Inno: Wie die belgische Tochter von Galeria die Wende schafft
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In Belgien verkündet Galeria bei der Kaufhauskette Inno die Wende, an der der Warenhauskonzern auch in Deutschland arbeitet. Inno-Geschäftsführer Armin Devender erklärt in einem Interview mit FashionUnited seine Strategie hinter dem Turnaround und wie er damit auch langfristig die Umsätze steigern will.
Die belgische Galeria-Tochter Inno feiert in diesem Jahr ihren 125. Geburtstag, aber mit den Jahren verlor das Warenhaus mit 16 Filialen in Belgien seinen Glanz. An die glorreichen Zeiten konnte auch der deutsche Warenhauskonzern Kaufhof nach der Übernahme 2001 nicht anknüpfen, das Geschäft verlief über die Jahre wechselhaft.
Vor zwei Jahren trat der jetzige Geschäftsführer Armin Devender mit einer neuen Strategie für Inno an, die nun die ersten Früchte zeigt. Das Kaufhaus mit 1.880 Mitarbeitenden setzt nun auf eine Premiumstrategie mit weniger Rabatten. Statt Galeria Inno heißt das Kaufhaus nur noch Inno – der Name unter dem es in Belgien bekannt ist – das Logo wurde ebenfalls aufgefrischt. Bis Ende dieses Jahres werden alle Filialen neue Fassaden haben, bis 2026 sollen alle 16 Warenhäuser modernisiert werden.
Das Kaufhaus von Inno in Lüttich wurde bereits renoviert und repräsentiert das neue Image, das der Warenhauskonzern gerne propagieren möchte. Ein geeigneter Ort für Devender, einen Einblick in die Zukunft von Inno zu geben.
Wie läuft das Geschäft derzeit?
Wir wachsen beim Umsatz aktuell mit 25 Prozent gegenüber Vorjahr und lagen im letzten Quartal auf Vor-Corona-Niveau, was schon eine recht positive Entwicklung ist.
Natürlich haben wir aber auch die Hitzewelle im Juli und August in Belgien gemerkt, bei Temperaturen um die 40 Grad waren die letzten Wochen herausfordernd und geprägt von Kaufzurückhaltung. Wir konnten unsere Marge aber steigern und daher hatte die Hitzewelle keine Auswirkungen auf unsere Ebitda-Prognose für dieses Geschäftsjahr.
Warum läuft es nun besser für Inno?
Inno ist in Belgien eine legendäre Marke. Einen Diamanten würde ich Inno nennen, der aber in die Jahre gekommen, “verstaubt“ war. Als ich 2019 in Belgien startete, hatten wir zunächst mit unserem Team die Strategie komplett überarbeitet. Niemand wusste mehr so recht, wofür Inno eigentlich steht. Die Mitarbeitenden nicht und die Kundschaft auch nicht. Das haben wir geändert.
Was haben Sie konkret verändert?
Noch während der coronabedingten Schließungen hatten wir 21 strategische Projekte ins Leben gerufen und konsequent umgesetzt. Wichtig war, dass wir nie aufgehört haben, entsprechend zu investieren und diese nie gekürzt haben.
Dazu zählen nicht nur Veränderungen im Sortiment, ein neues Loyalty-Program und eine Modernisierung und ein Rebranding der Filialen, das bis 2026 abgeschlossen sein soll, sondern auch ein Kulturwandel mit mehr Eigenverantwortung jedes Einzelnen und sehr viel flacheren Hierarchien und vor allem auch der neue Online-Shop.
Generell sehe ich auch, dass der Corona-Effekt in Belgien schwächer als beispielsweise in Deutschland ist. In Belgien sind wir deutlich schneller zur Normalität zurückgekehrt.
Im April haben Sie noch die Hälfte der Mitarbeitenden angesichts von Pandemiefolgen und des Ukrainekrieges in Kurzarbeit geschickt. Wie passt das ins Bild des Turnarounds, das Inno jetzt zeichnet?
Wir haben uns zu Beginn des Geschäftsjahres, als andernorts in Europa noch strenger Lockdown war, entschlossen, die Mitarbeitenden zu 100 Prozent wieder zu beschäftigen.
Im März haben wir dann temporär einen signifikanten Einbruch in den Verkäufen erlebt und innerhalb der Belegschaft angekündigt, dass wir vielleicht für drei Monate Kurzarbeit einführen müssen. Aber es war nicht notwendig, weil das Ostergeschäft so stark war.
Natürlich, hätten wir eine Glaskugel gehabt, hätten wir die drei Wochen Kurzarbeit, die es am Ende waren, nicht gebraucht. Aber es war nicht abzusehen, dass Ostern so gut wird und wir mussten vorsichtig sein, um das Wiederanlaufen des Geschäfts nicht zu behindern.
