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Breuninger im Verkaufsmodus: Premium-Leuchtturm oder schwer veräußerbarer Klassiker?

Vor einem Jahr kamen Verkaufsgerüchte um Breuninger auf, seitdem ist es ruhig geworden. Was könnte einen möglichen Deal erschweren und welche Investor:innen kommen überhaupt als mögliche Interessent:innen in Frage? Eine Analyse von Dirk Boventer, Partner bei der Unternehmensberatung Atreus.

Ein Jahr Verkaufsabsichten und kein Deal in Sicht

Breuninger gilt als einer der letzten echten Leuchttürme im deutschen Premium-Modehandel. Mit einem Geschäftsmodell, das stationäre Präsenz in Top-Innenstadtlagen und ein hochprofitables Onlinegeschäft nahtlos verbindet, hat sich das Unternehmen selbst in einem krisengeprägten Markt über Jahre hinweg behauptet. 2024 erzielte Breuninger erneut ein Umsatzwachstum deutlich über Branchendurchschnitt. Dies ist eine Seltenheit in einem Umfeld, in dem viele Wettbewerber Umsatzrückgänge oder gar Insolvenzen hinnehmen mussten.

Seit Mitte 2024 kursieren Berichte über den geplanten vollständigen Verkauf des Unternehmens – inklusive aller 13 Premium-Warenhäuser und des Onlinegeschäfts. Der Vorgang läuft unter dem Projektnamen „Keystone“ und soll angeblich sowohl strategische Käufer als auch Finanzinvestoren anziehen. Laut Medienberichten meldeten sich zu Beginn mehr als 30 Interessenten, darunter internationale Warenhausketten wie Galeries Lafayette, El Corte Inglés oder die Central Group, aber auch institutionelle Investoren wie DWS, Deka oder Union Investment.

Autor
Dirk Boventer ist Partner und Direktor des Bereichs Konsumgüter & Handel bei der Münchner Unternehmensberatung Atreus. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in General Management, Vertrieb und Marketing.

Doch auch ein Jahr nach Bekanntwerden der Verkaufspläne ist kein konkreter Deal in Sicht. Die Gründe dafür liegen tiefer als reine Kaufpreisverhandlungen. Zwar gilt Breuninger mit einem geschätzten Unternehmenswert von 2,5 Milliarden Euro – davon etwa 1,8 Milliarden Euro für die Immobilien – als attraktives Asset, doch genau diese Kombination aus Handelsbetrieb und Immobilienbesitz macht die Transaktion hochkomplex. Viele Investoren interessieren sich nur für eines der beiden Segmente, während die Eigentümerfamilien offenbar auf einen Gesamtverkauf setzen.

Attraktivität und Komplexität in einem Paket

Unstrittig ist, dass Breuninger eine beeindruckende Erfolgsformel geschaffen hat: Eine starke Marke mit über 1,3 Millionen Mitgliedern im Kundschaftsbindungsprogramm, kuratierte Sortimente im Premium- und Luxussegment, Service-Exzellenz auf der Fläche, die in der Branche Maßstäbe setzt sowie ein digitaler Anteil am Gesamtumsatz von rund 60 Prozent – ein Benchmark im stationären Modehandel. Diese Stärken machen Breuninger für Käufer:innen aus dem Premiumsegment besonders interessant. Wer den Premium-Fashion-Markt versteht, erkennt zudem, dass Breuninger nicht nur in Deutschland, sondern auch international als Plattform für hochwertige Marken funktionieren kann. Das gilt sowohl für die stationäre Expansion in weitere High-End-Städte als auch für die Skalierung des Onlinegeschäfts in europäischen Märkten.

Gleichzeitig stellen sich potenziellen Käufer:innen entscheidende Fragen: Wie ist die Profitabilität des operativen Modegeschäfts im Detail? Welche Eigenkapitalquote und welcher Verschuldungsgrad liegen vor? Wie stabil sind die Margen in einem volatilen Konsumumfeld?

Gerade die Immobilienbewertung birgt dabei Risiken. Premium-Innenstadtlagen sind zwar wertstabil, doch der stationäre Handel steht strukturell unter Druck, was die langfristige Entwicklung der Immobilienwerte beeinflussen kann.

Dirk Boventer, Partner und Leiter des Bereichs Konsumgüter & Handel bei der Unternehmensberatung Atreus Credits: Atreus

Optionen für die Zukunft

Für Käufer:innen bieten sich mehrere strategische Entwicklungsrichtungen:

  • Vertikalisierung und Eigenmarken: Durch den Ausbau eigener Premium-Eigenmarken könnte Breuninger Margenpotenziale heben und die Sortimentshoheit weiter ausbauen.
  • Kooperationen mit High-End-Marken: Internationale Luxuslabels könnten in die Frequenz und Kundenloyalität der Breuninger-Häuser investieren, ohne selbst teure Flächen in Deutschland aufzubauen.
  • Geografische Expansion: Sowohl stationär in weiteren Premium-Lagen als auch online über die deutschen Grenzen hinaus lässt sich das Modell übertragen.

