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Drykorn: Wir sind nicht so stark von den großen Modehändler:innen abhängig

Von Ole Spötter

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Business |Interview

Drykorn FW23-Kampagne. Foto: Drykorn

Der deutsche Bekleidungsanbieter Drykorn stellt sich weiter international auf.

Neben seiner Showroom-Präsenz während der Pariser Modewoche feierte das Unternehmen vergangene Woche seine Rückkehr bei der Menswear-Messe Pitti Uomo. Außerdem ist Drykorn im August erstmals mit seiner Herrenkollektion bei der Kopenhagener Modemesse CIFF dabei, wie die Marke am Dienstag bekanntgab. Skandinavien gehört zu den aktuellen Fokusmärkten des Hosen-Spezialisten.

Welche genauen Expansionspläne Drykorn hat und was das Unternehmen aktuell noch beschäftigt, erklären Benny Jandl, Chief Sales Officer, und Sebastian Ross, Head of Sales International, im Gespräch mit FashionUnited.

Drykorn ist diese Saison zurück auf der Pitti. Foto: AKAstudio-Collective

Drykorn ist zurück auf der Pitti Uomo. Sie wollen damit auch Ihre internationalen Ambitionen unterstreichen. Auf welche Märkte haben Sie es dabei besonders abgesehen?

Ross: Wir sind gerade beim Markteintritt in Skandinavien. Das ist für uns der nächste große Markt. Wir arbeiten seit April mit einer Agentur in Dänemark und starten zur Saison Frühjahr/Sommer 2024 mit dem Vertrieb. Darüber hinaus starten wir in Griechenland und Zypern. Wir haben in Griechenland seit Jahren Kontakt zu einem sehr guten Partner, der auch jetzt gerade dessen Momentum nutzt und den Markt fokussiert angehen wird.

Drykorn expandiert:

  • Skandinavien: Für den skandinavischen Markt ist Drykorn eine Partnerschaft mit The Agency eingegangen. Die Handelsagentur, die von Morten Faarbaek geleitet wird, arbeitete bereits mit Marken wie Tiger of Sweden, Sand Copenhagen und Les Deux. Bei der Zusammenarbeit liegt der Fokus auf Menswear für Dänemark und Schweden.
  • Griechenland und Zypern:Für Griechenland und Zypern arbeitet Drykorn mit Sports & Fashion Freedom. Der Vertriebspartner aus Athen hat auch Marken wie The Kooples, C.P.Company, Aspesi und Missoni im Portfolio.

Des Weiteren sind wir durch die Präsenz mit einem Showroom in Paris weiterhin daran, uns in Frankreich breiter aufzustellen. Wir hatten jetzt in SS23 auch erste Erfahrungen mit Pariser Department Stores und es wird für uns als Marke ein festes Standbein – wir wollen dort gerade den Pariser Raum bedienen, uns darüber hinaus aber nochmal deutlich internationaler aufstellen.

Drykorn-Showroom bei Pitti Uomo. Foto: Drykorn

Welche Märkte sind aktuell stark für Sie und welche eher schwierig?

Ross: Es hat sich eigentlich nicht verändert durch die Pandemie. Wir sind in allen unseren Märkten sehr stabil. Deutschland und die Niederlande sind unsere zwei stärksten Märkte. Aber auch die kleineren Märkte – Belgien, Österreich und in der Schweiz – sind für uns super konstant.

Jandl: Du merkst einfach, dass wir da unsere ‘Base’ haben. Wir kommen aus Deutschland und dann hast du auch die Struktur um Deutschland herum, die sehr gelernt, stabil und stark ist.

Das Schöne ist, dass wir das Thema Internationalisierung Schritt für Schritt angehen können, aber nicht gezwungen sind in diese Märkte zu drücken. Wir lernen jede Saison dazu und können uns so bewusst und fokussiert in die jeweiligen Länder herantasten. Wir nutzen das Momentum, die Lust und Energie etwas bewegen zu wollen, gepaart mit dem Rückenwind unseres inhabergeführten Unternehmens.

Welche Stücke laufen bei Ihnen aktuell gut?

Ross: Das Thema Formalwear ist bei uns sehr stark, aber jung und neu interpretiert – coole Kombinationen, die in Richtung ‘Young Formalwear’ gehen. Die Hose ist super stabil.

Jandl: Der ganze Konfektionsbereich ist sehr stark – vom Split Suit über die Bundfaltenhose bis hin zum Zweireiher, und aktuell natürlich auch das Trendthema mit Strickpolos und Strickhemden. Gerade in dieser Kombination merkt man auch die Bereitschaft hin zu einer lässigeren Silhouette in der Hose – es muss nicht mehr ganz schmal sein.

