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Bezahlbarer Luxus, Rebranding und eine “gute Playlist”: So will Emerson Renaldi neue und alte Kund:innen abholen

Von Ole Spötter

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Business|Interview
Womenswear bei Emerson Renaldi in Nürnberg Bild: Emerson Renaldi

Niloy Rahman ist Store Director bei Emerson Renaldi. Er ist vor einem halben Jahr zum von der Familie Pfeiff geführten Unternehmen zurückgekehrt, um als erster Externer die Store-Leitung zu übernehmen. Außerdem verantwortet er mit Jacopo De Manzolini, dem Ehemann der Inhaberin Olivia Pfeiff, den Einkauf für die Menswear. Pfeiff, die in zweiter Generation das Familienunternehmen führt, ist für den Einkauf der Womenswear zuständig.

Im Interview verrät Rahman, wie das Rebranding des 1979 gegründeten Nürnberger Modehändlers von der Stammkundschaft und neuen Kund:innen angenommen wird, welche Trends die Menswear bestimmen und welche angesagten Marken neu im Sortiment sind.

Etwa ein halbes Jahr sind Sie nun wieder bei Emerson Renaldi tätig. Wie war die Rückkehr?

Die Rückkehr war aufgrund dessen gut, weil ich ja schon zuvor sieben Jahre bei Emerson Renaldi tätig war und ich mich mit dem Unternehmen deshalb bereits verbunden gefühlt habe. Aber auch Emerson Renaldi hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt, neue Strukturen etabliert und auch das Team ist gewachsen. Gerade beim Thema Multi-Channel-Digitalisierung haben wir einen großen Schritt gemacht.

Wir sind ein sehr persönliches und familiengeführtes Haus, weswegen wir besonders zu unseren Stammkund:innen eine enge Beziehung unterhalten. Wir sind ein Event-orientiertes Haus und das Thema ist im stationären Handel extrem wichtig, um unsere Kundschaft vor Ort zu catchen, weil das Angebot und die Optionen mittlerweile so groß sind, dass man die letzten 20 Prozent mehr machen muss, um die Kundschaft fest zu binden. Dafür haben wir auch tolle Lieferant:innen, die Teil von unseren regelmäßigen Events sind und mit uns neue Wege des stationären Handels und der Zusammenarbeit ergründen wollen.

Niloy Rahman vorm Emerson Renaldi Store in Nürnberg Bild: Emerson Renaldi

Was bieten Sie Ihrer Kundschaft bei den Events?

In dieser Weihnachtszeit hatten wir unsere ‘Christmas Saturdays’, wo wir unter anderem eine extra angefertigte Glühbar hatten. Aber auch sonst versuchen wir, mit Events unsere Sichtbarkeit nach außen in unserer Stadt zu stärken und kreieren für unsere Kund:innen tolle Momente. So hatte Dolce & Gabbana seinen ersten deutschen Pop-up bei uns auf der Fläche. Diese Art von Veranstaltungen und Momenten verfolgen wir natürlich auch in diesem Jahr.

Außerdem sind wir mit unserem Instagram-Account per Live-Video jeden Freitag aktiv. Ich persönlich stelle wöchentlich meine ‘Essentials’ vor, um den Menswear-Bereich noch nahbarer und greifbarer darzustellen. Auch dabei zielen wir auf eine persönliche Bindung zu unseren Kund:innen im physischen und im Onlinestore ab.

Sie sind als erster externer Store Director in das Unternehmen der Familie Pfeiff gekommen. Wie läuft die Zusammenarbeit?

Aufgrund dessen, dass ich ja schon vorher im Unternehmen war und wir schon eine sehr enge und gute Beziehung hatten, ist es sehr familiär. Ich fühle mich sehr wohl und bin sehr dankbar für das entgegengebrachte Vertrauen. Es geht in die richtige Richtung.

Für uns ist es natürlich auch ein Learning, weil wir damit die Struktur neu aufbauen – eine Herausforderung für ein Familienunternehme. Langfristig streben wir nach einer durchdachten und soliden Unternehmensorganisation, ohne dass der familiäre Vibe vernachlässigt wird.

Nürnberg haben Sie während der ganzen Zeit nicht verlassen. Was bietet der Standort?

Nürnberg hat ein großes Potenzial, was Mode und Frequenz betrifft, ein riesiges Einzugsgebiet, mit wichtigen Headquarters – wie Adidas, Puma, Schaeffler und Siemens – und darüber hinaus haben wir sehr erfolgreiche regionale mittelständige Unternehmer:innen, daraus möchten wir natürlich schöpfen.

Wie verläuft das Rebranding, das mit Ihrer Berufung vorangetrieben wurde?

