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Frauen in Führungspositionen: Isabella West, Gründerin und CEO, Hirestreet

Von Rachel Douglass

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Business |Interview

Bild: Hirestreet, Isabella West

Das Verleihmodell hat sich langsam aber sicher seinen Weg in die Modeindustrie gebahnt und in den letzten Jahren einen deutlichen Anstieg der Nachfrage erlebt, da sich die Menschen beim Einkaufen nach nachhaltigeren Alternativen umsehen.

Das im Mai 2018 gegründete Unternehmen Hirestreet war eine der ersten Verleihplattformen in Großbritannien und wurde von Isabella West aus Newcastle Upon Tyne ins Leben gerufen. Die Idee wurde aus persönlichen Ersparnissen finanziert und gedieh im Keller ihrer Eltern. Heute ist das Unternehmen landesweit bekannt.

Seitdem hat die 26-jährige Oxford-Absolventin im Bereich Wirtschaftswissenschaften ein Mietimperium aufgebaut. Allein 2021 hat West zahlreiche große Marken bei Hirestreet eingeführt – zuletzt Marks and Spencer sowie Decathlon. Sie hat an der UN-Klimakonferenz teilgenommen und Zoa, ein White-Label-Tech-Unternehmen, gegründet, das anderen Unternehmen hilft, am Verleihmodell teilzuhaben.

FashionUnited hat West zu einem Gespräch getroffen und mit der Unternehmerin darüber gesprochen, was Hirestreet ausmacht, welche Erfahrungen sie in der Branche gesammelt hat und was wir vom boomenden Mietmarkt erwarten können.

Wie war Ihre Erfahrung bei der Gründung eines Unternehmens in Newcastle?

Wir wussten immer, dass wir ein Online-Konzept haben würden. Ich denke, ich hatte großes Glück, in Newcastle zu sein, und dafür gibt es viele Gründe. Einer, den ich damals noch nicht kannte, ist, dass der Markt an Menschen mit Kenntnissen in der Entwicklung groß ist, was uns beim Übergang zu einem Tech-Unternehmen geholfen hat.

Auch die Gemeinschaft in Newcastle ist sehr hilfsbereit. Jeder kennt jeden, und davon habe ich in den ersten Tagen wirklich profitiert. Vor allem bei der Markteinführung waren die ersten Bestellungen, die ich erhielt, von befreundeten Menschen oder Leuten aus meiner alten Schule. Es war fast so, als ob die Leute sich für jemanden aus der Gegend einsetzen wollten. Inzwischen ist es natürlich mehr als das, aber ich glaube, das hat mir am Anfang wirklich geholfen, einen ersten Schub zu bekommen. Ich glaube, wenn ich in London angefangen hätte, hätte ich mich einsamer gefühlt, ein bisschen mehr abgekoppelt.

Woher kam die Idee für Hirestreet?

Wir wollten eine nachhaltige und erschwingliche Alternative zur Fast Fashion bieten. Vor vier Jahren, als ich darüber nachdachte, ein Unternehmen zu gründen, las ich über den Aufstieg des Verleihmodells in den USA und Australien. Mir ist aufgefallen, dass in diesen Märkten eher hochwertige Kleidung gemietet wird. Ich begann, Marktforschung in Großbritannien zu betreiben, und in Großbritannien lieben wir Fast Fashion. Ich wollte die Verschwendung, die mit Fast Fashion verbunden ist, reduzieren und herausfinden, ob es möglich und nachhaltig wäre, ein Geschäft aufzubauen, das auf deren Verleih basiert und erschwinglicher ist.

Unser durchschnittlicher Mietpreis liegt bewusst bei 30 Britischen Pfund, weil unsere Kundschaft uns sagt, dass dies der Preis ist, den ein Kleidungsstück auf Asos kosten müsste, damit sie es einmal tragen würden. Wir wollten, dass die Menschen einen Ersatz für diese Art von Verhalten haben. Ich denke, dass nachhaltige Unternehmen viel zu oft zu teuer sind und die Leute abschrecken. Ich wollte dieses Problem lösen, indem ich etwas für den Massenmarkt anbiete, das preislich eher mit Fast Fashion vergleichbar ist.

