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Wie die Bread & Butter sich selbst demontiert

Von FashionUnited

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Mode-Nachrichten

Was viele Neider und Konkurrenten in den vergangenen Jahren nicht geschafft haben, erledigt Deutschlands Vorzeige-Modemesse und selbsternanntes Flaggschiff der Berliner Modewoche nun selbst: sie macht sich durch eine unzuverlässige, wankelmütige Politik zum Spielball

der Launen ihres eigenwilligen Chefs Karl-Heinz Müller. Der hatte erst kürzlich entschieden, Berlin als einzigem Messestandort künftig den Rücken zu kehren und die Winterausgabe Bread & Butter (BBB) wieder zurück nach Barcelona zu verlegen.

Die Nachricht schlug in Berlin ein wie eine Bombe. Die Relevanz der Hauptstadt im internationalen Modegeschäft wurde wieder einmal heiß diskutiert, und erste Konkurrenz-Veranstaltungen wie die Capsule-Messe wollten Müllers Beispiel bereits folgen und ihren Winter-Termin in Berlin ebenfalls absagen. Berlin, das sich derzeit weltweit immer größerer Beliebtheit bei Touristen und Investoren erfreut, befürchtete bereits wieder einen Abstieg in die Bedeutungslosigkeit im so glanzvollen internationalen Modegeschäft.

Nun ruderte Karl-Heinz Müller jedoch wieder zurück und ließ in einem Interview mit der Fachzeitschrift „Sportswear International“ verlauten, mit der BBB doch nicht nach Barcelona gehen zu wollen. In einem Facebook-Eintrag am vergangenen Samstag bestätigten die Veranstalter dann offiziell, dass sie auch im Winter weiter in Berlin präsent sein wollen. Müller erklärte, dass „viele Diskussionen mit den Entscheidungsträgern unserer Branche“ ihm klargemacht hätten, „dass sie lieber am bewährten Format festhalten wollen.“ Die meisten Aussteller der Bread & Butter hätten den „gesunden und sicheren deutschen Markt“ im Visier. Daher werde man dem Willen der Branche folgen und auf dem vertrauten Gelände in Tempelhof bleiben. Müllers Ankündigung: „Die Bread & Butter wird parallel zu den anderen Fachmessen vom 19. bis 21. Januar 2015 stattfinden.“

Branche lehnt Müllers Entscheidung ab

Warum Müller jedoch überhaupt auf die Idee kam, mit seiner Leitmesse nach Spanien zu gehen, bleibt wohl sein Geheimnis. Schließlich wissen mittlerweile auch Branchenfremde, dass der spanische Modemarkt derzeit so gut funktioniert wie der Berliner Großflughafen BER, nämlich so gut wie gar nicht. Die Absatzzahlen sind im Zuge der Wirtschaftskrise in Spanien komplett eingebrochen, und gerade in der jüngeren Zielgruppe, die von den Ausstellern der BBB ins Visier genommen werden, herrscht in Spanien eine Arbeitslosenquote von über 50 Prozent.

Der deutsche Markt hingegen prosperiert derzeit wie noch nie: Aufgrund niedriger Zinsen sind die Deutschen - und dabei vor allem die jungen - kaum mehr am Sparen interessiert, sondern geben ihr Geld gerne aus, auch und vor allem In Modegeschäften. Deshalb machen sich seit geraumer Zeit fast alle internationalen Textilanbieter daran, ihre Präsenz in Deutschland massiv zu verstärken. Noch nie wurden auf dem Bundesgebet so viele Flagship- und Megastores großer Marken eröffnet wie zurzeit. Deutschland ist mittlerweile so sehr in den Fokus der Unternehmen gerückt, dass es oftmals bereits an erster Stelle internationaler Expansionsbemühungen steht.

In dieser Situation auf die Idee zu kommen, die wichtigste Modeplattform des Landes in einen wirtschaftlichen Krisenstaat wie Spanien zu verlegen, scheint daher nicht nur fragwürdig sondern geradezu absurd. Nicht so für Karl-Heinz Müller. Der lässt sich nämlich weniger von ökonomischer Weitsicht sondern eher von persönlichen Eitelkeiten leiten und bewies schon immer einen Hang zu Entscheidungen, die außer ihm kaum jemand nachvollziehen kann. Müllers Aussagen, die er nach der letzten BBB im Berliner „Tagesspiegel“ getroffen hatte, stieß daher nicht nur in Berlin auf Unverständnis. „Die Anziehungskraft Berlins“, so behauptete er, habe „für den internationalen Besucher erheblich nachgelassen“. Das sahen seine Aussteller und Kunden jedoch anders. Für sie ist eine nachhaltige Präsenz auf dem deutschen Markt existentiell.

Gestärkt hat Müller mit seiner neuesten Eskapade daher vor allem seine Konkurrenz. Kunden schätzen schließlich die Verlässlichkeit und können mit Müllers bizarren Entscheidungen, die oftmals wirken als seien sie nur getroffen worden, um damit in die Schlagzeilen zu kommen, wenig anfangen. Bleibt zu hoffen, dass Müllers neuester Fauxpas der letzte war. Ansonsten dürfte die Messe binnen kurzer Zeit vom Modezirkus zum Kuriositätenkabinett verkommen.

Foto: Bread & Butter


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