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Indien: Schuhbranche gerät ins Visier von Aktivisten

Von Reinhold Koehler

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Die Produktionsbedingungen in der globalen Textilindustrie stehen schon seit langem in der Kritik. Ausbeutung von Menschen und Ressourcen, unfaire Handelsbedingungen und Umweltverschmutzungen im großen Stil werden den Modeunternehmen angelastet und beeinflussen immer öfter auch die Kaufentscheidungen der Verbraucher.

Allerdings konzentrierte sich die Kritik bislang fast ausschließlich auf die Bekleidungsbranche, während die Schuhindustrie fast unbemerkt nach altem Muster weiter produzieren konnte. Doch damit soll nun Schluss sein, zumindest wenn es nach den Aktivisten von Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen geht. Im Fokus der Kritik stehen vor allem die Produktionsbedingungen in Indien, wo ein Großteil der Schuhanbieter seine Waren herstellen lässt.

„Die Gebiete um die indischen Gerbereien in Uttar Pradesh und Tamil Nadu sind verseucht, die Qualität des Grundwassers ist schlecht und die Felder der Landbevölkerung kaum noch zu bewirtschaften“, heißt es in einer aktuellen Studie, die von den Organisationen Inkota, Südwind, Global 2000, Cividep und SLD durchgeführt worden ist. Darin werden die in Indien produzierenden Unternehmen aufgefordert, „Profite nicht weiterhin auf Kosten der ArbeiterInnen zu erzielen und internationale Umwelt- und Sozialstandards zu achten“.

Umfangreiche Boden- und Wasserproben hätten gezeigt, dass die Böden in den betroffenen Regionen stark mit der giftigen Chemikalie Chrom VI belastet seien, so das Organisations-Netzwerk. Es habe sich gezeigt, dass Chromgerbung das am meisten genutzte Gerbverfahren in den untersuchten Gebieten ist. Dabei würden beträchtliche Wassermengen verbraucht und weitere Chemikalien eingesetzt. Die Entsorgung der großen Mengen an Abwässern und Feststoffabfällen rntspreche zudem häufig nicht den gesetzlichen Anforderungen, und das Trinkwasser sei kontaminiert. „Hochgiftige Gerberei-Abwässer wurden tagtäglich mit anderen Abwässern vermischt und für die Bewässerung der Felder eingesetzt", so Pradeepan Ravi von CIVIDEP, einer der Autoren der Studie. Abfälle wie Lederreste würden am Straßenrand entsorgt und im Freien verbrannt.

Branchenweites Engagement gefordert

Interviews in den Gerbereien sollen zudem belegen, dass die Arbeiter in Uttar Pradesh und Tamil Nadu unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen Leder herstellen. „Die Beschäftigten sind hohen Temperaturen und großem Lärm ausgesetzt und stehen den ganzen Tag in Flüssigkeiten", so Inkota-Referent Berndt Hinzmann. „Sie berichten von Muskel- und Gelenkschmerzen, Hautkrankheiten, Atemwegsproblemen und Augenreizungen bis hin zum Verlust von Gliedmaßen bei Unfällen." Zurückzuführen sei dies auf fehlende Schutzausrüstung, was nicht hinnehmbar sei. Für Organisationen wie Inkota steht daher fest: "Die eklatante Diskrepanz zwischen geltendem Recht und der Praxis muss sich ändern.“

Nun fordern die Aktivisten „ein branchenweites Engagement aller", um das Problem zu lösen. Nur wenn sich Vertreterinnen und Vertreter aller Anspruchsgruppen - einschließlich der EU, internationaler Schuhmarken, indischer Behörden, Schuhfabriken und Gerbereien - aktiv einsetzten, könnten die Arbeits- und Umweltbedingungen wirksam verbessert werden, heißt es. Auf jeden Fall müsse sichergestellt werden, dass die Profite der Schuh- und Lederindustrie nicht auf Kosten jener gehen, die ganz am Anfang der Lieferkette stehen.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, haben insgesamt 18 Organisationen die Initiative „Change Your Shoes“ gegründet. Aufgabe des Netzwerks sei es, Konsumenten für einen nachhaltigen Lebensstil zu sensibilisieren, Lobbyarbeit bei Politikern und Labelorganisationen zu leisten und Unternehmen dazu zu drängen, ihre Sorgfaltspflichten wahrzunehmen.

Eine Reaktion seitens der Schuhhersteller steht derzeit noch aus.

Foto: Rene Baldinger / pixelio.de

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