Berlin Fashion Week - die Ruhe vor dem Sturm?
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Berlin bewies in dieser Saison einmal mehr, dass die Stadt nicht so leicht aufgibt. Mit den Ende des Berliner Salons fiel eine zentrale Anlaufstelle der Modewoche weg. Einige sahen darin ein Omen. Wieder einmal hieß es, die Modestadt Berlin sei am Ende. Doch aller Unkenrufe zum Trotz lockten die Schauen und Messen Aussteller, Besucher und Presse in die Stadt. Ja, in Berlin ist es in dieser Saison definitiv ruhiger geworden. Die Hoffnung bleibt aber, dass es die Ruhe vor dem Sturm ist. Wenn Berlin weiterhin eine Chance haben will, muss es seine kreativen Energien für die Zukunft noch besser bündeln, seine Talente noch besser pushen und weiter an seinem Image feilen.
Amesh Wijesekera - Das junge Talent
Amesh Wijesekera war in der vergangenen Saison von Mercedes-Benz eingeladen worden, seine Kollektion auf dem Laufsteg zu präsentieren. In dieser Saison stellte er als Young Talent auf der Premium aus. Der junge Designer arbeitet mit traditionellen Webern seiner Heimat zusammen, um die farbenprächtigen Hosen und Mäntel zu kreieren, die auch einige Interessenten an seinen Stand lockten.
Anja Gockel - Women of the World, Unite
Frauenpower lautete die Devise bei Anja Gockel. Die Designerin, die seit 23 Jahren deutsche Mode repräsentiert, hatte die israelische Sängerin Yael Deckelbaum in die prunkvoll verzierte Lobby des Traditionshotels Adlon Kempinski geladen, um dort ihr neues Album „Women of the World Unite“ vorzustellen. Gemeinsam mit ihrem Backgrooundchor, bestehend aus muslimischen und christlichen Sängerinnen, forderte sie: Frauen, gemeinsam für den Frieden! Das innere Kind, repräsentiert von Alice aus Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ bildete dann auch die Inspiration für die Kollektion mit dem Titel „ Vote for Alice“ - manchmal muss man eben an das Unmögliche glauben, um die Welt zu verändern.
Lou de Bètoly - Chaos als Inspiration
Lou de Bétoly ließ sich von der Morgendämmerung zu einer Kollektion inspirieren, die aus ihren gewohnten, handgefertigten Stickereien und Häkelarbeiten bestand. „Ich arbeite sehr chaotisch und ich möchte das auch weiterhin so halten. Daher ist meine Inspiration ein bisschen von allem. Ein bisschen Rokoko, ein bisschen die Zwanziger Jahre, das Gemälde von Manet ‚Le déjeuner sur l’herbe‘ ein bisschen Sophistication, etwas Dekadenz“, sagte die Designerin nach der Show über ihre Kollektion. Jedes Teil der Kollektion ist einzigartig, weil es handgefertigt und mit kleinen Vintage-Schmuckstücken verziert wird, die sie auf dem Flohmarkt gekauft hat.
MBFW – #Damur für mehr Toleranz
Der Young Talent Gewinner der Premium Exhibitions aus der vergangenen Saison, das Label Damur, präsentierte auf der Mercedes-Benz Fashion Week seine aktuelle Kollektion. Der in Berlin lebende Taiwanese Shih-Shun Huang zeigte Workwear-inspirierte Kleidung in monochromen Tönen. Eine Optik, die zunehmend aufgebrochen wurde - ein beabsichtigter Effekt, setzt er sich doch gegen Schwarz-weiß-Denken und für eine tolerantere Welt ein.
Dawid Tomaszewski und QVC
Wer sich da wen geangelt hat, ist nicht ganz klar. Jedenfalls scheint die Zusammenarbeit zwischen dem Teleshopping-Channel QVC und Dawid Tomaszewski eine Erfolgsgarantie für beide Seiten. "Dawid ist mit seinem High-Fashion-Anspruch fester Bestandteil der Modeszene. Wir freuen uns, dass wir mit ihm gemeinsam unseren Kundinnen avantgardistische Styles bieten, die trotzdem alltagstauglich sind", kommentiert Gina Deeble, Vice President Merchandising bei QVC Deutschland, die Zusammenarbeit. Gestern wurde die gemeinsame Kollektion vorgestellt, die ab 6. September über das Düsseldorfer Handelsunternehmen verkauft werden soll.
Seine Prêt-à-Porter Kollektion „Blossom Shades“ stellte der Designer zuvor im Kaffeehaus Grosz auf dem Ku’damm vor. Seine sommerlichen und geblümten Kleider in Sorbettönen spiegelten sich im von McArthurGlen unterstützten Eiscremewagen wieder.
William Fan - die sichere Bank
Designer William Fan schafft es immer wieder, zu beeindrucken. Neben seinen nie enttäuschenden Kollektionen ist es stets auch seine Fähigkeit, Locations für seine Inszenierungen auszusuchen, welche die Fan-Fans bei der Stange hält. Sei es die Baustelle des Berliner Stadtschlosses, ein China-Restaurant in Berlins historischem Nikolaiviertel oder eine Karaoke-Bar am Alexanderplatz, William Fan schafft es immer, zu begeistern. Diesmal nun also das Kunstgewerbemuseum. Die Models trugen die Kollektion mit der unverkennbaren Handschrift Fans, mit ihren charakteristischen Schnitten, Paillettenmänteln und den It-Bags in Form von Glückskeksen und neuerdings auch Frühlingsrollen, durch die Kunstgewerbe-Sammlung. Auch der Weg nach draußen gestaltete sich unterhaltsam: In den Vitrinen hatten sich einige Looks des Designers unter die ständigen Exponate gemischt.
Nobi Talai
Designerin Nobieh Talaei kehrte in dieser Saison aus Paris zurück, wo sie die vergangenen Male ihre Kollektion gezeigt hatte. Eine Bereicherung für Berlin, dem langsam die treibenden jungen Kräfte auszugehen drohen. Die stringente Linienführung der Designerin trug die gesamte Kollektion: Lasergeschnittenes Leder trifft auf Seide; Grafisch inspirierte Guipure-Spitze und monochrome Ensembles vereinen männliche und weibliche Eigenschaften. Eine sehr gelungene Mischung.
MBFW Grow Houses
Im Rahmen der Saison Spring/Summer 2020 zeigt die MBFW erstmalig ein neues Konzept zur Förderung von Nachwuchstalenten. 10 Designer erhielten die Möglichkeit, ihre Key Looks auf dem Vorplatz des ewerks zu präsentieren. Ausgewählt worden waren Magdalena Mayrock, Florian Schulze, Don Aretino, Sven Holger, Isabel Vollrath, Michael Sontag, Vladimir Karaleev, Ivanman, Marcell von Berlin und Laurent Hermann Progin. Eine erfreuliche Maßnahme - zu wünschen wäre es aber, diese Talente auf einer größeren Bühne zu sehen, auf der sie ihre gesamten Kollektionen zeigen können.
Bilder: 1. Mit freundlicher Genehmigung: Nobi Talai, 2. Dawid Tomaszewski by Barbara Russ for FashionUnited, 3. Mit freundlicher Genehmigung: William Fan, 4. MBFW Grow Houses by Barbara Russ for FashionUnited