H&M, C&A und Adidas/Reebok führen Fashion Transparency Index 2020 an
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Rechtzeitig zum 50. Tag der Erde und vor dem Hintergrund der aktuellen Coronavirus-Pandemie hat die gemeinnützige Organisation Fashion Revolution die fünfte Ausgabe ihres Fashion Transparency Index veröffentlicht. Dieser listet die 250 größten Modemarken und Einzelhändler der Welt danach auf, wie viel sie über ihre Sozial- und Umweltpolitik, sowie ihre Praktiken und Auswirkungen auf die Umwelt offenlegen. In diesem Jahr schafften es H&M, C&A und Adidas/Reebok mit 73, 70 bzw. 69 Prozent von 250 möglichen Punkten unter die ersten drei Plätze, gefolgt von Esprit mit 64 Prozent und Marks & Spencer und Patagonia mit jeweils 60 Prozent.
Während Adidas und Reebok (zusammen mit Patagonia) bereits im vergangenen Jahr mit 64 Prozent den ersten Platz belegten, schaffte es H&M 2019 zusammen mit Esprit mit 61 Prozent auf den vierten Platz. Patagonia verlor 4 Prozentpunkte und belegt in diesem Jahr den sechsten Platz, während Marks & Spencer im Vergleich zum Vorjahr 4 Prozentpunkte zulegen konnte beziehungsweise Esprit 2 Prozentpunkte. Dieses Jahr neu dabei: 50 Marken aus Australien, Neuseeland, Indien, Norwegen, Polen, Südafrika und der Schweiz. Auch mehrere Online-Händler kamen hinzu, darunter Fashion Nova aus den USA, Koovs aus Indien und Pretty Little Thing aus Großbritannien.
Was bedeutet das Ergebnis der Top Ten?
Dem Index zufolge bedeutet eine Bewertung zwischen 71 und 80 Prozent - die in diesem Jahr nur von H&M erreicht wurde - dass diese Marken alle Informationen in Bezug auf Beschäftigungs- und Lieferantenpolitik, Lieferantenbewertung und Sanierungsmaßnahmen offen legen. Sie veröffentlichen auch detaillierte Lieferantenlisten für Hersteller, Verarbeitungsbetriebe und Lieferanten von Rohmaterialien wie Baumwolle, Wolle oder Viskose sowie detaillierte Informationen zu ihren Due-Diligence-Praktiken und -Ergebnissen, Lieferantenbeurteilungen und Sanierungsergebnissen. Sie geben auch vergleichsweise umfassendere und detailliertere Informationen als alle anderen Marken zu Schwerpunktthemen wie Zwangsarbeit, existenzsichernde Löhne, Gleichstellung der Geschlechter, Verwendung nachhaltiger Materialien, Zirkularität, gefährliche Chemikalien, Kohlenstoff- und Wasser-Fussabdruck und mehr bekannt.
Im Vergleich dazu haben Marken mit Ergebnissen zwischen 61 und 70 Prozent (Platz 2-4: C&A, Adidas/Reebok & Esprit) noch nicht alle ihre Rohstofflieferanten offengelegt, sprechen aber Schwerpunktthemen an sowie Produktions- und Abfallvolumen, Fortschritte bei den Strategien zur Reduzierung und der Verwendung von neuen Kunststoffen, Fortschritte bei der Nutzung nachhaltiger Materialien und detailliertere Daten zum Kohlenstoff- und Wasserverbrauch.
Der Rest der Top Ten (Platz 5-10) fallen in den Bereich der Marken mit Ergebnissen zwischen 51 und 60 Prozent, wobei Marks & Spencer und Patagonia den fünften Platz belegen, The North Face, Timberland, Vans und Wrangler zusammen den siebten Platz (mit jeweils 59 Prozent), Puma den achten mit 57 Prozent, Asos den neunten mit 55 Prozent und Converse, Jordan und Nike den zehnten Platz mit jeweils 55 Prozent.
Dies bedeutet, dass diese Marken die meisten ihrer Menschenrechts- und Umweltpolitiken, Verfahren, sozialen und ökologischen Ziele und Informationen über ihre Führungs- und Due-Diligence-Prozesse offenlegen. In Bezug auf Lieferantenbewertungen veröffentlichen sie einige detaillierte Informationen, aber nicht alle. Sie sprechen auch einige der Schwerpunktthemen an, aber nicht alle. Andere Marken in diesem Prozentbereich sind Benetton, Calvin Klein, Tommy Hilfiger und Van Heusen mit jeweils 54 Prozent.