Nach einem Minus während der Pandemie erwarten Sie, im Geschäftsjahr bis Ende September mit einem Ebitda von 10 Millionen Euro wieder im Plus zu liegen. Wie sieht es jetzt unter dem Strich aus?
Natürlich erwarten wir aufgrund der Ebitda-Steigerung auch netto ein positives Ergebnis. Die genaue Zahl können wir noch nicht kommunizieren, weil der Jahresabschluss noch erstellt und geprüft werden muss. Was wir jetzt schon sagen können, ist, dass uns innerhalb von nur 24 Monaten ein Turnaround gelungen ist, welcher Inno von einem verlustreichen Unternehmen wieder zu einem nachhaltig profitablen Händler gemacht hat.
Inno erwartet im kommenden Geschäftsjahr, dass der Umsatz auf 314 Millionen Euro steigen wird, das liegt aber noch unter dem Niveau von 2019. Wo sehen Sie das langfristige Niveau der Erlöse?
Zunächst einmal: Wir sehen erhebliche Zuwächse in den nächsten fünf Jahren. Wir sehen aktuell aber auch, dass wir nicht mehr die volle Rückkehr zum lokalen, stationären Umsatz erreichen werden. Nächstes Jahr erwarten wir 314 Millionen, im Folgejahr sehen wir eine Verschiebung Richtung digital und dass diese uns wieder zu 326 Millionen hinführen wird, ein Umsatz-Niveau, welches wir vor Corona erzielt haben. In den Jahren darauf sehe ich ein Wachstum bis zu 350 Millionen.
Das zusätzliche Wachstum soll also vor allem aus dem Onlinegeschäft kommen.
Der Umsatzanteil online liegt momentan bei einem Prozent. Wir stecken online noch in den Kinderschuhen, auch wenn wir unseren Online-Shop in Rekordzeit fertig gestellt haben. Wir werden damit dieses Jahr fast 100 Prozent mehr Umsatz machen, als die beiden Onlineshops zuvor. Jetzt führen wir das Online-Geschäft komplett aus Belgien und das muss auch so sein! Nächstes Jahr gehen wir von einem Wachstum von 90 Prozent aus, und dann von einer jährlichen Verdopplung bis 2026.
Inno hat zum dritten Mal einen Onlineshop eröffnet. Die zwei vorigen wurden wieder geschlossen. Was stimmt Sie diesmal zuversichtlich?
Ich glaube, dass das Betriebsmodell, das wir jetzt gewählt haben, das Richtige ist. Das Marktplatzmodell passt perfekt zu unserem stationären Modell. Wie stationär bieten wir die Plattform, aber uns gehört nicht die Ware. Der Marktplatz ist das Modell, das am besten zu Inno passt. Und wie gesagt, führen wir den Shop komplett aus Belgien und wir kennen diesen Markt.
Wie überzeugen Sie Brands davon, über einen relativ unbekannten Marktplatz zu verkaufen?
Es ist ein Vorteil, dass wir das Geschäftsmodell stationär haben und verknüpfen können. Inno gibt es seit 1897 und jeder in Belgien kennt uns. Die Bekanntheit ist nicht unsere Herausforderung. Es werden dieses Geschäftsjahr auch circa 4 Millionen Besucher unseren Marktplatz besuchen. Das ist bei 11 Millionen Einwohnern ein guter Start. Unser Ansatz ist: Wer mit uns zusammenarbeitet, ist online und stationär tätig. Wir haben noch nicht alle davon überzeugt, es fehlen noch ein paar Große. Aber wir haben jetzt über 800 Marken online und über 100.000 Artikel.
Und wen sehen Sie online als Konkurrenten?
Es ist Zalando, About You und natürlich die Kollegen von De Bijenkorf und der französische Amazon – noch ist Amazon nicht in Belgien.
Wer sind die Kund:innen, die jetzt im Onlineshop einkaufen?
Aktuell ist es noch unsere bestehende Kundschaft, mit einem Altersdurchschnitt zwischen 35 und 43 Jahren. Wir haben schon jüngere Kund:innen da, aber wir müssen uns in dem jetzigen Sortiment noch deutlich verbessern, um eine jüngere Zielgruppe stärker anzusprechen. Daran arbeiten wir.
Außer dem Omnichannel-Gedanken gehört auch der Vorstoß ins Premiumsegment zur Strategie von Inno. Wollen Sie kein Kaufhaus für alle mehr sein?
Wir bleiben mit unserer höheren Positionierung in der Mitte der Gesellschaft. Die Kund:innen akzeptieren höhere Preise, wenn das Sortiment, die Beratung und die Aufenthaltsqualität stimmen. Und sie akzeptieren in diesen Bereichen Abstriche, wenn der Preis niedrig ist. Wir haben unsere Positionierung so geändert, dass wir mehr bieten und deshalb auch höherwertig verkaufen können.
Wie hoch sind die Anteile von Premium und Mainstream im Sortiment?
