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Jahresrückblick 2015 – Teil 1

Von Jan Schroder

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Mode

Es gab wahrlich schon bessere Jahre für die Modebranche als 2015 – allenthalben war von „Gegenwind“, von „schwierigen Rahmenbedingungen“ und „Herausforderungen“ zu hören. Politische und wirtschaftlich Krisen, volatile Währungen und neue Vorlieben der Kunden stellten viele Unternehmen vor schwierige Aufgaben. Hinzu kamen vielerorts Temperaturen, die so gar nicht zu den Jahreszeiten – und damit zum traditionellem Saisonrhythmus der Modebranche – passen wollten. Doch neben all den Gewinnwarnungen, Insolvenzen und enttäuschten Erwartungen gab es auch einige Erfolgsgeschichten, die zeigten, wie eine bessere Zukunft für die Branche aussehen könnte.

Januar: Aufatmen in Berlin – Modewoche funktioniert auch ohne Bread & Butter prächtig

Januar, Berlin, Bread & Butter – das gehörte in den vergangenen Jahren für viele Modeprofis untrennbar zusammen. Zur Fashion Week ging es in die Hauptstadt, schon das beeindruckende Spektakel, das die weltgrößte Messe für Jeans und Freizeitkleidung zuverlässig bot, war es wert – egal, wie viele Aufträge dort letztlich geschrieben wurden. Anfang 2015 war alles anders: Die Hauptstadt musste ohne ihre frühere Hauptattraktion auskommen. Schon in den vergangenen Saisons hatte die Messe mit Problemen zu kämpfen gehabt, monatelang war über die Zukunft spekuliert worden – und kurz vor Weihnachten mussten die Veranstalter Insolvenz anmelden.

Die Absage der Januar-Ausgabe war die Folge. Ein schwerer Verlust für die Modemetropole Berlin? Keineswegs. Kaum jemand vermisste Mitte Januar die Bread & Butter. Auch weil es hervorragend funktionierenden Ersatz gab: Die auf Menswear spezialisierte Seek trat endgültig aus dem Schatten der Muttermesse Premium und mauserte sich zur glänzend organisierten Großveranstaltung . Die Berliner Messelandschaft hat seither eine neue Attraktion.

Februar: Under Armour setzt Erfolgsstory fort

Zufrieden zurückschauen konnte man Anfang Februar in Baltimore: Dort hat der Sportartikelkonzern Under Armour seinen Sitz – und der konnte mit den Resultaten für das Geschäftsjahr 2014 das nächste Kapitel seiner erstaunlichen Erfolgsgeschichte präsentieren. Mehr als drei Milliarden Euro hatte das Unternehmen im abgelaufenen Jahr umgesetzt, satte 32 Prozent mehr als 2013. Der Nettogewinn wuchs um rund 28 Prozent, obwohl viel Geld in Wachstumsinitiativen investiert wurde. Einige Monate zuvor hatte Under Armour bereits einen prestigeträchtigen Erfolg gefeiert: In den USA war die Marke an Adidas vorbeigezogen und zum zweitgrößten Sportartikler hinter dem unumstrittenen Marktführer Nike aufgestiegen.

Und das Unternehmen verkündete auch gleich den nächsten zukunftsweisenden Schritt: Für 475 Millionen US-Dollar wurde die digitale Fitness-Plattform MyFitnessPal gekauft. Zuvor waren schon mehrere vergleichbare Start-Ups übernommen worden. So schuf Under Armour in kurzer Zeit die weltgrößte digitale Fitness-Community, die im Herbst bereit über mehr als 150 Millionen registrierte Nutzer verfügte. Auch im Laufe des Geschäftsjahres 2015 setzte sich der Höhenflug des Unternehmens fort – auch wenn die hohen Investitionen merklich auf das Ergebnis drückten.

März: Adidas hat Sorgen, Yoox und Net-A-Porter wollen fusionieren

Weit weniger glanzvoll sahen die Zahlen für 2014 aus, die der Under-Armour-Konkurrent Adidas Anfang März vorlegte. Der Umsatz wuchs um magere zwei Prozent auf 14,5 Milliarden Euro, der Nettogewinn schrumpfte sogar um 32 Prozent auf 568 Millionen Euro. Obwohl das Geschäft mit Fußballprodukten im Umfeld der WM 2014 boomte, verfehlte der Konzern damit insgesamt die eigenen Erwartungen deutlich. Von „großen Enttäuschungen“ sprach Vorstandschef Herbert Hainer – und meinte damit vor allem unerwartet schwache Zahlen im Golfsegment und Probleme im Russlandgeschäft.

