Basics als Bestseller: Die ehrgeizige Expansion von Lager 157
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Die schwedische Modekette Lager 157 expandiert nach Deutschland. Der erste Store in Bremen soll aber nur das “Sprungbrett” für die weitere Expansion in Deutschland und Europa sein. Geschäftsführer Stefan Palm erklärt seine Expansionspläne und das Geschäftsmodell hinter dem Erfolg der Basic-Artikel von Lager 157.
Mit utilitaristischer Kleidung zu äußerst niedrigen Preisen für alle hat Lager 157 in der vergangenen Dekade Skandinavien erobert. In den Heimatländern von Marken wie H&M bis Filippa K zählt die Bekleidungskette insgesamt 81 Läden. Am 5. Dezember eröffnet die erste deutsche Filiale in Bremen und zeitgleich auch der deutsche Onlineshop.
Ihre Lage außerhalb des Stadtzentrums ist bewusst gewählt. Die Mieten sind dort günstiger, gerade für das standardisierte Storekonzept, das 2300 Quadratmeter in Bremen umfasst.
„Das Interesse ist bisher gut. Wir hoffen, dass wir in Deutschland sehr schnell unser Konzept erfolgreich unter Beweis stellen können, dann können wir das Land als unseren wichtigsten europäischen Expansionsmarkt weiter erschließen”, sagte Geschäftsführer und Gründer Stefan Palm in einem Interview. „Um in Europa erfolgreich zu sein, muss man in Deutschland erfolgreich sein. Das ist auch Teil unseres zukünftigen Ziels, eine globale Marke zu sein.“
Auf die Frage, wo und wie viele weitere Filialen in Deutschland noch eröffnen sollen, gibt der lapidare Schwede keine konkrete Antwort. Stattdessen macht er lieber eine Rechnung auf: Im schwedischen Heimatmarkt betreibt Lager 157 rund 50 Filialen bei 10 Millionen Einwohner:innen, der Marktanteil liegt bei etwa 1,5 bis 2 Prozent. Was wäre dieses Marktpotenzial auf ein Land mit 80 Millionen Menschen wie Deutschland übertragen?
Es begann mit Denim
In dieser groben Schätzung und Andeutung schwingt eine gesunde Portion Selbstbewusstsein bei dem sonst eher zurückhaltenden Modeveteran mit. Sein Geschäftsmodell mit erschwinglichen Basics erwies sich schließlich als ausgesprochen erfolgreich über die vergangenen Jahre. Das 1999 gegründete Modeunternehmen beschäftigt mittlerweile 3000 Mitarbeitende und erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Gewinn von mehr als 27 Millionen Euro bei einem Umsatz von 235 Millionen Euro.
Das jetzige Konzept entstand anfänglich als Nebenprodukt. Stefan Palm arbeitete in den neunziger Jahren als Einkäufer für den skandinavischen Denim-Händler JC, bei der er mit Marken wie Levi’s, Diesel oder Lee in Kontakt stand. Lager 157 gründete er 1999 in dem schwedischen Dorf Gällstad, anfänglich um Restposten von Denim-Marken zu verkaufen. Die eigenen Produkte führten sie anfangs ein, um die Nachfrage nach Basics zu decken, die sie sahen. Aber mit der Zeit wurde die Eigenmarke immer wichtiger.
Lager 157 auf einen Blick
- Gründung: 1999 im schwedischen Gällstad
- E-Commerce: seit 2010
- Eigenmarke: seit 2014 Fokus auf eigene Produkte
- Expansion: 2019 Markteintritt in Norwegen, 2020 in Finnland, 2022 in Dänemark, 2024 Deutschland
- Stores: 81 Stores, davon 54 in Schweden
- Mitarbeitende: 3000
- Produktion: hauptsächlich in China, Indien, Türkei und Bangladesch
- Umsatz:235 Millionen Euro 2023
- Gewinn: 27 Millionen Euro 2023
„Wir haben wirklich gutes Feedback von der Kundschaft bekommen. Alle sagten: Eure Produkte sind genauso gut wie die der Markenhersteller”, erzählt der Geschäftsführer. Schließlich konzentrierte sich Lager 157 ab 2014 nur noch auf seine Eigenmarke.
Seitdem folgten Jahre der Entwicklung, in denen das Geschäftsmodell, die Lieferkette und die Stores auf eine Grundidee ausgerichtet wurden.
Basics für alle
„Wir konzentrieren uns auf Artikel, die von vielen Kund:innen getragen werden. Anstatt die Mode immer schneller zu drehen, nutzen wir die Fakten und die Daten der Kundschaft, um zu sehen, welche Produkte am häufigsten nachgefragt werden”, erklärt Palm. „Uns geht es nicht um Geschwindigkeit oder Trends, sondern um Funktionalität und Zweckmäßigkeit mit einem modischen Touch.“
Im Laden und Onlineshop ist in der Tat von Trends keine Spur: Für Männer gibt es T-Shirts, Jacken oder Sweater, meist in schwarz, weiß oder navy – die Modelle sind schlicht und utilitaristisch, keine unnötigen Details oder Dekorationen. Klassische Kabelstrickpullis oder Karohemden lockern das Sortiment etwas auf. Die Artikel sind nicht altbacken in der Ausführung, aber definitiv Basics.
Menschen, die nicht an Mode interessiert sind, finden hier alles, was sie brauchen, fasst Palm zusammen. Die Modeinteressierten bekommen die Basics, die sie mit andere Kleidungsstücke aus ihrem Kleiderschrank kombinieren können.