Drykorn SS24. Fotos: Drykorn

Welche Probleme beschäftigen Sie und Ihre Partner:innen aktuell?

Jandl: Es gibt zwei Perspektiven, die wir betrachten müssen – Handel und Beschaffung. In Richtung Handel merken wir, dass in SS23 bei dem beziehungsweise der ein oder anderen Partner:innen noch Lagerbestände vorhanden sind oder auch die Planungen zu optimistisch angesetzt wurden. Besonders die Partner:innen, die auch online aktiv sind, wollten den euphorischen Schwung aus den Pandemie-Jahren gerne mitnehmen, wurden nun aber doch etwas gebremst.

Und in der Beschaffung?

Jandl: Für uns war auch die Beschaffungsseite extrem herausfordernd. Das legt sich aktuell zwar wieder ein bisschen, aber wir bleiben weiterhin achtsam und versuchen die Flexibilität hoch zu halten – die letzten Jahre haben uns gezeigt, dass es jederzeit zu Herausforderungen kommen kann und eine Dauer-Challenge bleibt.

Mit Produktionsstätten in der Ukraine und Produzent:innen und Lieferant:innen beispielsweise im Erdbebengebiet im Süden der Türkei mussten wir kurzfristig agieren können. Aufgrund langjähriger Partnerschaften und Erfahrungswerten bekommen wir es am Ende aber zu größten Teilen immer gelöst.

Die Insolvenz von Peek & Cloppenburg hatte auch Auswirkungen auf einige Marken. Wie ist die Zusammenarbeit für Sie mit dem Düsseldorfer Modehändler?

Jandl: Wir sind in einem engen Austausch und kennen die Verantwortlichen seit langer Zeit. Es ist nie schön, derartige Einschnitte mitzubekommen – insbesondere auf der persönlichen Ebene.

Von der kaufmännischen Seite sind wir weitestgehend abgesichert, daher liegt der Fokus nun darauf, das Ganze sukzessive und vor allem weiterhin gesund gemeinsam aufzubauen und wie gewohnt eine enge Partnerschaft zu führen. Wir haben Dinge nie überpaced und blicken daher positiv in die nächsten Saisons.

Ross: Das Schöne ist, dass wir die Abhängigkeit eigentlich gar nicht so haben. Es wird uns oft attestiert, dass wir “mit allen Großen” zusammenarbeiten, die Abhängigkeit ist jedoch gerade im Ausland sehr gering.

Wir sind sowohl im Inland als auch im bestehenden Ausland super Markt-durchdrungen. Wir haben etliche, viele kleinere Händler:innen, die sehr gesund wirtschaften, die auch diese Saison wieder trotz nicht so einfachem Start – auch durch klimatische Bedingungen – wirklich sehr gut nachgeordert haben. Das ist eigentlich eine Art Wellen-Bewegung. Wir haben ein paar Große, die gerade ein bisschen gestolpert sind, aber etliche Kleine, die sehr gesund wirtschaften. Und die auch in so einer Saison oder in so einer Phase, in der viele Händler:innen ihre Budgets eher knapp halten, auf uns setzen und eher eine Marke rausschmeißen, die vielleicht schlecht liefert und die nicht so zuverlässig ist.

Sebastian Ross (links) und Benny Jandl (rechts). Fotos: Drykorn

Jandl: Das war auch ein Learning aus den letzten Jahren – aus der Corona-Situation. Wir waren immer präsent, wir waren viel im Austausch mit den Kund:innen und hatten eine gewisse Verlässlichkeit. Wir haben in die Partnerschaft eingezahlt und halten die Flexibilität hoch.

Wie verlief das erste Halbjahr für Sie?

Jandl: Das erste Halbjahr für 2023 war voll zufriedenstellend. Es kam über eine sehr starke Vororder. Reorders waren zwiegespalten, Never-Out-of-Stock-Stücke und Konfektion stark – saisonale Artikel haben aufgrund der Wetterlage erst spät gestartet.

Wie ist die Aussicht für den Rest des Jahres?

Jandl: Herbst/Winter 2023 lässt sich noch schwer einschätzen. Die Händler sind derzeit mit einer gewissen Vorsicht unterwegs, da SS23 teilweise noch etwas auf den Bestand drückt. Ich bin aber total zuversichtlich. Das sommerliche Wetter treibt die Endverbrauchenden nach draußen und wird sie mit positiver Stimmung aufladen – dann wird auch wieder die Lust auf frische Klamotte kommen und für gute Ergebnisse bei den Händler:innen sorgen. Die HW-Auslieferung läuft in vollen Zügen und bringt viel guten neuen Input.

Benny Jandl
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