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Bericht: Kann Kreislaufwirtschaft gute Arbeitsplätze schaffen?

Von Simone Preuss

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Recyclingcontainer für Kleidung bei den Circular Textile Days 2022. Bild: FashionUnited

Ein gemeinsam von der globalen Impact-Organisation Circle Economy, der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und Solutions for Youth Employment (S4YE) der Weltbank herausgebrachter Bericht geht der Frage nach, ob die Kreislaufwirtschaft gute Arbeitsplätze schaffen kann. Schätzungen zufolge könnten durch die verstärkte Wiederverwendung und Aufbereitung von Produkten und Materialien insgesamt 7 bis 8 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Während die Antwort auf diese Frage also „ja“ lautet, zeigt der Bericht „Decent Work in the Circular Economy: An Overview of the Existing Evidence Base“ Wissenslücken auf, die die Schaffung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten behindern könnten. Außerdem wurde eine starke Ausrichtung auf den Globalen Norden und ein großer Verbesserungsbedarf in Bezug auf die Qualität der Arbeit festgestellt.

Was ist eine Kreislaufwirtschaft?

Es gibt zwar (noch) keine einheitliche Definition dafür, was genau eine Kreislaufwirtschaft ist, aber die Ellen McArthur Foundation definiert sie als „einen Systemlösungsrahmen, der über die derzeitige Wirtschaft und ihren linearen Prozess der Entnahme von Materialien aus der Erde, der Herstellung von Produkten daraus und dem Wegwerfen als Abfall hinausgeht“.

Dazu ist ein Übergang zu erneuerbaren Energiequellen erforderlich, damit ein Kreislaufmodell auf drei Prinzipien beruhen kann: der Beseitigung von Abfällen und Verschmutzung, einem Kreislauf von Produkten und Materialien und der Regeneration der Natur. Die Verfolgung dieses Kreislaufmodells anstelle des derzeitigen linearen Modells würde eine neue Denkweise und damit eine neue Arbeitsweise und Jobs erfordern.

Was sind „grüne“ Arbeitsplätze?

Die ILO definiert „grüne Arbeitsplätze“ als solche, die „zum Erhalt oder zur Wiederherstellung der Umwelt beitragen, sei es in traditionellen Sektoren wie dem verarbeitenden Gewerbe und dem Baugewerbe oder in neuen, aufkommenden grünen Sektoren wie erneuerbaren Energien und Energieeffizienz“.

Grüne Arbeitsplätze zeichnen sich dadurch aus, dass sie zur Verbesserung der Energie- und Rohstoffeffizienz, zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen, zur Minimierung von Abfällen und Verschmutzung, zum Schutz und zur Wiederherstellung von Ökosystemen und zur Unterstützung der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels beitragen.

Ausrichtung auf globalen Nordens

Während die Kreislaufwirtschaft sowohl bei Unternehmen als auch bei politischen Entscheidungsträger:innen als Mittel zur Erreichung von Klimazielen immer beliebter wird, zeigt die Studie, dass die derzeitige Forschung zu Arbeitsplätzen in einer Kreislaufwirtschaft eine starke Ausrichtung auf den globalen Norden aufweist. „Sie geht nicht auf die Auswirkungen von Maßnahmen der Kreislaufwirtschaft auf Menschen in Ländern des globalen Südens, auf atypische Arbeitnehmer:innen, Frauen, Migrant:innen, Jugendliche und andere gefährdete Bevölkerungsgruppen ein“, so das Fazit.

Dem Bericht zufolge konzentrieren sich 84 Prozent der aktuellen Forschung auf Länder im Globalen Norden. Afrika südlich der Sahara, Osteuropa, der Nahe Osten und Nordafrika sind die am wenigsten vertretenen Regionen, obwohl die meisten Aktivitäten der Kreislaufwirtschaft im Globalen Süden angesiedelt sind.

Schlechte Arbeitsbedingungen im globalen Süden

Obwohl 73 Prozent der Arbeitnehmer:innen in Ländern mit niedrigem Einkommen in der informellen Wirtschaft beschäftigt sind, beziehen sich die meisten Untersuchungen auf formelle, regulierte Arbeit. Darüber hinaus konzentriert sich die bestehende Forschung unverhältnismäßig stark auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und weniger auf die Qualität der Arbeitsplätze, einschließlich Arbeitsbedingungen und Löhne. Derzeit gibt es nur eine Handvoll Studien, die untersuchen, ob und wie eine Kreislaufwirtschaft die Armut lindern und gefährdeten Gemeinschaften in einkommensschwachen Ländern zugute kommen könnte.

„Es ist nicht so sehr das Konzept der Kreislaufwirtschaft, das in diesen Volkswirtschaften eingeführt werden muss, sondern der Schwerpunkt liegt auf der Bekämpfung der schlecht bezahlten Arbeitsplätze im informellen Sektor mit gefährlichen Arbeitsbedingungen und der Belastung durch giftige Materialien, die mit Kreislaufaktivitäten wie Abfallmanagement, Recycling, Reparatur und Wiederverwendung verbunden sind“, erklärt S4YE-Programmmanagerin Namita Datta.

Soziale Dimensionen der Kreislaufwirtschaft angehen

Letztendlich fordert der neue Bericht eine gründlichere und umfassendere Forschung zu menschenwürdiger Arbeit und Kreislaufwirtschaft, die den Globalen Süden, informelle Arbeiter:innen und globale Wertschöpfungsketten in den Mittelpunkt rückt. Insbesondere müssen die Auswirkungen der Kreislaufwirtschaft auf Schlüsselakteur:innen und Randgruppen besser erforscht und ihre Einbeziehung in die Entwicklung und Umsetzung von Kreislaufmaßnahmen sichergestellt werden.

Es sollte zudem mehr lokalisierte, quantitative Studien auf Stadtebene zu den potenziellen Mängeln und Chancen von Maßnahmen der Kreislaufwirtschaft sowie eine Überprüfung und Anpassung der derzeitigen Modellierungsmethoden der Kreislaufwirtschaft geben. Es müssen auch global relevante Indikatoren für Beschäftigung und menschenwürdige Arbeit in der Kreislaufwirtschaft ermittelt und angepasst werden.

Die Autorinnen weisen auch auf die Notwendigkeit gemeinsamer Lobbyarbeit und Datenpartnerschaften hin, um Wissenslücken zu schließen und Verbindungen zu anderen wichtigen Themen wie Klimagerechtigkeit und die Stärkung der Rolle der Frau herzustellen.

„Es besteht kein Zweifel, dass eine Kreislaufwirtschaft uns helfen kann, unsere Klimaziele zu erreichen. Die Zusammenhänge zwischen Kreislaufwirtschaft und sozialem und wirtschaftlichem Fortschritt werden jedoch nach wie vor übersehen. Der Wandel hin zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft bietet bedeutende Chancen für die Arbeitswelt, wie die Schaffung neuer Arbeitsplätze und nachhaltiger Unternehmen“, schließt Alette van Leur, Direktorin der Abteilung für sektorale Programme der ILO.

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Kreislaufwirtschaft
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