Weltmuseum Wien zeigt Ausstellung zum Kopftuch
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Über das Kopftuch wird diskutiert, es wird verboten, mit Bedeutung aufgeladen. Das Weltmuseum in Wien versucht es nun, mit einer Ausstellung als normales Kleidungsstück zahlreicher Kulturkreise zu präsentieren. Doch die Gesellschaftskritik schwingt stets mit.
Wenn über das Kopftuch gesprochen wird, wird es oft laut und hitzig. Vom Kopftuchverbot ist dann die Rede, von der Unterdrückung der Frau, gar von der Minderwertigkeit einer Verhüllten. «Wenn das Wort fällt, befindet man sich sofort in einer Art Kampfzone, weil es sofort mit dem Islam assoziiert wird», sagt Axel Steinmann, Kurator im Weltmuseum Wien. Dabei hat das Kopftuch kulturhistorisch sehr viel mehr erlebt - und ist in vielen Kulturkreisen zu Hause.
Genau das will das Weltmuseum in Wien mit einer neuen Ausstellung zur Geschichte und Verbreitung des Kopftuchs verdeutlichen. «Bei uns in Europa blickt das Kopftuch auf 2000 Jahre Geschichte zurück und ist eng mit dem Christentum verknüpft», erklärt Steinmann. In der Ausstellung, die vom 18. Oktober bis zum 26. Februar zu sehen ist, wird das vor allem an Gemälden deutlich. Marien-Darstellungen etwa kommen so gut wie nie ohne einen Schleier aus. Hinzu kommen Darstellungen von Nonnen, Trachtenpuppen, Plakate und aktuelle Entwürfe von Modeschöpfern, bei denen das Kopftuch wie selbstverständlich dazu gehört.
Die ausgestellten Kopftücher selbst sind schlicht aufgehangen wie Gemälde, auf Experimente mit verschiedenen Bindungen an Puppenköpfen wurde verzichtet. Aus dem oft mit Bedeutung aufgeladenen Tuch wird so ein simples, meist rechteckiges Stück Stoff. Es ist der Versuch, ein vorbelastetes Symbol kultureller Debatten neutral zu präsentieren.
In einer Zeit, in der in zahlreichen europäischen Ländern verschiedene Formen der Verschleierung verboten werden, in Österreich sogar über ein Kopftuchverbot für Kindergartenkinder nachgedacht wird, stürzt sich das Weltmuseum trotz aller Neutralität aber dennoch in eine heiße politische Debatte. Und das ist den Machern der Schau auch bewusst. «Das Kopftuch muss im 21. Jahrhundert in einigen Ländern der Europäischen Gemeinschaft wieder herhalten, um Wahlen zu führen - und erschreckenderweise auch noch Wahlen zu gewinnen», sagt Christian Schicklgruber, Direktor des Weltmuseums.
Die Ausstellung soll nun den Blick auf das Thema erweitern. Gleichzeitig versucht sie, der Debatte über den Islam und über die Migration aus dem Weg zu gehen. Die Muslimin mit Kopftuch steht nicht im Mittelpunkt dieser Schau, sie ist letztlich sogar kaum zu finden.
Auslöser für das Projekt war das vieldiskutierte Verhältnis zwischen Islam und Kopftuch aber sehr wohl. Konkret sei es die Diskussion um ein Werbeplakat einer Drogeriekette gewesen, auf dem eine Muslimin mit Kopftuch zu sehen war, erklärt Schicklgruber. In einem Interview habe er diese Selbstverständlichkeit wenig später angesprochen - und musste sich nachher den Vorwurf gefallen lassen, die Unterdrückung der Frau zu unterstützen. «In allen Gesellschaften wird die Entscheidung, dieses Stück Stoff am Kopf zu tragen oder nicht zu tragen, von vielen Faktoren bestimmt», erklärt Schicklgruber seine Sicht. «Von religiöser Überzeugung, kulturellen Traditionen, aber vor allem vom Ausdruck der eigenen Individualität.»
Auch in der Ausstellung ist von Unterdrückung durch ein Kopftuch wenig zu spüren. Stattdessen werden selbstbewusste Frauen gezeigt - lachend, spielend, posierend. Und auch Männer mit Kopftuch bekommen ihren Platz in der Schau, die von 17 verschiedenen Wissenschaftlern und Künstlern mit ihrer je eigenen Position zum Thema erstellt wurde. Für den Besucher wird das Thema so aus vielen Perspektiven beleuchtet, allerdings keine davon wirklich vertieft. (dpa)
Foto: Plakatsujet der Ausstellung © KHM-Museumsverband | Wiener Chic 2018 © Susanne Bisovsky, Foto: Bernd Preiml | Gerda Bohm Frau der Ayt Haddidou in Festtagstracht Marokko, Zentraler Hoher Atlas 1959 Weltmuseum Wien Fotosammlung © KHM-Museumsverband | Nilbar Güreş Soyunma/Undressing 2006, HD Single Channel Video, 06:19 Min., Farbe, Ton Foto: Nicole Tintera © Courtesy Galerie Martin Janda, Wien