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Bericht zum Existenzlohn zeigt „begrenzte Fortschritte“ bei Bekleidungs- und Schuhunternehmen

Von Simone Preuss

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Arbeiterin in der Textilfabrik 'Evolution' in Vietnam Credits: Dawn Denim

Der Jahresbericht 2023-2024 der Platform Living Wage Financials (PLWF) hat die Fortschritte bei Existenzlöhnen und -einkommen im Bekleidungs- und Schuhsektor untersucht. Dreiunddreißig Unternehmen wurden bewertet, darunter Adidas, Asics, Esprit, Fast Retailing, H&M, Hugo Boss, Inditex, Kering, LVMH, Marks & Spencer, Nike, Primark, Puma und Zalando.

Das Ergebnis zeigte, dass sich zwar viele Marken in diesem Sektor zu Multi-Stakeholder-Initiativen verpflichtet haben, die sich mit Existenzlöhnen befassen, es jedoch weiterhin nur begrenzte Belege für die tatsächliche Umsetzung gibt. Angesichts der verbleibenden fünf Jahre bis zum Fristablauf der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) 2030 betont der Bericht die Dringlichkeit für Unternehmen, über politische Verpflichtungen hinauszugehen und messbare Maßnahmen zu ergreifen.

Bekleidungs- und Schuhsektor: Politik ohne Wirkung

Auf der Fortschrittsseite stellte der Bericht fest, dass fast drei Viertel der bewerteten Unternehmen die Namen und Standorte ihrer Tier-1-Lieferbetriebe offenlegten, was auf Fortschritte bei der Transparenz in der Lieferkette hindeutet. Sie sollten jedoch auch damit beginnen, ihre Lieferkette über Tier-1-Lieferbetriebe hinaus abzubilden und offenzulegen.

Ähnlich verhält es sich mit der Tatsache, dass mehr als 80 Prozent der Unternehmen Nachweise für eine verantwortungsvolle Einkaufspolitik erbracht haben und ein Drittel davon gute Beispiele für die Umsetzung lieferte. Sie werden jedoch konkret erläutert müssen, wie verantwortungsvolle Einkaufspraktiken in die Praxis umgesetzt wurden.

„Ihre Kleidung sollte mehr kosten als Ihr Kaffee." Poster auf der Made in Bangladesh Week. Foto: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Die meisten Marken beteiligen sich auch aktiv an Multi-Stakeholder-Initiativen wie ACT und der Fair Wear Foundation, die darauf abzielen, Existenzlöhne zu fördern. „Allerdings haben nur wenige Unternehmen messbare Auswirkungen nachgewiesen. Während beispielsweise verantwortungsvolle Einkaufsrichtlinien immer häufiger vorkommen, gibt es nur begrenzte Informationen darüber, ob diese Bemühungen zu sinnvollen Lohnerhöhungen für die Arbeitnehmenden geführt haben“, heißt es im Bericht. Daher fordert PLWF mehr Transparenz in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Lieferbetrieben und Arbeitnehmer:innen in Bezug auf Existenzlöhne über Multi-Stakeholder-Initiativen hinaus, um die Auswirkungen gemeinsamer Maßnahmen zu demonstrieren.

Obwohl einige Fortschritte bei den Sanierungsbemühungen erzielt wurden, bleibt dies laut Bericht ein „Kernbereich“ für Verbesserungen in Bezug auf die Offenlegung. Darüber hinaus sind Nachweise erforderlich, dass Beschwerden überwacht werden, und Beschwerdekategorien offengelegt werden müssen.

Es gibt auch nur begrenzte Hinweise auf Bemühungen, die Wirksamkeit von Strategien für Existenzlöhne zu verfolgen. Hier empfiehlt der Bericht, die qualitativen und quantitativen Indikatoren offenzulegen, die zur Bewertung der Schließung von Existenzlohnlücken verwendet werden.

