Fabletics stärkt Wholesale in Europa – Deutsche bleiben bei Abos skeptisch
Fabletics wächst neben seinem Kerngeschäft, dem digitalen Bekleidungsabonnement, auch weiter im Wholesale. Dafür setzt der US-amerikanische Athleisure-Anbieter auf Einzelhändler:innen wie Peek&Cloppenburg, aber auch Partnerschaften mit Fitnessstudios und der Reality-Show-Star Khloé Kardashian fördern die Bekanntheit der Marke.
Wie das Geschäft läuft, welche Pläne das Unternehmen für den Wholesale hat und warum gerade deutsche Kund:innen schwerer vom Abo-Modell zu überzeugen sind, erklären Mark Ralea, General Manager Fabletics Europe, und Thomas Fröhlke, Vice President Wholesale Europe im Interview.
Fabletics setzt seit Ihrer Berufung, Herr Fröhlke, mehr auf das Wholesale-Geschäft in Europa. Wie ist der aktuelle Stand und wo soll es hingehen?
Fröhlke: Als Brand mit einem Kernmodell im Bereich Direct-to-Consumer haben wir den Schritt gewagt, uns zu öffnen, um mehr Konsument:innen zu erreichen und die Markenpräsenz zu erhöhen. Das geht natürlich am besten mit verlässlichen Retail-Partner:innem, bei denen man den Bezug zur Ware und die Visibilität außerhalb der eigenen Plattformen hat. Außerdem bekommen wir so Zugang zu Märkten, in denen wir bis dato – mit eigenen Stores oder Webpages – nicht präsent gewesen sind.
Den Anfang haben wir mit Pop-ups wie bei Wöhrl, Gigasport und Westwing gemacht sowie mit Online-Partnern wie Zalando, AboutYou und Next im Vereinigten Königreich. Für die Key Accounts haben wir ein Vertriebsteam dazugeholt, Handelsmessen besucht und einen sehr repräsentativen Showroom in Berlin eröffnet. Außerdem gibt es noch strategische Partnerschaften mit Holmes Place [Anm.d.Red.: britische Fitnessstudio-Kette], wo wir genau die Zielgruppe erreichen, die wir haben möchten.
Wie sieht die Partnerschaft mit Holmes Place aus?
Fröhlke: Alle Trainer von Holmes Place sind mit Fabletics ausgestattet, wir haben ein Co-Branding auf der Bekleidung und sind dadurch in allen 15 Studios präsent.
Ralea: Insgesamt werden wir die Zusammenarbeit mit verschiedenen Gym-Ketten noch weiter ausbauen, darunter auch digitale Gyms.
Was waren die nächsten Schritte, um Ihre Ziele im Wholesale zu verfolgen?
Fröhlke: Wir haben mit dem Onboarding von zusätzlichen Distributionspartner:innen begonnen. Ein neuer Partner, der sich unter anderem um Zypern, Italien und Osteuropa kümmert, ist für insgesamt zwölf Länder zuständig. Da geht es dann Hand in Hand – Go-to-Market-Strategie, Launch in neuen Märkten, Kooperationskampagnen mit den Partner:innen, Anlieferungen von POS-Material zur Kommerzialität der Kollektion und so weiter.
Das ganze Konstrukt musste also erstmal komplett entwickelt werden. Wenn wir jetzt auf die vergangenen zwei Jahre zurückschauen, konnten wir den Umsatz definitiv stabilisieren.
Was bedeutet das konkret?
Ralea: Nachdem Thomas 2023 zu uns gekommen ist, lag das Wholesale-Business 2024 bei einem Prozent des Umsatzes in Europa. Noch in diesem Jahr werden wir voraussichtlich bei acht Prozent liegen. Für nächstes Jahr haben wir dann eine Quote von 12 bis 13 Prozent im Blick – eine sinnvolle Steigerung.
Dabei muss man natürlich auch bedenken, dass unser Kerngeschäft auch wächst. Daher müssen wir im Wholesale überproportional schneller wachsen, damit der Anteil größer wird. Und das schafft das Team sehr gut. Tatsächlich hat uns damals, als wir die ersten Gespräche geführt haben, auch Khloé Kardashian geholfen, Türen zu öffnen.
Inwiefern hat sie Ihnen geholfen?
Mit einem Namen wie Khloé Kardashian als Brand Ambassador erreichen wir nicht nur mehr Kund:innen, sondern wecken auch das Interesse der Wholesale-Partner:innen. Das sieht man ja auch bei einem anderen Marktteilnehmer, der zufällig auch eine Kardashian als Gesicht hat und ohne sie heute sicher nicht dort gelistet wäre, wo die Marke heute gelistet ist.
Ihr Kerngeschäft ist das Membership-Modell. Können Sie uns ein paar Insights dazu geben?
Ralea: Richtig, wir sind keine klassische Direct-to-Consumer-Marke und haben unser Membership-Modell, dass sich aber gegenüber anderen Abo-Modellen im Fashion-Bereich – wie man es vielleicht von Anbietenden für Socken und Boxershorts kennt – dadurch unterscheidet, dass wir nicht mit unseren Wholesale-Partner:innen im Wettbewerb stehen.
