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Kriselndes Dessous-Label: «Victoria's Secret» wird zum Ladenhüter

Von DPA

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«Victoria's Secret» zählte lange zu den Superstars der Modewelt. Die US-Marke trumpfte mit Top-Models wie Claudia Schiffer, Heidi Klum und Naomi Campbell auf, die teuren Dessous waren Verkaufsschlager. Nun scheinen die goldenen Zeiten vorbei - was sind die Gründe dafür?

Sinkende Verkaufszahlen, Aktie im Sturzflug und Image-Probleme: Die einst schillernde US-Modemarke «Victoria's Secret» hat sich beim Mutterkonzern L Brands vom Aushängeschild zum Problemfall entwickelt. Das Reizwäsche-Label, das bei seinen pompösen Modenschauen stets die internationale Elite der Top-Models über den Laufsteg schickt, trifft den Nerv vieler Kundinnen nicht mehr. Steht sich das Unternehmen mit seiner «Sex Sells»-Vermarktung, die auf makellose, leichtbekleidete Frauenkörper setzt, in Zeiten reger «Body Shaming»-Debatten und der «#MeToo»-Bewegung selbst im Weg?

Die Zahlen sehen zumindest nicht gut aus. Obwohl die US-Wirtschaft floriert und die Konsumausgaben boomen, ging der Absatz bei «Victoria's Secret» im zweiten Quartal weiter zurück. Erschwerend hinzu kam, dass nun auch noch die für jüngere Käuferinnen gedachte und bislang eigentlich als Hoffnungsträger geltende Zweitmarke «Pink» schwache Ergebnisse lieferte. Die Konzernmutter L Brands reagierte mit einer Gewinnwarnung, was die Aktie am Donnerstag um elf Prozent fallen ließ. Auf Jahressicht hat sich der Kurs gar schon halbiert.

«Victoria's Secret» kämpft schon länger mit verschärfter Konkurrenz und dem «Athleisure»-Trend zu schlichterer, bequemer und sportlicher Bekleidung. Doch womöglich gehen die aufreizenden und teuren Dessous mittlerweile nicht nur an der Mode, sondern auch am Zeitgeist vorbei. In der Glamour-Welt der Models, für die der Vertrag als «Victoria's Secret»-Engel einen Karrierehöhepunkt markiert, mag das Label weiter das Maß aller Dinge sein. Doch der gesellschaftliche Blick auf Schönheitsideale und die Industrie dahinter hat sich gewandelt.

Laut einer Umfrage der Marktforschungsfirma YouGov hat «Victoria's Secret» bei Frauen im Alter zwischen 18 und 49 Jahren kräftig an Ansehen eingebüßt. Der «Buzz Score», der anzeigen soll, wie angesagt eine Marke ist, fiel in den letzten zwei Jahren von 31 auf 23 Punkte. Das Label habe sich im «MeToo»-Moment verfangen, das sei bei der «Victoria's Secrets Fashion Show» deutlich geworden, meint Paul Hiebert von YouGov. Die jüngste Modenschau habe kurz nach den Missbrauchsvorwürfen gegen Hollywood-Produzent Harvey Weinstein stattgefunden - die Einschaltquoten seien um 30 Prozent eingebrochen.

Robert Passikoff, Gründer und Chef der Analysefirma BrandKeys, widerspricht der Theorie jedoch. «Ich glaube, es wäre falsch, einen Zusammenhang mit der #MeToo-Bewegung herzustellen», sagte er dem US-Wirtschaftsblatt «Forbes». Tatsächlich sei «Victoria's Secret» schon seit ein paar Jahren auf dem absteigenden Ast, zudem gebe es durchaus Konkurrenten, die sich in der gleichen Marktnische gut behaupteten. Das Problem seien eher die Produkte und allgemeinere Branchentrends wie das Abwandern der Kundschaft ins Internet.

Die Sexismus-Kritik und Vorwürfe der Verherrlichung eines ungesunden Schönheitsideals gibt es schon wesentlich länger als «MeToo». 2014 etwa brachte sich «Victoria's Secret» mit einer Marketing-Kampagne in die Bredouille, die unter dem Titel «The Perfect Body» (der perfekte Körper) großgewachsene Unterwäsche-Models zeigte, deren Taillen vielen Menschen unnatürlich dünn vorkamen. Eine Petition, die dem Label unverantwortliches Marketing und schädlichen Einfluss auf junge Frauen vorwarf, erhielt 33 000 Unterschriften.

Fest steht: Die Geschäfte laufen schlecht. Selbst mit Rabatten und verlängerten Sonderverkaufsaktionen konnten die Verkäufe im Sommer nicht ordentlich angekurbelt werden, die Lagerbestände wachsen schneller als der Absatz. Die Produktqualität könnte ebenfalls ein Problem sein - laut YouGov-Umfrage ist die Kundenzufriedenheit seit 2016 von 42 auf 30 Punkte gesunken. In einer Konferenzschalte kündigte das Management am Donnerstag an, dieses Jahr 20 Filialen in Nordamerika zu schließen. Fragen zur Marketing-Botschaft begegnete L-Brands-Chef Martin Waters ausweichend. Er sagte lediglich: «Mit der Marke sind wir nicht exakt da, wo ich denke, dass wir sein müssten.» (DPA)

Headerbild: Jewel Samad / AFP

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