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Faster Fashion: Die Digitalisierung wird die Fashionindustrie radikal verändern

Von Regina Henkel

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Die Modebranche arbeitet an der Digitalisierung ihrer Supply Chain. Warum das so wichtig ist, stand im Zentrum des Fashion Forum 2018 von Assyst in München, das letzte Woche stattgefunden hat.

Der Normalfall: lange Entwicklungszeit nach dem Prinzip Hoffnung

Unter dem Motto „Digital is Wow“ hatte vergangene Woche die Human Solutions Gruppe / Assyst zum Fashion Forum 2018 nach München eingeladen. An zwei Tagen stand das Themas Digitalisierung der Supply Chain im Fokus der Konferenz, zu der zahlreiche Vertreter der Modebranche gekommen waren – darunter Markenhersteller wie Hugo Boss, Marc O’Polo, Calida, Benetton, Decathlon und Vaude. Sie alle eint das Problem, dass die Zeit zwischen Produktentwicklung und Auslieferung an den Handel viel zu lange dauert. Wer wirklich auf die Bedürfnisse des Kunden reagieren möchte, muss schneller werden als bisher.

Das Problem liegt auf der Hand und ist seit Jahren bekannt: Weil die Produktion von Bekleidung in ferne Länder abgewandert und inzwischen enorm komplex geworden ist, lassen sich die Reaktionszeiten auf neue Trends und Bestseller kaum mehr verkürzen. Auch die Kommunikation zwischen Produktentwicklern bzw. Designern hierzulande und der Produktion in Fernost birgt ihre Tücken. Bis ein Produkt entwickelt und ausgeliefert werden kann, vergehen in der Modeindustrie bis zu 15 Monaten. In der Sportbekleidung sind es bis zu zwei Jahre. Bis zu drei Prototypen müssen im Normalfall entwickelt, begutachtet und modifiziert werden, ehe das Produkt final in Produktion gehen kann. Das kostet nicht nur viel Geld, in all der Zeit kann sich vieles wieder geändert haben.

„Die Modebranche war in den letzten Jahren sehr gut darin, die Produktion, die Logistik, das Trendscouting immer effizienter zu gestalten“, sagte Keynote Speaker Hans Peter Hiemer vom Beratungsunternehmen B4B BusinessforBrands GmbH. „Und am Ende ist es doch oft so, dass der Verbraucher es nicht kauft. Wir haben immer vom Produkt aus gedacht und wie man die gesamte Wertschöpfung verbessern kann, aber nie darüber, wie man den Kunden ins Zentrum aller Maßnahmen stellen kann.“ Stattdessen drückt die Modeindustrie die Produktionskosten weiter nach unten und nimmt am Ende doch in Kauf, dass erst massive Reduzierungen im Handel dazu führen, dass die Produkte tatsächlich Abnehmer finden. Wäre es da nicht besser, man würde gleich inhaltlich, zeitlich und räumlich näher am Kunden produzieren?

Der Kunde muss ins Zentrum der Maßnahmen

„Früher konnten wir Individualisierung“, so Hiemer weiter und meint damit den Maßschneider. Damals waren Preise relativ stabil, es gab keine Retourenquoten und keine Restanten. Ganz nebenbei gab es keine Ressourcenverschwendung wie heute. Dass mehr Nähe zum Kunden und dessen Bedürfnissen erfolgreich macht, beweisen Onlinehändler ebenso wie die klassischen Fast Fashion Hersteller: Asos braucht 25 Tage von der Idee zum Produkt, es gibt keine Lagerhaltung, statt Massenware kleine Serien. Was schnell ausverkauft ist, erhöht nur die Begehrlichkeit. Bei Zara ist man noch schneller in der Umsetzung neuester Trends, obwohl man noch ein globales Filialnetz bestücken muss. Hiemer: „Nur aus Unkenntnis über die tatsächlichen Verbraucherwünsche brauchen wir hohe Lagerbestände.“ Auch die um sich greifende Vertikalisierung sieht Hiemer nur als Kompensation für die Marktsättigung: „Wir werden inhaltlich nicht besser, also versuchen wir den Vertrieb an uns zu binden.“

Letztendlich wird es in Zukunft nicht mehr darum gehen, dass der Kunde das Produkt findet, sondern das Produkt findet zum Kunden. Künftig werden neue Direct-to-Consumer Modelle die klassischen Brand-Handel-Verbraucher-Modelle ersetzen. Hiemer: „Nur bedarfsgetrieben entstehen relevante und individuelle Angebote.“ Längst wird an Datenarchiven und Algorithmen gearbeitet, um bessere Personalisierung möglich zu machen. Amazon arbeitet daran ebenso wie die großen Fashion Online-Retailer. Hiemer stellt eine einfache Rechnung auf: „Nur durch die Grundmechanik unserer Industrie müssen wir mit enormen Abschriften kalkulieren. Wenn wir die nicht hätten, könnten wir unser Kapital anders einsetzen, könnten wir in Europa produzieren.“

Digitale Produktion

Statt Massenware nach dem Motto ‘One fits all‘ plädiert er für mehr Personalisierung und letztlich eine dezentrale Produktion. Microfactories, wie sie z.B. adidas im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit Human Solutions in Berlin vorgestellt hat und wie sie auch auf dem Kongress zu sehen war, seien ein Schritt in die richtige Richtung. Dazu ist es nötig, auch die Produktentwicklung zu digitalisieren. „Die Produktentwicklung ist in den letzten Jahren stiefmütterlich behandelt worden“, sagte auch Dr. Andreas Seidl, CEO von Human Solutions. Vom digitalen Design mit 3D-Simulation - das nicht nur der besseren Visualisierung der Designidee nutzt sondern auch der Kommunikation mit den Produzenten, über digitales Sampling bis hin zu digitalem Showrooming lassen sich heute zahlreiche Schritte in der Prozesskette digitalisieren und damit wesentlich effizienter und zeitsparender gestalten. Ziel ist es dann nicht, die Ware noch früher im Laden zu haben (Winterjacken im Sommer, etc.), sondern später mit der Produktentwicklung anfangen zu können!

Fotos: Human Solutions/Vidya; Fashion United: Hans Peter Hiemer

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