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Aufgedeckt: Inditex und H&M sollen Baumwolle aus illegaler Abholzung in Brasilien beziehen

Von Regina Henkel

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Abholzung zwischen BA und Sudotex, Correntina Bahia Brasilien, Juni 2023 Credits: Earthsight

Die britische NGO Earthsight wirft den beiden größten europäischen Modehändlern H&M und Inditex vor, „schmutzige“ Baumwolle aus Brasilien zu beziehen. Diese Baumwolle stamme von Zulieferern, die für illegale Abholzung, Landraub, Korruption und Gewalt auf den Baumwollplantagen verantwortlich seien. Besonders brisant: Diese Baumwolle sei allesamt mit dem Better Cotton Label der Better Cotton Initiative (BCI) zertifiziert gewesen, das für nachhaltige Anbaumethoden und soziale Standards steht. Der Bericht mit dem Titel "Crimes of Fashion: European Fashion Giants connected to Dirty Cotton in Brazil" (Modeverbrechen: Europäische Modegiganten stehen mit schmutziger Baumwolle aus Brasilien in Verbindung) wurde gestern weltweit veröffentlicht.

Investigative Untersuchung von Baumwollplantagen in Brasilien

Über ein Jahr lang sammelte und analysierte Earthsight Satellitenbilder, Gerichtsurteile und Versanddokumente, führte verdeckte Ermittlungen vor Ort und auf Handelsmessen durch und verfolgte die Lieferkette von insgesamt 816.000 Tonnen Baumwolle von zwei der größten Agrarunternehmen Brasiliens - SLC Agrícola und Horita Group - zu acht asiatischen Produktionsbetrieben und schließlich zu den Modemarken. Earthsight nennt die Plantagen in dem Bericht „einige der berüchtigtsten Plantagen in Brasilien“. Sie befinden sich „im Besitz einiger der reichsten Familien Brasiliens und gehören zu den größten Baumwollproduzenten des Landes. Sie haben eine lange Reihe von gerichtlichen Verfügungen, Korruptionsurteilen und Geldstrafen in Millionenhöhe im Zusammenhang mit der Rodung von rund 100.000 Hektar Cerrado-Wildnis hinter sich. Zu den ausländischen Investoren gehört Crispin Odey, einer der größten Geldgeber der Brexit-Kampagne“, so die NGO.

Baumwollanbau in Brasilien wächst rasant – dafür braucht es immer mehr Fläche

Die Cerrado Wildnis, wo sich die Plantagen befinden, erstreckt sich mit ihren Hochebenen und Tälern über ein Viertel Brasiliens und sei besonders artenreich. Sie beherberge fünf Prozent aller weltweit vorkommenden Tierarten. Auch die traditionellen Gemeinschaften in der Region werden zurückgedrängt. „Eine ruinöse Mischung aus Korruption, Gier, Gewalt (ES-Filmmaterial) und Straflosigkeit hat zu einem eklatanten Diebstahl von öffentlichem Land und zur Enteignung der lokalen Gemeinschaften geführt“, heißt es weiter. Inzwischen sei jedoch mehr als die Hälfte des ursprünglichen Gebiets für die großflächige Landwirtschaft gerodet worden. Vor allem im letzten Jahr habe die Rodung massiv zugenommen, die NGO spricht von einem Anstieg um 43 Prozent. Entsprechend habe Brasilien die Baumwollproduktion in den letzten Jahrzehnten massiv gesteigert, und zwar fast ausschließlich im Cerrado. Bald könnte Brasilien die USA als weltgrößter Baumwollexporteur überholen.

SLC Farm in Bahia, Brasilien, Juni 2023 Credits: Earthsight

Plantagen sind BCI-zertifiziert

Dieses Vorgehen ist nicht nur in Brasilien illegal, vor allem verstößt es auch gegen die Standards der Better Cotton Initiative (BCI), die diese Plantagen zertifiziert hat. Brasilien ist ein wichtiges Better Cotton Land: Fast die Hälfte aller BC-Baumwolle komme aus Brasilien, mehr als aus jedem anderen Land, schreibt die NGO.

Wie BCI in einer Stellungnahme an Earthsight schreibt, agiert BCI in Brasilien aber nicht direkt, sondern über den „strategischen Partner ABRAPA“, der das ABR-Standardsystem entwickelt hat, und das von BCI als gleichwertig anerkannt wird. Laut der brasilianischen Organisation konnten bei erneuten Untersuchungen der beschuldigten Unternehmen jedoch keine Verstöße festgestellt werden. Die BCI will daraufhin eigene Untersuchungen anstellen. „Wenn es Beweise dafür gibt, dass die Farmen die Anforderungen des Better Cotton Standard nicht erfüllen, werden ihre Lizenzen widerrufen, und sie kommen für eine Lizenzierung erst dann in Frage, wenn ein Plan für Abhilfemaßnahmen vorliegt und alle Bedenken ausreichend ausgeräumt wurden“, schrieb BCI an Earthsight.

Modehändler und BCI wollen Standard prüfen

Auch die beschuldigten Modemarken haben sich zu den Vorwürfen geäußert, und verweisen darauf, dass man sich auf die Glaubwürdigkeit der BCI verlassen habe. „Die Ergebnisse des Earthsight-Berichts sind sehr besorgniserregend und wir nehmen sie sehr ernst“, schreibt zum Beispiel H&M. „Natürlich kann es auch trotz der besten Bemühungen der Standardgeber zu Verstößen kommen. Daher ist es wichtig, dass die von uns ausgewählten Standards und Zertifizierungen über glaubwürdige Beschwerdemechanismen und Verfahren für das Management von Vorfällen verfügen, die Abhilfe schaffen.“ Beide Unternehmen und BCI bekräftigen zudem, dass sie an der Verbesserung der Standards arbeiten werden.

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