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Diebstähle: Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter sorgen für Milliardenverluste

Von Reinhold Koehler

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Das Phänomen Ladendiebstahl ist so alt wie der Handel selbst. Der deutsche Einzelhandel leidet jedoch seit ein paar Jahren immer stärker unter einer stets zunehmenden Zahl an Langfingern, die für immer größere Lücken in der Inventur sorgen. „Trotz Warensicherung und Personalschulungen wird im Handel nach wie vor alles gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist“, so die Einschätzung des EHI Retail Instituts, das unlängst eine neue Studie zum Thema veröffentlicht hat.

Darin schlagen die Experten Alarm, denn während die Zahl der einfachen Ladendiebstähle ist seit 1997 nahezu kontinuierlich gesunken ist, hat sich die der schweren Ladendiebstähle, bei denen Sicherheitsetiketten entfernt oder verschlossene Vitrinen aufgebrochen werden müssen, in den letzten neun Jahren fast verdreifacht. Besonders ärgerlich sei, dass sich die Aufklärungsquote noch immer ein einem sehr unbefriedigenden Niveau verharre, so das Institut. Aus dem durchschnittlichen Schaden der angezeigten Diebstähle und dem tatsächlichen Schaden im Handel ergebe sich, dass jährlich rechnerisch rund 26 Millionen Ladendiebstähle mit je einem Warenwert von 83 Euro unentdeckt blieben. Zudem belaufe sich die Dunkelziffer in der polizeilichen Kriminalstatistik auf über 98 Prozent.

Auch Bandenkriminalität nimmt zu

Das EHI hat errechnet, dass der Anteil der Verluste durch Diebstähle seitens der Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und Servicekräfte im vergangenen Jahr deutschlandweit auf rund 3,4 Milliarden Euro gestiegen ist. Den Großteil davon verursachen demnach mit 2,26 Milliarden Euro unehrliche Kunden. Die zweite Stelle im Diebstahlranking nehmen laut EHI die Mitarbeiter mit rund 820 Millionen Euro ein, während Servicekräfte Waren im Wert von ca. 300 Millionen Euro entwendeten. Ein weiterer Posten der Inventurdifferenzen, 640 Millionen Euro, entstehe durch organisatorische Mängel wie falsche Produktauszeichnungen. Hinzu rechnen die Experten Investitionen von jährlich rund 1,3 Milliarden Euro in Präventions- und Sicherungsmaßnahmen, um Waren vor Diebstählen zu schützen. „Insgesamt gehen dem Handel damit durch Inventurdifferenzen und Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen rund 1,3 Prozent seines Umsatzes verloren“, heißt es in dem Bericht.

Statistisch gesehen bedient sich so jeder Deutsche jährlich an Waren im Wert von 27 Euro im Einzelhandel, ohne zu bezahlen. Allein der daraus resultierende volkswirtschaftliche Schaden durch Mehrwertsteuerausfälle soll sich auf rund 460 Millionen Euro im Jahr belaufen.

Was die Branche besonders besorgt: Händler berichten, dass Diebstähle immer häufiger in organisierter Form durchgeführt werden. „Die Täter gehen oft in Gruppen mit gezielter Aufgabenverteilung vor. Durch Diebesbanden entfällt nach EHI-Schätzungen wertmäßig rund ein Viertel aller Ladendiebstähle auf Bandendiebstähle und organisierte Kriminalität“, heißt es in der Studie.

Besonders beliebt bei den Langfingern ist laut EHI-Informationen neben den klassischen „Mitnahme-Produkten“ wie Parfüm, Kosmetik, Spirituosen, Rasierklingen oder Tabakwaren auch hochwertige Markenkleidung. Auch Accessoires, Lederjacken oder Taschen würden im Textilhandel besonders oft gestohlen.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) fordert den Gesetzgeber nun angesichts der neuesten Entwicklungen dazu auf, „dafür sorgen, dass die Strafverfolgung strenger als bisher erfolgt“. Laut Verbandschef Stefan Genth müsse die Politik nun „in einem ersten Schritt den Strafrahmen für schweren Ladendiebstahl erweitern und die Spielräume der Justiz für Verfahrenseinstellungen verringern“.

Foto: Siegfried Fries / pixelio.de

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