Anti-Mode
„Wir haben – man kann es fast so nennen – eine Anti-Marke geschaffen. Wir wollten keine Dinge verkaufen, indem wir eine bestimmte Marke herausstellen, sondern wir wollten Grundausstattung verkaufen”, sagt Palm. „Artikel, die ein essentieller Bestandteil der täglichen Garderobe sein können.”
Heute umfasst das Sortiment etwa 600 bis 630 Artikel, 60 Prozent davon sind Artikel, die stets verfügbar sind. Die restlichen 40 Prozent sind saisonal ausgerichtet, aber selbst davon bleibt etwa die Hälfte länger als zwölf Monate im Sortiment.
Diese auf Bedarf und Funktionalität ausgerichtete Grund-Kollektion erlaubt es Lager 157 auch seine Preise so günstig zu halten. Ein Set aus Skijacke und Hose kostet im Angebot gerade mal 52 Euro, ein Paar Jeans sind zwischen 17 und 35 Euro erhältlich.
„Wir wollen nie die Trendigsten sein, wir wollen die Besten sein, basierend auf dem Preis-Leistungs-Verhältnis, und Kleidungsstücke anbieten, die man viele Male tragen kann und die im Alltag einen Mehrwert bieten.“
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Schlicht und schlank
Die Kombination aus bewährten Basics zu günstigen Preisen scheint bei den Kund:innen so gut anzukommen, dass Lager 157 selbst ohne Werbung über die vergangenen Jahre expandieren konnte.
„Das beste Marketing, das authentischste und wertvollste Marketing ist, wenn Kund:innen anderen raten, dass sie dieses Produkt ausprobieren sollten. Ohne zufriedene Kund:innen wären wir nicht so stark gewachsen”, erzählt Palm.
Das Vertrauen auf die Mundpropaganda gehört zum Geschäftsmodell, denn so können die Produktpreise niedrig gehalten werden. Die schlanke und schlichte Kollektion bringt noch weitere Kosteneinsparungen. Wenn Kleidung nicht aus der Mode kommt, kann sie auch im Laden bleiben, bis sie verkauft wird. Bis jetzt habe Lager 157 immer alles verkaufen können, versichert Palm.
„Die größten Kosten in der Modebranche sind Rabatte und die Notwendigkeit, Waren aus dem Sortiment zu nehmen, ohne sie verkauft zu haben. Bei uns gibt es keinen Ausschuss, weil wir uns um alles kümmern und nichts verschwenden. Das ist ein großer Unterschied zu fast allen Fast-Fashion-Unternehmen.”
Das beständige Sortiment spart auch Kosten in der Kollektionsentwicklung und erlaubt eine langfristige, effiziente Lieferkette. Man könne den Ansatz ein wenig mit Ikea vergleichen, sagt Palm. Lager 157 bezieht den großen Teil seiner Artikel von langjährigen Zulieferunternehmen aus Indien, Bangladesch, der Türkei und China.
Standardisierter Store
Der Fokus auf Effizienz und Essenz spiegelt sich auch im Store-Design wider. Das derzeitige Ladenkonzept wurde 1998 entwickelt, mit Möbeln, Verkaufsmaterial und allem, was dazugehört – ein Jahr bevor Lager 157 gegründet wurde.
„Seitdem haben wir es nicht mehr verändert. Wir konzentrieren uns darauf, auf unsere Weise effizient, langfristig orientiert und nachhaltig zu sein”, sagt Palm.
Das standardisierte Ladenkonzept von Lager 157 erfordert eine Fläche zwischen 2000 bis 2400 Quadratmetern, um das Sortiment auch mit einem “ordentlichen Volumen” anbieten zu können.
„Wir wollen der Laden sein, in dem du immer das bekommst, was du für den Tag brauchst. T-Shirts, Kapuzenpullis, Jeans, Unterwäsche, all diese Produkte werden der Kundschaft übersichtlich und in großen Mengen angeboten”, erklärt Palm. „Es ist ein extrem funktionales Layout. Wir präsentieren und verkaufen keine Modetrends. Wir verkaufen Kleidungsstücke und Mode als Rohmaterial.“
Die stationären Stores bringen 80 Prozent des Umsatzes, der Rest kommt aus dem Onlineshop. Für seinen ersten Store in Deutschland will Lager 157 seine bereits existierende Infrastruktur in Dänemark nutzen und suchte daher in Norddeutschland nach Fläche.
“Probe aufs Exempel”
„Wir bekamen eine gute Gelegenheit in Bremen. Wir mögen mittelgroße Städte, wir haben die Tendenz, dort gut abzuschneiden”, sagt Palm. Er vermutet, dass der Bremer Store künftig die größte Denim-Abteilung der Hansestadt haben wird. Auch heute ist Denim ein strategisch wichtiges Produkt für Lager 157 und macht fast 20 Prozent des Sortiments aus.
Wenn der Store als “Probe aufs Exempel” gut abschneidet, will Lager 157 weiter in Deutschland expandieren. Aber auch andere europäische Länder wie die Niederlande, Belgien, Polen und das Vereinigte Königreich hat die schwedische Modekette bereits ins Auge gefasst.
Ob sich der Geschäftsführer Sorgen um die Expansion angesichts der derzeitigen Konjunkturaussichten und des zurückhaltenden Konsums mache?„In meinen 35 Jahren in der Modebranche habe ich gelernt, dass es stets einen günstigen Zeitpunkt gibt, wenn man relevant ist”, entgegnet Palm. „Natürlich gibt es auch Herausforderungen, wenn der Markt nicht so dynamisch ist, aber wenn der Markt rückläufig ist, gibt es auch Chancen, wie zum Beispiel gute Angebote für Ladenflächen.“