2023 haben wir viel in Umbau und Rebranding investiert, was sich sowohl nach außen als auch innen widerspiegelt. Neben Faktoren wie Unternehmenspositionierung, Image und digitale Zielgruppenansprache durch eine jüngere Optik, ist für mich als Storemanager, natürlich vor allem der stationäre Laden relevant und wie sich die Umgestaltung hier auswirkt.

Es war gerade für die Stammkund:innen erstmal eine Umstellung, aber natürlich auch für uns persönlich, dass sich das Branding mit neuem Logo, Tüten und Interieur geändert hat. Alle, die uns nun besuchen und schon mal vor Ort waren, erkennen den Store nicht wieder – internationales Flair mitten in Nürnberg. Es ist der ‘Place to Be’ für unsere Kund:innen. Sie wissen es sehr zu schätzen, dass wir für sie so einen Wohlfühlort geschaffen haben und kommen auch einfach mal zum Schnacken auf ein Gläschen oder Espresso vorbei.

Für die, die den Store vorher nicht gesehen haben: Was hat sich genau verändert?

Wir haben das komplette Branding neu aufgelegt. Das Interieur ist minimalistischer, industrial, zeitlos, sehr modern. Wir haben einfach alles vom Außenbranding des Stores über die Tüten bis zur Playlist, die im Laden läuft, komplett neu aufgelegt. Und es ist nicht immer einfach, eine gute Playlist zu finden. Damit wird ja schon der erste Eindruck bei den Kund:innen geschaffen. Sie kommen rein und hören coole Musik – das sind die Kleinigkeiten, die wir perfektionieren wollen. Die Gastgeber Rolle ist für mich persönlich ein sehr wichtiger Faktor. Auch das möchten wir neu definieren und auf ein anderes Level bringen.

Bürofläche bei Emerson Renaldi Bild: Emerson Renaldi

Wir haben aber nicht nur in unseren Store investiert, sondern auch in neue Büroräumlichkeiten. Dafür wurden wir sogar mit einem Designpreis ausgezeichnet. Es ist nicht nur eine Investition für unsere Kund:innen, sondern auch für unsere Mitarbeitenden, die dadurch hervorragende Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz haben.

Wollen Sie mit der Neuausrichtung auch eine neue, jüngere Zielgruppe erreichen? Wenn ja, wie wollen Sie es erreichen, Ihre Stammkundschaft zu behalten und neue Kund:innen zu gewinnen?

Es ist auf jeden Fall ein Spagat. Unsere treuen Stammkund:innen werden treu bleiben, da wir uns tagtäglich bemühen, diese Pflege beizubehalten. Aber klar gibt es eine Zielgruppe, die wir nicht verpassen und gerne abholen möchten.

Da versuchen wir natürlich auch mit Brands diesen bezahlbaren Luxus mit Nischenprodukten und Accessoires zu bieten. Es soll einfach jede:r Kund:in, die bei uns in den Laden kommt, etwas kaufen können. Klar sind wir ein luxuriöses Haus, aber dennoch möchten wir diese Hemmschwelle beiseite legen und möchten auch wirklich coole, moderne Leute bei uns haben, die auch einfach mal eine Kerze oder ein Buch mitnehmen. Sie sollen die gute Stimmung im Laden erleben und dann bleibt es vielleicht beim nächsten Mal auch nicht nur bei der Kerze.

Spielen denn auch junge Talente in Ihrem Sortiment eine Rolle?

Auf der Fläche versuchen wir natürlich immer das Beste vom Besten zu präsentieren. Wir sind ein Haus, das gerne probiert und testet. Dennoch haben wir nicht die Kapazitäten, wie die anderen großen Department Stores, so viele Tests durchzuführen.

Mit Gucci – seit dieser Saison wieder im Sortiment – sowie Prada und Miu Miu ab Herbst/Winter 24 sind es bei den neuen Marken eher die großen Budgets, die über einen solchen Test hinausgehen. Da liegt dann auch der absolute Fokus bei uns.

Welche anderen Marken laufen gerade gut bei Ihnen?

Ich persönlich bin aber auch Fan vom bezahlbaren Luxus. Dazu zählen Marken wie Jacquemus, Acne, Anine Bing und Diesel, die wir auch gut verkaufen und deren Nachfrage sehr groß ist. Die Kundschaft, die sich für diese Brands interessiert, ist eine sehr modebewusste Zielgruppe, die gut informiert ist. Ich hatte sehr tolle Gespräche im Store und habe dadurch coole Leute kennengelernt.

Bild: Emerson Renaldi

Welche Marke bringt Sie noch zum Jubeln?

