersagen. Es bleibt auch weiterhin dabei: die Planung und die Auswahl der Strategie ist die Stärke des Menschen. Digitalisierung und KI helfen, die Vielzahl an richtigen Entscheidungen zu treffen, um die Strategie umzusetzen. Etwa wie man die Ware auf die Filialen verteilt. In der Bedarfsermittlung und der Preissetzung ist KI ist am weitesten vorangeschritten und kann bestimmen: Wann muss ich abschreiben/reduzieren, damit ich meine Ware bis Saisonende optimal abverkaufen kann? Das geht auch in das Thema Nachhaltigkeit hinein. 

Sind potenzielle Kunden besorgt über ihre Datensicherheit, sollten sie sich für mehr Digitalisierung in ihrer Lieferkette entscheiden?

Heutzutage gibt es nur noch wenige Unternehmen, die eine ‘No-Cloud’-Strategie haben. Zudem werden häufig noch keine personenbezogenen Daten verarbeitet. Perspektivisch könnte man auf Kundenebene heruntergehen, aber da ist der Handel noch weit von entfernt. Auf jeden Fall ist eine gute Datensicherheit garantiert. Heutige Cloud-Lösungen wie etwa von Amazon, Google oder Microsoft können sogar größere Sicherheit gewähren als lokale Lösungen, gerade bei Hacker-Angriffen. Diese Unternehmen investieren Milliarden in ihre Public Cloud Infrastructure. In Europa ist das Thema Datensicherheit sehr zentral. 

Zum Schluß gibt es noch Neuigkeiten auf Unternehmensseite - können Sie uns mehr über den Erwerb von Blue Yonder durch Panasonic erzählen?

Bereits im Juli 2020 erwarb Panasonic 20 Prozent Anteile von Blue Yonder, jetzt werden die restlichen 80 Prozent hinzukommen (für knapp 6 Milliarden US-Dollar), vorbehaltlich der üblichen Prüfungen. Für Panasonic ist der Kauf ein lang ersehnter Schritt in den Markt für Software, der profitabler ist als der für Hardware. Auf jeden Fall wird ein Softwareanbieter von einem traditionellen Hardware/IoT-Anbieter übernommen, was auf eine größere Verzahnung in der Zukunft hindeutet. Die Verzahnung hilft uns bei der Realisierung unserer Mission einer autonomem Supply Chain, die Kunden in die Lage versetzt, ihre Lieferketten mit der kombinierten Leistung von Künstlicher Intelligenz, Machine Learning sowie IoT- und Edge-Geräten zu optimieren und damit Prozesse in Echtzeit zu steuern. 

Fallbeispiel

Bekleidungshändler Bonprix konnte in nur zwei Wochen in Deutschland eine völlig neue Preisstrategie ausrollen, die der unterbrochenen Lieferkette des Unternehmens und dem veränderten Verbraucherverhalten entgegenkam. Der Hamburger Händler benutzt Blue Yonders Angebot zur Preisgestaltung als rein marktgesteuertes Tool bereits seit 2014. Angesichts der Pandemie musste das Unternehmen jedoch mehr Faktoren wie individuelle Lagerbestände und Nachfrage einbeziehen. 

Statt hohe Rabatte zu gewähren und Produkte mit hoher Nachfrage auf Kosten langsamer drehender Produkte zu schnell zu verkaufen, setzte Bonprix auf Blue Yonders vollautomatische Lifecycle-Preisstrategie, die Vorräte und Nachfrage ebenso einbezieht wie große Datenmengen und stetig wechselnde Bedingungen, so dass sich Bonprix-Mitarbeiter anderen dringenden Aufgaben widmen konnten.

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