Im Onlinehandel wurde indessen die Geburt eines Riesen angekündigt: die Fusion der beiden Mode-Versender Yoox und Net-A-Porter. Nach langen Verhandlungen einigten sich das Management von Yoox und der Schweizer Konzern Richemont, dem Net-A-Porter gehört, auf einen Zusammenschluss der beiden Unternehmen. Erklärtes Ziel ist es, eine starke Internet-Plattform für Luxusmode zu schaffen, die erfolgreichen Versendern wie Amazon die Stirn bieten kann. Im Oktober wurde die Fusion vollzogen – allerdings ohne Net-A-Porter-Gründerin Natalie Massenet . Die sollte eigentlich als Executive Chairman eine Schlüsselfunktion im Gemeinschaftsunternehmen bekommen, zog sich aber wenige Tage vor der Vereinigung zurück. Dem Vernehmen nach gab es Unstimmigkeiten mit Yoox-Chef Federico Marchetti, der wie geplant CEO der neu geschaffenen Yoox Net-A-Porter Group wurde.

April: deutscher Doppelsieg in Hyerès, Abercrombie & Fitch hält sich bedeckt

In Berlin feiert man den deutschen Designernachwuchs gerne und ausgiebig – im Ausland kommt davon zumeist wenig an. Aufhorchen ließ da im April eine Nachricht aus der südfranzösischen Kleinstadt Hyerès. Der Hauptpreis des dortigen Modefestivals, das als wichtigste internationale Plattform für Talente gilt, ging in diesem Jahr an die deutsche Designerin Annelie Schubert , eine Absolventin der Berliner Kunsthochschule Weißensee. Die wurde dann natürlich umgehend nach Berlin eingeladen – während der Mercedes-Benz Fashion Week im Juli durfte sie ihre Siegerkollektion auf dem Laufsteg präsentieren. Schubert war nicht die einzige deutsche Preisträgerin in Hyerès: Der vom Luxuslabel Chloé ausgelobte Spezialpreis ging an Anna Bornhold, die an der HfK Bremen studiert hatte.

Ein prägnantes Image ist unerlässlich für eine erfolgreiche Marke – wenn es den Kunden nicht mehr attraktiv erscheint, kann es aber auch zum Hemmschuh werden. So ging es dem Jugendmodespezialisten Abercrombie & Fitch: Mit plakativen Logos und einem teilweise bizarren Schönheitskult, der von halbnackten jugendlichen Models verkörpert wurde, war es lange erfolgreich gewesen – bevor sich die jungen Käufer sattgesehen hatten. Auf die mangelnde Nachfrage reagierte das Unternehmen mit einer radikalen Kehrtwende : Nackte Tatsachen und große Schriftzüge wird es fortan nicht mehr geben, die Kollektionen sollen subtiler werden. So richtig rund lief es aber auch nach dem Kurswechsel nicht: Im Dezember wurde der Christos Angelides, der als Markenchef von Abercrombie den Turnaround schaffen sollte, nach nur etwas mehr als einem Jahr wieder entlassen .

Mai: Ludwig Beck kauft Wormland

Im deutschen Modehandel kriselte es in diesem Jahr merklich. Etablierte Unternehmen reagierten darauf mit unterschiedlichen Maßnahmen. So erweiterte der Münchener Einzelhändler Ludwig Beck sein Portfolio: Er kaufte im Mai den Herrenausstatter Wormland, der bundesweit 15 Filialen betreibt. Mit dem modebewussten Mann will Ludwig Beck nun eine neue Zielgruppe ansprechen – und sich neben dem Stammhaus am Münchener Marienplatz ein starkes zweites Standbein schaffen.

Juni: Nike glänzt und Strauss Innovation ist wieder einmal pleite

Monat für Monat bekundeten die deutschen Verbraucher ihre glänzende Kauflaune, der vom Marktforschungsinstitut GfK ermittelte Konsumklimaindex übertraf historische Höchststände – doch in der Bekleidungshandel konnten davon nur wenige profitieren – etwa die vertikal aufgestellten Weltkonzerne Inditex und Hennes & Mauritz. Zu den deutschen Unternehmen, die der anhaltenden Nachfrageschwäche im Modesegment Tribut zollen mussten, gehörte auch Strauss Innovation. Der seit langem kriselnden Filialist, der in den vergangenen Jahren von einem Finanzinvestor zum nächsten weitergereicht worden war und bereits Anfang 2014 Insolvenz angemeldet hatte, war im Mai erneut zahlungsunfähig . Das zweite Insolvenzverfahren innerhalb von nicht einmal zwei Jahren wurde im Spätsommer eingeleitet. Hoffnung gab es immerhin im Oktober: Die Deutsche Mittelstandsholding (DHM) übernahm einen Teil der noch bestehenden Filialen.

Gewohnt glänzend lief es hingegen beim Weltmarktführer mit Sportartikeln: Der US-Konzern Nike hatte zwar unter dem starken US-Dollar zu leiden, konnte das Geschäftsjahr 2014/15 aber trotzdem mit guten Zahlen abschließen: Der Umsatz stieg um zehn Prozent auf 30,6 Milliarden US-Dollar, der Nettogewinn sogar um 22 Prozent auf 3,3 Milliarden US-Dollar. Konzernchef Mark Parker freute sich entsprechend über ein „herausragendes Jahr für Nike“ – und blickte optimistisch in die Zukunft: „Noch nie in der Geschichte des Unternehmens war unser Wachstumspotenzial größer“.

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