Nicht zuletzt müssen Unternehmen auch daran arbeiten, ihre Politik in Bezug auf Existenzlöhne und ihre öffentlichen Verpflichtungen zur Erfüllung internationaler Standards für Existenzlöhne und einschlägiger Berichtsvorschriften zu festigen, da kleine Lücken zwischen der Unternehmenspolitik und den Verpflichtungen in Bezug auf Existenzlöhne und den jüngsten Aktualisierungen globaler Standards wie der ILO-Definition des Existenzlohns, der EU-CSDDD, der EU-CSRD und der UN Global Compact Forward Faster Initiative festgestellt wurden.

„Wir sehen die Fortschritte bei den politischen Zusagen – wollen den Unternehmen aber helfen, transparenter über die tatsächlich gezahlten Löhne und die Standortdaten der Lieferkette zu berichten. Durch eine Änderung der PLWF-Methodik haben wir unsere Anforderungen in Bezug auf die tatsächlichen Auswirkungen konkretisiert. Dies ermöglicht es uns als Investor:innen zu bewerten, welche Unternehmen auf dem richtigen Weg sind, die Existenzlohnlücke zu schließen, und welche hinterherhinken. Ohne verlässliche Daten und gemeinsame Anstrengungen verschiedener Interessengruppen werden Millionen von Arbeitnehmer:innen weiterhin Armutslöhne verdienen“, kommentiert Petter Forslund, Engagement Manager bei AP2, in einer Pressemitteilung.

Unternehmensbewertung

In diesem Jahr stiegen die Unternehmensbewertungen am stärksten in den Bereichen Bewertung der Auswirkungen, Integration der Ergebnisse, Abhilfe und Transparenz der Bewertungsmethodik der Arbeitsgruppe, was auf eine Änderung der Kriterien zurückzuführen ist, die eine spezifischere, evidenzbasierte Bewertung ermöglicht, und teilweise auf verbesserte Bemühungen der Marken, verantwortungsvolle Einkaufspraktiken effektiv in ihre Beschaffungs- und Einkaufsfunktionen zu integrieren.

„Es liegt kein Wert oder Schönheit in den feinsten Kleidern, wenn sie Hunger und Unglück verursachen.“ Poster auf der Made in Bangladesh Week, Dhaka. Foto: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Insgesamt wurden die 33 Bekleidungs- und Schuhunternehmen basierend auf ihrer Bewertung in fünf Kategorien eingeteilt: Leading (Puma), Advanced (Adidas, H&M, Primark), Maturing (Asos, Fast Retailing, Gildan, Hanesbrands, Hugo Boss, Inditex, Marks & Spencer, PVH, Ralph Lauren, Lojas Renner), Devoloping (Asics, Burberry, Coats Group, Kering, Moncler, Next, Nike, Richemont, VF Corporation, Zalando) und Embryonic (Anta, Boohoo, Gap, LVMH, Prada, Shenzou, TJX).

„Während in diesem Jahr nur zwei Unternehmen (Marks & Spencer und Primark) in ihrer Kategorieplatzierung aufgestiegen sind, hat ein Drittel der bewerteten Unternehmen innerhalb ihrer bestehenden Gruppe Fortschritte erzielt, und fast zwei Drittel der bewerteten Unternehmen werden nun als Maturing oder höher eingestuft“, heißt es im Bericht.

Handlungsaufforderung

PLWF und seine Mitglieder fordern Unternehmen auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, indem sie zeitgebundene Ziele zur Schließung von Lohn- und Einkommenslücken festlegen, detaillierte Roadmaps veröffentlichen und regelmäßig über ihre Fortschritte berichten. Die Platform Living Wage Financials arbeitet auch mit verschiedenen Interessengruppen und Organisationen zusammen, um die Fortschritte bei den Existenzlöhnen weiter zu verbessern.

„Mit dem Inkrafttreten der Richtlinie zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit (CSDDD) werden Unternehmen bald gesetzlich verpflichtet sein, Menschenrechtsrisiken, einschließlich Existenzlöhne, in ihren Lieferketten anzugehen. Diese Gesetzgebung bietet die Gelegenheit, Unternehmen für ihre Auswirkungen auf Arbeitnehmer:innen und Gemeinschaften zur Rechenschaft zu ziehen“, sagt Maarten Busch, RI & Sustainability Manager bei VBDO.

Der vollständige PLWF Jahresbericht 2023-2024 kann von der Website (livingwage.nl) heruntergeladen werden.

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