Transparenz lässt noch viel zu wünschen übrig
Ein Blick auf die Top-Ten-Marken und Einzelhändler und darunter liegende Plätze offenbart zwei Dinge: Zum einen, dass es schwierig ist, die höchsten Prozentbereiche von 81 bis 90 und 91 bis 100 Prozent zu erreichen, und zum anderen, dass Unternehmen in Sachen Transparenz immer noch nicht so gut abschneiden: Selbst das beste Unternehmen erreichte 2020 nur 73 Prozent oder 182 von 250 möglichen Punkten.
Während die zehn Unternehmen an der Spitze sicherlich stolz darauf sein können, die transparentesten unter den 250 größten Modemarken und Einzelhändlern der Welt zu sein, sollten sie nicht vergessen, dass die beiden höchsten Prozentbereiche noch gar nicht in Angriff genommen wurden. Unternehmen im Bereich von 81 bis 90 und 91 bis 100 Prozent Transparenz würden detaillierte Lieferantenlisten für mindestens 95 Prozent aller Lieferanten von der Herstellung bis zu den Rohstoffen zur Verfügung stellen. Sie würden auch die sozialen und ökologischen Auswirkungen ihres Geschäftsmodell und umfangreiche Daten zur Verwendung nachhaltiger Materialien offen legen.
Zudem würden sie auch nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten über die Positionen innerhalb ihrer eigenen Betriebe und in der Lieferkette sowie detaillierte Informationen über Einkaufspraktiken, den Ansatz und die Fortschritte bei der Bekämpfung der modernen Sklaverei und der existenzsichernden Löhne in ihren Lieferketten bereitstellen. Sie würden auch ihre Kohlenstoffemissionen, die Nutzung erneuerbarer Energien und ihren Wasser-Fußabdruck offen legen. Zu hoch gesteckte oder durchaus erreichbare Ziele? Auf jeden Fall wird der Weg dorthin lang sein und es viel zu tun geben.
Wie schneiden Luxusmarken im Fashion Transparency Index 2020 ab?
Das italienische Luxuslabel Gucci erreichte mit 48 Prozent die höchste Transparenz unter den bewerteten Luxusmarken, gegenüber 40 Prozent im Jahr 2019. Das Unternehmen ist auch die einzige Marke, die im Bereich “Politik und Engagement” 100 Prozent erreichte, so der Index. Die anderen Marken der Kering-Gruppe liegen knapp hinter Gucci, mit Balenciaga und Saint Laurent mit 47 Prozent und Bottega Veneta mit 46 Prozent.
“Ermenegildo Zegna ist die erste Luxusmarke, die eine detaillierte Lieferantenliste veröffentlicht hat. Hermes hat jedoch seit einigen Jahren viele seiner eigenen und beauftragten Hersteller und Lieferanten offengelegt. Inzwischen haben auch Balenciaga, Bottega Veneta, Gucci und Saint Laurent in diesem Jahr eine Liste einer Handvoll von Rohstofflieferanten veröffentlicht. Wir hoffen, dass weitere Luxusmarken ihrem Beispiel folgen werden”, heißt es im Index.
Was sagt der Spitzenreiter?
Wie zu erwarten ist der schwedische Fast-Fashion-Riese H&M über den ersten Platz sehr erfreut: "Es ist eine große Ehre, die Nummer eins im Fashion Transparency Index 2020 zu sein, und eine große Anerkennung für unsere Arbeit. Wir sind stets bestrebt, bei unseren Fortschritten auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Zukunft der Mode sowie bei den vor uns liegenden Herausforderungen so transparent wie möglich zu sein, um den Wandel in der Branche weiter voranzutreiben. Wir verpflichten uns, weiterhin Schritte für mehr Transparenz zu unternehmen, damit unsere Kunden informierte Entscheidungen treffen können und durch unsere umfassende Arbeit einen positiven Einfluss auf die Branche ausüben können, um ein faires und gleichberechtigtes Unternehmen zu sein", kommentierte Hanna Hallin, globale Strategiechefin für Transparenz bei der H&M Group, in einer am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung.
Auch wenn es sicherlich eine Errungenschaft ist, in nur einem Jahr von 153 auf 182 Prozentpunkte gestiegen und um einen ganzen Prozentbereich von 61 auf 73 Prozent gesprungen zu sein, so muss doch das Vorantreiben von Veränderungen in der Branche ein Hauptziel jedes Unternehmens sein, das in Sachen Transparenz und Nachhaltigkeit vorankommen will, wie Hanna Hallin richtig feststellte.
Mehr als die Hälfte der Marken und Einzelhändler immer noch unter 20 Prozent
“Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Marken erreichen 20 Prozent oder weniger. Allerdings gibt es in diesem Jahr im Vergleich zu 2019 weniger Marken mit niedriger Punktzahl. 28 Prozent der Marken erreichen 10 Prozent oder weniger, verglichen mit 36 Prozent der Marken im letzten Jahr. Von den [50] neuen Marken, die in den Index aufgenommen wurden, erreichen 15 5 Prozent oder weniger, darunter Canada Goose, Fashion Nova, Pepe Jeans und DKNY", stellte der Index fest.