Bild: Hirestreet

Sind Sie beim Aufbau dieses Mietgeschäftsmodells auf Herausforderungen gestoßen?

Es gab natürlich viel zu lernen, denn wir starteten zu einer Zeit, als es nur ein anderes Online-Mietgeschäft gab, aber das konzentrierte sich mehr auf Prominente und Anlassmode. Wir waren ganz neu auf dem Markt und unser Angebot war ganz anders. Es gab viel darüber zu lernen, was für ein Sortiment funktionieren würde, welche Marken die Leute wollten, welche Artikel robust waren, die Größenprofile – es gab so viele Dinge, die man am Anfang testen musste.

Wenn Sie sich jetzt den Markt ansehen, können sich die neu entstehenden Vermietungsunternehmen an Hirestreet orientieren und sehen, wie wir das Geschäft gestaltet haben. Wenn Sie jetzt in den Markt eintreten, gibt es eine Art Blaupause. Als wir in den Markt eintraten, gab es in unserer Preisklasse noch nichts auf der Welt.

Welche Umweltvorteile bietet der Verleih in der Branche?

Das Wichtigste am Verleih ist, dass er die Lebensdauer eines Artikels verlängert. Nehmen wir zum Beispiel ein Standard-Polyesterkleid, wie es jemand für eine Weihnachtsfeier kauft, so setzt es während seines Lebenszyklus im Einzelhandel durchschnittlich 24 Kilogramm Kohlenstoff in die Atmosphäre frei. 90 Prozent davon entstehen während des Herstellungsprozesses, nicht beim täglichen Gebrauch. Wenn die Leute das Kleidungsstück kaufen, um es nur einmal zu tragen, werden all diese Emissionen verschwendet, während der Verleih mehreren Menschen die Möglichkeit gibt, ein Kleidungsstück zu tragen. Dadurch wird der durch die Produktion verursachte Kohlenstoffausstoß auf alle Personen verteilt, die das Kleid tragen, und der mit dem Kleidungsstück verbundene Kohlenstoff-Fußabdruck [pro Person] verringert.

Es geht darum, wie oft jemand ein Kleidungsstück trägt, und deshalb sagen wir auch nicht, dass Sie alles mieten sollen, was Sie tragen werden. Es gibt einen bestimmten Anwendungsfall für den Verleih, sei es Anlass- oder Skibekleidung: Immer dann, wenn Sie in einem Geschäft stehen und nicht überzeugt sind, dass Sie etwas öfter tragen würden.

Welches ist die wichtigste Kategorie für Hirestreet?

Hochzeiten sind der größte Umsatzfaktor. Viele Menschen beginnen aufgrund einer Hochzeit, zum ersten Mal zu mieten. Es ist unsere meistbesuchte Kategorie. Wir aktualisieren unsere Kategorien je nach Jahreszeit. Wir müssen am Puls der Zeit sein, was die Leute tun und wohin sie gehen, und dann stellen wir die Kategorien so zusammen, dass wir sie mieten können.

Wer ist der Kunde von Hirestreet?

In der Regel sind es London und Manchester, die aufgrund der Bevölkerungszahl dominieren. Unsere Hauptkundin ist typischerweise eine 28-jährige berufstätige Frau, die viele Veranstaltungen hat, oft zu Beginn der Hochzeitssaison. Sie möchte bewusst konsumieren, aber auch ein Gehalt haben, mit dem sie ihre Lebenshaltungskosten decken kann. Letztendlich versucht sie, finanziell nachhaltig und umweltbewusst zu sein.