Ich habe große Sympathie für CP Company. Die Marke taucht echt jeden Tag bei auf Social Media auf und hat sich zu meinem Geheimfavorit für den nächsten Winter entwickelt. Sehr traditionell und zeitlos gehalten mit tollen Signature-Pieces.

Das geht natürlich auch gut mit dem Gorpcore-Trend einher. Welche anderen Trends sehen Sie in der Menswear?

Es geht mehr in die Richtung ‘back to basic’. Das Thema Knitwear wird von Saison zu Saison relevanter, durch alle Zielgruppen hindurch – auch wieder für HW24. Der modebewusste Mann möchte angezogener sein. Er braucht ein Produkt, mit dem er tagsüber unterwegs sein kann, aber auch zum Dinner gehen kann – einfach diese Mischung aus hochwertig und unkompliziert.

Der Kunde will auch noch etwas mehr in die klassische Richtung gehen und sich dennoch dabei komfortabel fühlen. Gerade nachdem die Komfortabilität während Corona so wichtig war. Jetzt wird wieder häufiger nach Loafer-Modellen oder einer coolen Anzughose gefragt. Es wird formeller, aber behält diese Fashion-Touch bei, wo es halt kein dreiteiliger Anzug, sondern eine schicke Hose mit einem Strick-Oberteil ist.

Welche Stücke laufen aktuell gut bei Ihnen?

Der Performance-Strick läuft wirklich gut. Ansonsten natürlich jetzt die Stücke von Gucci. Sobald die da sind, sind sie schon verkauft. Da wir auch Bilder an unsere Kund:innen verschicken, schaffen es manche Produkte nicht mal auf die Fläche.

Gucci ist einfach die kommerziellste Luxusbrand, wo Kund:innen bereit sind, auch mehr Geld auszugeben. Da muss man selten – wie bei einem Strick-Piece von anderen hochklassigen Nischen-Brands – argumentieren und den Preis erklären.

Bild: Emerson Renaldi

Sind für Ihre Kund:innen also weiterhin eine bekannte Markenidentität, wie es auch beim Logomania-Trend zu sehen war, wichtig?

Logomania geht schon etwas mehr zurück, aber dennoch verkaufen wir dann wieder All-Over-Prints mit Gucci- und Balenciaga-Logos. Dadurch, dass Tourist:innen, Messebesuchende sowie unsere lokale Kundschaft zu uns kommt, lassen sich solche Trends für uns schwer definieren. Außerdem gehen wir durch unser sehr diverses Sortiment gerne individuell auf die Ansprüche der Kundschaft ein.

Insgesamt scheinen Kund:innen nachhaltiger und nicht mehr kurzfristig zu kaufen. Es war lange so, dass sie jedes Wochenende ein neues T-Shirt fürs Weggehen brauchten. Mittlerweile überlegen sie, ob es etwas ist, dass sie an einem anderen Tag nochmal tragen oder es weitergeben können.

Wie starten Sie in die neue Menswear-Ordersaison?

Wir machen sehr viel digital, weshalb bei uns Anfang des Jahres gar nicht mehr so viel ansteht mit Reisen. Durch die digitalen Termine sparen wir auch einiges an Kosten. Da wir einen globalen Onlineshop bespielen, viele Messebesuchende und Tourist:innen hier vor Ort haben, aber dennoch unsere Stammkundschaft abholen möchten, ist es strategisch immer eine positive Herausforderung für uns.

Oft sitzt man im Showroom und denkt sofort gezielt an einige Stammkund:innen. Das ist völlig normal und macht sich spätestens in der Einteilung bemerkbar.

Welche Herausforderungen nehmen Sie aktuell wahr?

Ich gehe eher von der Ist-Situation aus und blicke in Richtung Zukunft. Die aktuelle Lage und was in der Welt passiert, ist nicht einfach. Auch das Thema Krieg beschäftigt uns, die Branche und die Konsument:innen weiter. Menschen priorisieren es gerade nicht unbedingt, in die Stadt zu gehen und sich einen schönen Shopping-Tag zu machen. Das ist natürlich irgendwo eine Kettenreaktion für jede Branche. Ich hoffe einfach, dass es im neuen Jahr in die richtige Richtung geht, wir uns wieder aufs Tagesgeschäft fokussieren können und nicht mehr so viel schauen müssen, was rechts und links passiert. Alles soll einfach etwas positiver werden.

Dennoch ist das Preis-Thema mit den hohen Produktionskosten weiterhin aktuell. Diese Veränderungen gegenüber den Kund:innen zu argumentieren, ist eine Herausforderung und wird nicht von allen verstanden.

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