Kampf gegen „Fast Fashion“: Frankreich steht kurz vor Gesetz gegen Shein
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Rund ein Jahr nach der Nationalversammlung steht das französische Pendant zum Bundesrat kurz vor der Verabschiedung eines Gesetzes zur Eindämmung der sogenannten „Ultra Fast Fashion“. Ziel der Initiative ist es, den rasant wachsenden Markt für extrem kurzlebige Billigmode – wie sie etwa vom chinesischen Online-Giganten Shein angeboten wird – zu regulieren.
Der Entwurf der Abgeordneten Anne-Cécile Violland (Horizons) soll am heutigen Dienstag ab 14:30 Uhr in der zweiten Kammer zur Abstimmung gestellt werden. Es wird mit einer breiten Zustimmung gerechnet – ein klares Zeichen für die parteiübergreifende Unterstützung und Rückendeckung durch die Regierung.
Angesichts der "Invasion" der sogenannten "Ultra Fast Fashion", auch als "Ultra Express Mode" bezeichnet, lobte Umweltministerin Agnès Pannier-Runacher den Entwurf als „so ambitioniert, wie man es erwarten konnte“. Sie kündigte zudem an, das Gesetz der Europäischen Kommission zur Prüfung vorzulegen, um die juristische Absicherung auf europäischer Ebene zu gewährleisten.
Maßnahmenpaket gegen Fast Fashion
Die Gesetzesinitiative sieht ein ganzes Bündel an Maßnahmen vor, um der wachsenden Verbreitung dieser Mode Einhalt zu gebieten: Strafzahlungen für besonders umweltschädliche Unternehmen, Werbeverbote, Verpflichtungen für Online-Plattformen sowie Sanktionen für Influencer:innen, die entsprechende Produkte bewerben.
"Anti-Shein-Gesetz"?
Insbesondere Shein steht im Fokus der Kritik. Die chinesische Plattform bietet extrem preisgünstige Textilien an, die in kürzesten Abständen erneuert werden. Vorwürfe betreffen nicht nur die hohe Umweltbelastung, sondern auch prekäre Arbeitsbedingungen in der Produktion. Mit durchschnittlich 7.220 neuen Artikeln pro Tag (laut einer AFP-Analyse vom 22. Mai bis 5. Juni) übertrifft Shein die etablierten Marken bei Weitem – H&M zum Vergleich bringt täglich rund 290 neue Artikel im Damenbereich und 50 im Herrenbereich auf den Markt.
Ziel der Gesetzesinitiative ist es daher ausdrücklich, Plattformen wie Shein zu regulieren – nicht jedoch traditionelle Marken mit stationärer Präsenz in Frankreich wie H&M, Zara oder Kiabi. Diese Abgrenzung wurde jedoch vereinzelt, insbesondere von linken Abgeordneten, kritisiert.
„Ich möchte keinen einzigen Euro von Unternehmen fordern, die mit Filialen in Frankreich zur wirtschaftlichen Belebung unserer Regionen beitragen“, betonte die Berichterstatterin des Senats, Sylvie Valente Le Hir (Les Républicains).
Shein selbst reagierte mit scharfer Kritik: „Am Ende stehen wir einem Gesetz gegenüber, das sich gezielt gegen Shein und unsere Kund:innen richtet. Sollte es verabschiedet werden, würde es direkt deren Geldbeutel treffen und ihre Kaufkraft erheblich einschränken“, erklärte Quentin Ruffat, Sprecher von Shein in Frankreich.
Pflichten und Abgaben für Ultra Fast Fashion
Dass Shein von sämtlichen Artikeln des Gesetzes betroffen sein wird, gilt als sicher. Die Plattform erfüllt alle Kriterien der gesetzlichen Definition der "Ultra Express Mode", die vom Senat eingeführt wurde. Unternehmen dieser Kategorie müssen künftig ihre Kund:innen gezielt über die Umweltauswirkungen ihrer Produkte aufklären.
Ebenso unumstritten ist, dass Shein unter die erweiterten „Öko-Abgaben“ fällt, die ein Bonus-Malus-System beinhalten. Ab 2030 ist mit Strafzahlungen von mindestens zehn Euro pro Artikel zu rechnen. Ein zentrales Element des Gesetzes ist zudem das vollständige Werbeverbot für Ultra Fast Fashion. Auch Influencer:innen, die solche Produkte bewerben, sollen gezielt sanktioniert werden. Allerdings bestehen verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit dieser Regelung.
Abgabe auf Kleinsendungen
Eine weitere, bislang wenig erwartete Maßnahme betrifft eine neue Abgabe auf Kleinsendungen aus Nicht-EU-Ländern – zwei bis vier Euro pro Paket. Damit soll der Geltungsbereich über Shein hinaus erweitert werden, etwa auf den chinesischen Online-Händler Temu.
Ob diese Regelung in der finalen Gesetzesfassung erhalten bleibt, ist jedoch offen. Es könnte sein, dass dieses Thema in den Zuständigkeitsbereich der EU überführt wird – entsprechende Verhandlungen laufen derzeit auf europäischer Ebene.
Nach der Abstimmung im Senat wird voraussichtlich im Herbst ein gemeinsamer Ausschuss aus Mitgliedern beider Kammern einberufen. Ziel ist es, sich auf eine endgültige Fassung des Gesetzes zur Regulierung der Fast Fashion zu einigen.