Wenn wir unsere Kundschaft fragen, was sie getan hätte, wenn sie nicht bei uns eingekauft hätte, hören wir oft, dass sie panisch etwas bei Zara gekauft hätten – genau diese Art von Menschen ist unsere Zielgruppe. Wir müssen sie an dem Punkt abfangen, bevor sie sich entscheiden, ein Outfit für einen bestimmten Anlass zu kaufen.

Beabsichtigt Ihre Kundschaft dann wirklich, dem nachhaltigen Teil des Geschäfts den Vorrang zu geben?

Um ehrlich zu sein, wenn Sie sich irgendeine Art von Befragung ansehen, ist der Hauptantrieb für das Einkaufsverhalten fast immer der Preis. Preis und Nachhaltigkeit sind eine wichtige Kombination, und das ist etwas, was wir anbieten, was sonst niemand tut. Der wichtigste Faktor ist der Preis, und Nachhaltigkeit ist etwas, wonach die Menschen suchen, also ein zusätzlicher Konversionsvorteil.

Bild: Hirestreet

Sind Sie der Meinung, dass es die Aufgabe der Marken ist, ihre Kundschaft über die Auswirkungen auf die Umwelt aufzuklären?

Zu 100 Prozent. Es gibt so viel, was auf der Bildungsseite getan werden kann, und es hat definitiv eine Verschiebung nach der Corona-Pandemie gegeben. Seit dem Sommer hat unsere Konsum-Studie ergeben, dass immer mehr Menschen ein schlechtes Gewissen haben, weil sie etwas kaufen, oder dass sie sich besser fühlen, wenn sie etwas mieten. Wir sehen, dass sich die Einstellung der Kundschaft ändert, aber gleichzeitig gibt es auf der Bildungsebene noch so viel zu tun.

Als wir unsere Partnerschaft mit Marks and Spencer ins Leben riefen, war es interessant, wie viele Menschen noch nie etwas vom Verleihmodell gehört hatten. Es handelt sich um eine Branche, die in Großbritannien fast fünf Jahre alt und dramatisch gewachsen ist, aber wenn man sie mit der Größe des Einzelhandels vergleicht, liegt noch ein weiter Weg vor ihr. Mit der Marks and Spencer-Lancierung haben wir einen Teil der Bevölkerung erreicht, der noch nie über die Vermietung nachgedacht hat.

Die Partnerschaft mit Marks and Spencer ist ein großer Erfolg.

Auf jeden Fall. Marks and Spencer ist der zweitgrößte Einzelhändler Großbritanniens und sein Einstieg in das Vermietungsmodell hat sicherlich anderen signalisiert, dass sie sich den Markt ernsthaft ansehen sollten.

Wie wählen Sie die Marken aus, mit denen Sie zusammenarbeiten?

Wir arbeiten also sowohl mit Hirestreet, unserer eigenen B2C-Plattform, als auch mit Zoa, unserer Technologieplattform, die Marken dabei hilft, ihren eigenen Mietservice zu betreiben. Viele Kund:innen kommen zu uns, weil sie sich für das Verleihmodell interessieren. Beim ersten Treffen fragen wir sie, welche Ziele sie verfolgen, sei es zu prüfen, wie begehrt ihre Kleidung auf dem Markt ist, oder die Rentabilität des Verleihs ihrer Retouren zu testen.

Manchmal wollen sie auch nur einen ersten Versuch wagen, um zu verstehen, wie ihre Artikel funktionieren. Ein Angebot von Hirestreet funktioniert hier am besten. Wenn es sich jedoch um ein Unternehmen handelt, das bereits entschieden hat, dass der Verleih für es in Frage kommt, stellen wir die Zoa-Technologie vor und überlegen, wie wir es von dort aus unterstützen können. Wir haben immer verschiedene Möglichkeiten, wie wir zusammenarbeiten können.

Viele Marken wollen wissen, wie die Vermietung in ihre Zukunft passen kann. Also setzen wir uns zusammen und überlegen, was für sie am besten ist: entweder Hirestreet, ihr eigener White-Label-Service, den wir anbieten können, oder eine reine Techniklösung.