Daten, die uns aus dem Vereinigten Königreich vorliegen, zeigen, dass zehn Prozent aller Personen, die unsere Marken kennen, ein Abo abschließen würden. Das heißt, wir haben eine sehr klare Kund:innengruppe, die wir mit unserem Modell bedienen können. Die anderen 90 Prozent, die uns kennen, würden die Marke aufgrund von unserem Abo-Modell nicht kaufen.
Über das Fabletics-Abo :
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Fabletics bietet seinen Kund:innen das sogenannte VIP-Programm an, bei dem sie zum Monatsanfang 59,99 Euro als Guthaben für den Onlineshop aufladen und für bestimmte Produkte im Wert von bis zu 80 Euro eingelöst werden können. Das aufgeladene Guthaben verfällt 36 Monate nach dem Ablauf des Kaufjahres. Im Gegensatz zu anderen Abo-Modellen kann dieser Vorgang aber auch pausiert werden. Auch eine Kündigung sei jederzeit über verschiedene Kanäle möglich, heißt es auf der Website.
Wie reagieren Sie darauf?
Ralea: Wir versuchen natürlich die Leute zu ‘educaten’, dass unser Abo-Modell nicht so ist, wie sie sich vorstellen und es eigentlich recht einfach ist. Aber wir verstehen natürlich, dass Abo-Modelle seit Jamba [Anm. d. Red.: ehemalige Marke für Klingelton-Abonnement – "Jamba Spar Abo"] einen sehr speziellen Charme haben, gerade in Deutschland.
Wir werden wahrscheinlich niemals fünf bis sechs Millionen Abonnent:innen in Deutschland haben. Deshalb ist es umso besser, Wholesale-Partner:innenzu haben. Nicht nur für uns, aber auch für die Kund:innen, die unsere Produkte aber kein Abo möchten und dafür auch bereit sind, den Vollpreis zu bezahlen. Dieser Preisunterschied wiederum hat es uns zu Beginn erschwert, unsere Partner:innen zu überzeugen, uns aufzunehmen, weil wir eben im Abo-Modell relativ günstig sind.
Sind also gerade deutsche Kund:innen schwer vom Abo zu überzeugen?
Ralea: Deutschland ist mit Abstand einer der schwersten Abo-Märkte. Das lichtet sich durch andere Abos wie Netflix, Apple Music, Spotify immer mehr. 2012/13, wo ich noch ein Beauty-Box-Subscription geleitet habe, war es fast unmöglich, ein Abo-Modell in Deutschland zu verkaufen. Es hat sehr viel Energie und Zeit gekostet.
Dazu kommt, dass Fashion als Abo-Modell hierzulande auch eher ungewöhnlich ist. Das ist in den USA wirklich anders. Dort gibt es alles im Abo – beim Kaffeeladen um die Ecke und in jedem Supermarkt. Da braucht es in Deutschland doch ein bisschen mehr Aufklärungsarbeit.
In welchem Markt funktioniert das Modell besser?
Ralea: In Europa ist England mit Abstand unser stärkster Markt. Der macht 50 Prozent unseres Umsatzes in ganz Europa aus. Dann kommt Deutschland mit etwa 25, 30 Prozent und ein bisschen Frankreich, Spanien, Dänemark, Österreich und Schweden. Belgien, Luxemburg und die Niederlande sind ein bisschen unter ferner liefen.
Welche Kund:innen entscheiden sich für ein Abo?
Ralea: Es sind sehr loyale Kund:innen. Kundschaftsdaten zeigen, dass sie zwischen 60 und 70 Prozent ihrer Fashion-Artikel bei uns kaufen.
Ist das dann eher der sportliche Typ?
Ralea: Ich war lustigerweise gerade letzte Woche in Los Angeles und da siehst du jeden Tag die Leute in Sportoutfits und niemanden im Anzug. Das ist in Deutschland nochmal anders. Bis auf Berlin – ein sehr spezieller Fashion-Mark – ist es noch so, dass deine Leggings nicht dein alltäglicher Begleiter sind. Deshalb, ja, in Europa und speziell in Deutschland ist es tendenziell eher der sportliche Typ. Deshalb sind die größten Sizes – wir gehen ja bis 4XL – besonders eine 4XL oder eine 3XL sehr unterrepräsentiert, auch im Umsatz. Die Größen S und M laufen derweil sehr stark.
Sehen Sie dabei Unterschiede in anderen europäischen Märkten?
Ralea: Das Vereinigte Königreich ist immer etwas näher an den USA, auch was die Trends angeht. In London sieht man durchaus Sportbekleidung im Alltagslook. Diesen Shift haben wir dort gesehen und werden ihn auch nach und nach in Deutschland erleben. Das dauert aber noch ein bisschen.
Sie haben aber auch das Sortiment über klassische Sportbekleidung ausgedehnt.