Der Premiumbereich hat 41 Prozent Umsatzanteil, aber 59 Prozent kommt noch aus dem Mainstream. Das wird sich im Lauf der Jahre umkehren, wir werden nicht ein Mainstream-Premium-Warenhaus sein, sondern ein Premium-Warenhaus mit Luxus-Anspruch in der Parfümerie und den notwendigen Mainstream-Sortimenten, wo immer die Kundschaft diese wünscht.
Und wie sieht das in den einzelnen Segmenten wie Mode aus?
Der Anteil von Damen- und Herrenmode an Innos Sortiment liegt bei je 23 und 22 Prozent. Davon fallen inzwischen 38 beziehungsweise 36 Prozent der Marken auf den Premiumbereich. Wir werden Premiummarken weiter ausbauen, aber immer auch einen starken Mainstream-Bereich behalten. Im Parfümbereich und bei der Wäsche liegt der Anteil der Premiummarken sogar bei 76 beziehungsweise 63 Prozent.
Hier spielt das Warenhaus seine besonderen Stärken aus, denn es ist zutiefst demokratisch. Zu uns kann jeder ohne Scheu kommen und sich umsehen. Im Parfümbereich werden wir beispielsweise Dior auf höchstem Service- und Sortimentsniveau führen. Aber es ist etwas ganz anderes, ob die Menschen hier bei uns in der Parfümerie stöbern oder eben in den Filialen einer Luxusmarke selbst.
In welchen Bereichen wollen Sie noch Richtung Premium wachsen?
Definitiv in Menswear. Wir brauchen eine bessere Durchdringung mit Top-Premium-Marken wie Tommy Hilfiger, Boss, Polo Ralph Lauren durch das gesamte Store-Portfolio.
Welche Marken haben Sie jüngst neu aufgenommen?
Dior und Boss bauen wir deutlich in den Sortimenten aus, darüber hinaus sind Marc O’ Polo, River Woods, Sandwich, Sunglass Hut und viele weitere neu.
Den Großteil dieser Waren kaufen Sie nicht mehr selbst ein, warum setzen Sie so stark auf Konzession?
Wir konzentrieren uns auf die lokale Ausrichtung. Das bedeutet, dass unsere Kernexpertise in den Kenntnissen der lokalen Kunden und deren Bedürfnissen besteht. Diese Erfahrung geben wir an unsere Markenpartner weiter. Wir sind aber auch überzeugt, dass die Marken selbst die höchste Kompetenz in der Bildung ihres Sortimentes haben.
Werden Sie den Konzessionsanteil weiter erhöhen?
Ganz klar ja. Wir haben einen Wholesale-Anteil von 27 Prozent und 73 Prozent sind Concession und Consignment, einmal mit Personal und einmal ohne. Und wir wollen das Concession-Modell Richtung mindestens 85 Prozent steigern.
Haben Sie auch dementsprechend die Anzahl Ihrer Buyer reduziert?
Ja, wir waren fünf, jetzt sind wir vier. Wir denken, dass es eine gute Anzahl ist, um das zu steuern. Mit einem Modell, das immer stärker zur Concession neigt, ändert sich auch das Aufgabenspektrum, es ist nicht mehr der klassische Einkäufer.
Arbeiten Sie beim Einkauf auch mit Galeria zusammen?
Galeria ist unser Eigentümer, aber wir sind in allen Bereichen autark – im Einkauf, in der Technik, jetzt auch mit dem neuen ERP-System. Als Inno 2001 übernommen wurde, ging viel Einkauf über Deutschland. Aber da musste man schnell merken, dass eine Eigenmarke aus Deutschland nicht unbedingt in Belgien funktioniert.
Und Eigenmarken sind jetzt komplett raus?
Eigenmarken haben wir noch ein Prozent. Wir haben es noch bei Kaschmir und einen kleinen Bereich bei Womenswear mit Axiome. Die hohen Produktivitäten, die eine Premiummarke wie Polo Ralph Lauren und Boss erzielt, können wir mit einer selbst entwickelten Marke im Markt Belgien nicht erzielen. Außer man geht auf Schwerpunkt-Artikel wie Kaschmir, die man auf einer Fläche im Winter verkauft.
Macht der Modebereich noch mehr als die Hälfte Ihres Umsatzes aus?
Genau, es ist im Schwerpunkt Fashion, Beauty plus X. Wir investieren auch stärker in den Bereich Haushalt, wie hier in Liége, weil das Sortimente sind, die gewachsen sind. Der Anteil steigt, ist aber im Moment noch bei fünf Prozent.
Wo wollen Sie Ihr Sortiment noch ausbauen?
Wir suchen auch aktuell nach Partnern, um unsere Sortimente zu ergänzen. Wir haben keine Technik oder Sport, das sind interessante Sortimente, die wir aber nicht selbst betreiben wollen.