Ist das der Grund, warum Sie die Tech-Plattform Zoa ins Leben gerufen haben?

Ja. Früher arbeiteten wir nur mit Marken zusammen, um ihre Bestände auf Hirestreet zu listen, aber während der Pandemie gab es einen Wendepunkt, an dem Marken anfingen, uns zu fragen, ob sie das nicht auch mit ihrer eigenen Marke machen wollten. Uns wurde klar, dass sich der Markt in diese Richtung entwickelt. Wie auf dem Gebrauchtwarenmarkt wollten sie es über Plattformen von Drittanbietenden ausprobieren und es dann selbst in die Hand nehmen und durchführen.

Wir haben uns entschieden, dem Markt voraus zu sein, und so waren wir die ersten in Großbritannien, die ein White-Label-Mietangebot auf den Markt brachten.

Haben Sie weitere Expansionspläne für Ihre beiden schnell wachsenden Unternehmen?

Ich kann nicht zu viel verraten, aber wir haben eine gute Pipeline von Marken, die bald mit uns zusammenarbeiten und Anfang 2022 ihr eigenes White-Label-Vermietungsangebot einführen werden. Ich denke, dass dieses Jahr der Wendepunkt für den britischen Verleihmarkt sein wird und wir eine große Welle von Marken sehen werden, die ihren eigenen Verleihservice starten. Für uns ist das unser derzeitiger Schwerpunkt.

Bild: Hirestreet bei der COP26

Sie haben kürzlich an der UN-Klimakonferenz COP26 teilgenommen. Wie war diese Erfahrung?

Es war unglaublich! Es war ein absoluter Aha-Moment und ich war so stolz auf das Team für alles, was wir geschaffen haben. Wir verbringen so viel Zeit damit, darüber nachzudenken, welche Auswirkungen Mode hat, und wir predigen diese Botschaft tagein, tagaus. Es war eine wirklich schöne Art, das alles zusammenzuführen. Manchmal hat man das Gefühl, dass es ein harter Kampf ist und man die einzige Stimme ist. Dann geht man zur Klimakonferenz und alle sind da, um die gleiche Botschaft zu vertreten. Das ist seltsam beruhigend.

Abschließend: Wie war es, eine junge Unternehmerin in der Branche zu sein?

Als ich in der Branche als Beraterin arbeitete, war die beliebteste Statistik des Unternehmens, bei dem ich arbeitete, dass sie mehr Leute einstellten, die Eton absolviert hatten, als es Frauen im Unternehmen gab. Es war so männerdominiert. Seit ich mein eigenes Unternehmen gegründet habe, würde ich sagen, dass man als Unternehmerin wirklich gefeiert wird. Es ist traurig, dass das so selten ist, aber ich denke, es ist wichtig, dass ich das, was ich tue, liebe.

Was ich wirklich schätze, ist, dass so viele meiner engen Freund:innen ein Unternehmen gegründet haben, seit ich Hirestreet ins Leben gerufen habe, und ich hoffe, dass ein Teil des Selbstvertrauens, diesen Sprung zu wagen, darauf zurückzuführen ist, dass sie gesehen haben, wie ich es geschafft habe und wussten, dass sie es auch können.

Natürlich gibt es immer noch Herausforderungen. Bei der Mittelbeschaffung können Sie beispielsweise an den Zahlen ablesen, wie viel von Frauen geführte Start-ups in A-Runden einnehmen. Ich wurde auch schon einmal gebeten, einen männlichen Mitgründer zu finden. Es gibt immer noch Bereiche, die traurigerweise im Rückstand sind, aber ich denke, das ändert sich, weil die Menschen es wollen. Es gibt nur wenige, die es schwierig finden, eine Unternehmerin zu feiern, die ein millionenschweres Unternehmen führt. Es ist einfach etwas, das wir beweisen und verändern müssen, je mehr von uns es tun.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ.

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