Ralea: Natürlich verändern wir uns auch als Marke. Was mit Leggings angefangen hat, wurde nach und nach um weitere Artikel im Performance-Bereich erweitert. Mittlerweile haben wir aber auch Produkte wie Teddycoats im Angebot, die vielleicht nicht unbedingt zum Sport machen geeignet sind. [lacht]
Die haben wir jetzt für den Winter auch wieder mit Khloé Kardashian gelauncht und sie laufen echt gut. Wir entwickeln uns also schon in Richtung Alltags-Look mit einem sportlichen Hintergrund. Trotzdem ist unser klarer Fokus immer auf Performance.
Wie beurteilen Sie die Konsumstimmung der europäischen Kund:innen in diesem Bereich?
Ralea: Der Shift geht eben ein bisschen mehr in Richtung Personal Leisure oder Performance Wear, die du alltäglich anziehen kannst. Das spielt uns massiv in die Karten. Wenn wir uns unseren Lebenszyklus anschauen, werden wir nächstes Jahr, aber auch schon dieses Jahr, deutlich mehr wachsen, als wir es letztes Jahr sind.
2025 erwarten wir gegenüber dem Vorjahr – natürlich abhängig vom wichtigen vierten Quartal – einen Anstieg von sechs bis sieben Prozent. Da kommt jetzt das Membership-Modell ein bisschen zum Tragen. Wir kommen aus den Jahren 2021, 22 und 23, wo es nicht besser hätte laufen können. Ende 23 bis Ende 24 war Stabilisierung angesagt, um keine Rückläufe beim Umsatz zu haben. Und jetzt sind wir wieder auf dem Wachstumskurs. Wir sind also sehr froh, dass wir es geschafft haben, aus der Covid-Zeit zu kommen, ohne einen massiven Dip nach unten zu sehen, wie viele andere Marken es erlebt haben.
Fabletics ist gerade im Heimatmarkt auch mit eigenen Stores im physischen Handel aktiv. In Europa sind Sie da aktuell nicht so präsent…
Ralea: In den USA haben wir 120 Stores. In Europa hatten wir mal zu einem Zeitpunkt zwei – London und Berlin. Berlin haben wir noch während Covid eröffnet, dann aber 2023 wieder zugemacht, weil der lokale Retail-Markt nicht so einfach ist. Der Londoner Store, der als Pop-up eröffnet wurde, musste dann 2024 schließen, weil wir keine Mietverlängerung erhalten haben.
Wir werden aber 2026 einen neuen Flagship-Store in Berlin eröffnen sowie weitere Store-Locations prüfen und versuchen diese zu eröffnen. Dabei liegt das Vereinigte Königreich auch im Fokus. Außerdem werden wir relativ zeitnah mit den Distributionspartner:innen in Italien und Osteuropa erste Stores eröffnen.
Wie viele Läden streben Sie in den kommenden Jahren an?
Ralea: Unser Plan sieht keine 120 Stores vor. In Europa wollen wir Step-by-Step in den nächsten zwei, drei Jahren mindestens 15 bis 20 Brand-Stores haben und darauf sukzessive aufbauen.
Fröhlke: Außerdem werden wir noch dieses Jahr mit einem Mix aus Shop-in-Shops und Soft-Shops in fünf Häusern bei Galeria vertreten sein. An diesen fünf Standorten haben wir insgesamt neun eigene Flächen – Damen, Herren und kombiniert.
Ab dem ersten Quartal 2026 werden wir noch in 115 Filialen von Peek & Cloppenburg Düsseldorf in Deutschland, Österreich und Osteuropa live gehen. Das sind dann wirklich deren kommerziellsten Türen und alle Weltstadthäuser.
In Österreich sind Sie erst seit vergangenem Jahr im Einzelhandel vertreten. Wie verlief der Start?
Fröhlke: Die Resonanz war unterm Strich extrem positiv. Wir haben mit Gigasport einen super starken Partner und Spezialist im Sportsegment, dessen Locations ihresgleichen suchen. Mit denen werden wir selbstverständlich weitermachen.
Insgesamt ist Österreich natürlich im DACH-Segment [Anm.d.Red: Deutschland, Österreich und Schweiz] einer von drei Core-Märkten, wo wir ein genaues Auge drauf werfen. Dazu kommt dann natürlich noch die Zusammenarbeit mit P&C, durch die wir dann flächendeckend auch gut abgedeckt sind.
Welche anderen Märkte nehmen Sie noch ins Visier?
Fröhlke: Wir haben gerade einen neuen Partner in Irland dazu bekommen, der auch neu eröffnet hat. Da werden wir ein schönes Konzept im Sportumfeld umsetzen.
Meine Liste ist sehr lang. Aktuell sind wir bei den Ressourcen etwas limitiert, was sich dann ab dem dritten Quartal mit dem neuen Showroom in Berlin aber ändert. Wir haben auch noch viele Opportunitäten in Skandinavien und im Vereinigten Königreich.
Liegt der Fokus im Wholesale auf dem stationären Handel?
Fröhlke: Es muss ein gesunder Mix sein. Der Retail-Part ist ein extrem wichtiger Faktor, weil wir eine super Qualität haben und das oft online einfach nicht erkannt wird. Also ‘Touch and Feel’ und die ‘Experience’ der Marke haben definitiv ihre Vorteile.
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