Daher gibt es viel zu tun, denn der Gesamtdurchschnittswert der 250 untersuchten Marken ist seit 2019 um nur zwei Prozentpunkte gestiegen (seit 2017 um drei Prozentpunkte) und liegt immer noch bei nur 23 Prozent. Für den Durchschnittswert in den einzelnen Abschnitten bedeutet dies, dass er bei einigen von ihnen deutlich höher liegt, zum Beispiel bei 52 Prozent für Politik und Engagement, 29 Prozent bei der Unternehmensführung, aber bei anderen wie Know, Show & Fix (17 Prozent), Rückverfolgbarkeit (16 Prozent) und Schwerpunktthemen (15 Prozent) deutlich niedriger.
Nicht zu vergessen, dass es auch eine traurige Top Ten der Unternehmen gibt, die nicht einmal einen Punkt auf dem Fashion Transparency Index erreicht haben. Null Punkte erzielten in diesem Jahr Bally, Belle, Elie Tahari, Heilan Home, Jessica Simpson, Max Mara, Mexx, Pepe Jeans und Youngor.
Die Auswirkungen des Coronavirus
Zu guter Letzt betont der Fashion Transparency Index, dass eine Krise wie die aktuelle weltweite Coronavirus-Pandemie zeigt, wie wichtig Transparenz sei: "Wenn große Marken und Einzelhändler Informationen über ihre Unternehmenswerte veröffentlichen, wer ihre Lieferanten sind, welche Richtlinien in der Lieferkette gelten, wie sie mit Lieferanten Geschäfte machen und welche Einkaufspraktiken sie anwenden, dann können Branchenakteure sie für genau die Art von Situation zur Rechenschaft ziehen, die sich jetzt abspielt, bei der große Marken Zahlungen einstellen und verzögern und Bestellungen von ihren Lieferanten stornieren, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, wie sich dies auf den Lebensunterhalt der Beschäftigten in der gesamten Lieferkette auswirkt", betont der Index.
Eine weitere große Hürde, die die Coronavirus-Situation hervorhebt, ist das Problem des Überkonsums. Die Nachfrage nach Kleidung ist stark zurückgegangen, da die Menschen auf der ganzen Welt zu Hause bleiben und neu überdenken, wofür sie ihr hart verdientes Geld ausgeben wollen. Angesichts der Tatsache, dass große Marken leicht mehr als eine Milliarde Kleidungsstücke pro Jahr produzieren, ist abzusehen, was mit ihnen geschehen wird, wenn sich die Überbestände in den Warenlagern stapeln. Da nur wenige Marken ihre Abfallproduktion, zirkuläre Lösungen und die Bemühungen um ein textiles Recycling offenlegen, kann man nur spekulieren, was mit den Bergen unerwünschter Ware dieses Jahr passiert.
Fazit: Großteil von Marken und Einzelhändlern fehlt es an Transparenz in sozialen und ökologischen Fragen
Der von Fashion Revolution veröffentlichte Fashion Transparency Index 2020 konnte wichtige Schlussfolgerungen für das Spektrum sozialer und ökologischen Themen ziehen, die für 250 der weltweit größten Marken und Einzelhändler untersucht wurden. Hier sind die wichtigsten:
- Die Teilnahme am Fashion Transparency Index beeinflusst Marken dahingehend, mehr soziale und ökologische Informationen offenzulegen.
- Marken veröffentlichen weiterhin mehr Information über ihre Ansätze über ihre Umsetzung.
- Die Informations- und Datenschwemme scheint eine bewusste Strategie (der Ablenkung) zu sein und ist ein anhaltendes Problem.
- Ermutigende Fortschritte wurden bei der Offenlegung von Lieferantenlisten erzielt.
- Es gibt einen anhaltenden Mangel an Transparenz über existenzsichernde Löhne für Arbeitnehmer in der Lieferkette.
- Die meisten Marken offenbaren keine Informationen zu ihren Einkaufspraktiken.
- Die Coronavirus-Pandemie zeigt, warum Transparenz so wichtig ist.
- Das Coronavirus beleuchtet den Überkonsum.
- Die Klimakrise ist ein zunehmend wichtiges Thema für Marken, aber mehr Transparenz ist erforderlich.
Die vollständige Liste samt Erkenntnissen kann auf der Fashion Revolution-Website (fashionrevolution.org) eingesehen und heruntergeladen werden.
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Bilder: Fashion Transparency Index 2020 / Fashion Revolution