Ist Vivarte jetzt gerettet?
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Die französische Mode-Gruppe Vivarte (André, La Halle, Kookai, Caroll, San Marina, Chevignon, Naf Naf, Besson) erlebt derzeit eine ziemliche Krise, die bereits seit Anfang dieses Jahrzehnts andauert. In Reaktion auf diese Krise macht Patrick Puy, der Präsident der Gruppe, keine Umwege: Er verkauft stückweise. Eine Strategie, die den Wünschen der meisten Aktionäre entspricht, die in der Mehrzahl aus Investitionsfonds bestehen.
Die Gruppe hat sich zu einem umfassenden Programm von Veräußerungen und Restrukturierungen verpflichtet. André wird an Spartoo verkauft (das Geschäft wird im Juni abgeschlossen) und Naf Naf geht an die chinesische Unternehmensgruppe La Chapelle Fashion Co, die mehrere Marken für Damenmode unter ihrem Dach vereint (dieser Verkauf müsste Mitte April abgeschlossen sein). Diese wesentlichen Veräußerungen ermöglichten es der Gruppe, zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder steigende Ergebnisse zu verzeichnen. Trotzdem weist die Gruppe weiterhin Verluste auf: 2017 waren es 305 Millionen; 2016 beliefen sich die Verluste allerdings noch auf 672 Millionen.
Um seine Aufgabe erfolgreich zu Ende zu führen, wird Patrick Puy weiterhin an seiner Methode festhalten, die darin besteht, das Markenportfolio der Gruppe in Bewegung zu bringen. Die Verkäufe gehen nicht reibungslos vor sich. Beispielsweise musste Monsieur Puy nach dem Ausscheiden des Generaldirektors Pascal Poulain die Leitung der Marke André persönlich in die Hand nehmen. Poulain hatte das Unternehmen Anfang März „aus persönlichen Gründen“ ziemlich überstürzt verlassen. „Es gibt niemanden mehr, der André lenkt“, äußerte sich kürzlich ein Vertreter der Gewerkschaft. Die Angestellten bringen in regelmäßigen Abständen ihre Besorgnis zum Ausdruck, während CFDT, CGT und FO, die gesamtgewerkschaftlichen Vertreter von André, Vivarte vorwerfen, für die schwierige Situation, in der sich André befindet, verantwortlich zu sein.
Patrick Puy erklärt, dass die Gruppe Vivarte jetzt gerettet sei. Er versichert, dass 2018 das Nettoergebnis eindeutig positiv ausfallen wird und 2019 eine niedrige Restschuld zu tragen sei. Gleichzeitig kündigt er für 2018 einen Investitionsplan in Höhe von 80 Millionen Euro an. Das bedeutet allerdings nicht, dass keine Opfer mehr zu bringen sind. Sämtliche Marken der Gruppe sind derzeit in den roten Zahlen. Allem Anschein nach müssen alle Opfer bringen: die Gläubiger, die dank einer im Juni 2016 geschlossenen Restrukturierungsvereinbarung zugestimmt haben, auf Forderungen in Höhe von 864 Millionen Euro zu verzichten; die Angestellten, die eine unvermeidliche Serie von Gerüchten um die Schließung ihrer Läden ertragen müssen. Tatsächlich plant Vivarte die Schließung von etwa 140 französischen Filialen der Kette.
Bereits jetzt dürfen die Kassenkräfte keine automatischen Preisnachlässe mehr geben. Weitere, eher unerwartete Opfer sind die Kunden. Diese Erkenntnis lässt sich zumindest aus der sonderbaren Geschichte gewinnen, die von Le Monde veröffentlicht wurde. Die Geschichte verbreitete sich am gerade vergangenen Osterwochenende mit Hochgeschwindigkeit im Internet. Mitte März verschickte der kaufmännische Leiter von La Hall tatsächlich ein E-Mail an seine Mitarbeiter und forderte sie auf, den Inhabern von Kundenkarten an der Kasse die in den Geschäften üblichen Preisnachlässe nicht mehr zu gewähren. Normalerweise erhalten Kunden mit der Kundenkarte beim fünften Gang zur Kasse einen automatischen Preisnachlass von 20 Prozent.
Eine Anordnung, die im absoluten Widerspruch mit dem Ziel steht, das den Angestellten kürzlich von den Managern der Kette vorgegeben wurde: Kundenbindung durch Vertrauensbildung. Ein in Zahlen gefasstes Ziel: Noch vor zwei Jahren war das erklärte Ziel, 75 Prozent der Inhaber von Kundenkarten dazu zu bringen, tatsächlich zur Kasse zu gehen.
Die neue, eher verwegene Anweisung wurde also umgesetzt: Das automatische Erinnerungsmail wurde abgeschafft. Die Kassenkräfte dürfen gegenüber den Kunden nicht mehr erwähnen, ob sie Anspruch auf einen Preisnachlass haben oder nicht. Und wenn die Kunden etwas bemerken? Für diesen Fall gab die Geschäftsleitung die Anweisung, sich zu entschuldigen und den Kunden den zustehenden Preisnachlass einzuräumen, auch noch nach einigen Tagen, vorausgesetzt, sie haben den Kassenbon aufgehoben.
In weniger als drei Jahren reduzierte La Halle seinen Bestand an Ladenlokalen erheblich. Dies schlug sich wiederum 2015 in der Abschaffung von 1.250 und im Jahr 2017 von weiteren 700 Arbeitsplätzen nieder. Heute zählt La Halle in Frankreich 371 Ladengeschäfte La Halle „Mode und Accessoires“ sowie 500 La Halle „Schuhe und Lederwaren“ mit insgesamt 8000 Angestellten. Vergangenes Jahr hatte Vivarte angedeutet, La Halle auf ein eher familienorientiertes, umfassenderes Angebot zu niedrigen Preisen umzupositionieren. Es ging darum, eine Differenzierung zu H&M und Primark zu schaffen und den „Zickzack-Strategien“ ein Ende zu setzen und damit den Kunden eine klare Positionierung zu zeigen. Die Episode des vergangenen Wochenendes könnte dann ebenfalls das Verdienst der Klarheit für sich beanspruchen.
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht.
Foto: Vivarte