Diese Optionen erfordern jedoch Kapital, strategisches Know-how und vor allem die Bereitschaft, den Premiumcharakter des Unternehmens nicht zu verwässern. Finanzinvestor:innen mit kurzfristigem Renditefokus könnte hier falsche Signale setzen – strategische Investor:innen aus der Premium-Fashion-Branche wären wahrscheinlich nachhaltigere Eigentümer:innen.

Wer könnte Breuninger übernehmen?

Das Feld der Käufer:innen teilt sich grob in zwei Gruppen: strategische Investor:innen aus dem internationalen Premiumhandel und Finanzinvestor:innen mit Interesse an Einzelhandels-Assets.

Für strategische Käufer:innen wie Galeries Lafayette oder die Central Group liegt der Reiz in der sofortigen Marktdurchdringung in Deutschland sowie in der Nutzung der etablierten Online-Infrastruktur. Solche Unternehmen könnten Breuninger in ein internationales Markenportfolio integrieren und Synergieeffekte in Einkauf, Marketing und Logistik realisieren.

Finanzinvestor:innen hingegen würden primär auf den Substanzwert der Immobilien und die Möglichkeit zur Optimierung des operativen Geschäfts schauen. Die Herausforderung: Breuninger ist als integriertes System aus Immobilienbesitz und Handelsbetrieb aufgestellt. Eine Trennung dieser Einheiten würde erhebliche Komplexität und möglicherweise Wertverluste mit sich bringen.

Risiken für Käufer und Marke

Die größten Risiken liegen in der Balance zwischen Effizienzsteigerung und Erhalt der Markenidentität. Breuninger steht für Servicequalität, kuratierte Sortimente und ein Einkaufserlebnis, das in der Branche selten geworden ist. Eingriffe, die ausschließlich auf Kostensenkung abzielen, könnten diesen Markenkern beschädigen und eine Abwanderung der Kund:innen nach sich ziehen.

Hinzu kommt das unsichere Marktumfeld. Die Kaufkraft im Premiumsegment gilt als vergleichsweise stabil, dennoch sind Konsument:innen vorsichtiger geworden. Steigende Standortkosten, verändertes Konsumverhalten und der wachsende Wettbewerb durch expandierende Konkurrenz aus dem asiatischen Raum setzen auch Premiumhändler unter Druck.

Ein weiterer Faktor ist die interne Stimmung. Der vergleichsweise lange Verkaufsprozess könnte bei Teilen der Belegschaft zu Verunsicherung geführt haben. Ein Eigentümer:innenwechsel wird nur dann erfolgreich verlaufen, wenn er von einer klaren strategischen Vision und transparenter Kommunikation begleitet wird.

Was Käufer:innen mitbringen müsssen

Ein potenzieller Erwerber sollte nicht nur Kapital und Branchenkenntnis besitzen, sondern auch den Glauben an die Zukunft des stationären Premiumhandels teilen. Die Breuninger-Häuser sind Ankerpunkte in den Innenstädten und tragen zur Attraktivität ihrer Standorte bei. Künftige Eigentümer:innen müssen diese Rolle erkennen und ausbauen, anstatt sie auf kurzfristige Renditeziele zu reduzieren.

Zudem ist eine klare Entscheidung erforderlich, ob Immobilien und Handel dauerhaft in einer Hand bleiben sollen. Für die Marke Breuninger wäre die Fortführung dieser integrierten Struktur von Vorteil, da sie Stabilität und Kontrolle über die Präsentation der Marke gewährleistet.

Fazit

Breuninger ist eines der wenigen Beispiele für ein erfolgreiches, profitables Premium-Warenhaus in Deutschland. Die Verbindung von stationärem Handel und starkem Onlinegeschäft, die hohe Kundenbindung und die erstklassigen Innenstadtlagen machen das Unternehmen einzigartig.

Der fehlende Abschluss eines Verkaufs nach mehr als einem Jahr zeigt jedoch, dass selbst ein Premium-Leuchtturm nicht automatisch einen Käufer findet. Hohe Preisvorstellungen, die Komplexität der integrierten Struktur und das anspruchsvolle Marktumfeld bremsen den Prozess.

Damit Breuninger seine Erfolgsgeschichte fortschreiben kann, braucht es einen Käufer mit langfristigem strategischem Interesse, der die Premiumpositionierung stärkt, das Wachstum forciert und gleichzeitig die Identität der Marke bewahrt. Ein solcher Schritt wäre nicht nur ein Gewinn für das Unternehmen selbst, sondern auch ein Signal, dass an die Zukunft des stationären Premiumhandels in Deutschland geglaubt wird.


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