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Von organisiert bis Einkaufen nach Herzenslust: Die Strategien französischer Buyer

Von FashionUnited

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Einzelhandel

Bild: Mart Production via Pexels

Der Rhythmus der Jahreszeiten, Produktionsstopps, Lieferverzögerungen, Schlussverkäufe und unvorhersehbare Faktoren wie Streiks müssen in den Entscheidungsprozess von Einkäufer:innen eingebunden werden. Kurzum: Einkaufen ist mit Risiko verbunden. FashionUnited hat mit sechs Expert:innen aus dem französischen Markt über ihre unterschiedlichen Strategien gesprochen.

Die Autoren

Florent Tamisier, Direktor bei Mars Branding.

Julie Le Gall, Direktorin bei Mars Branding.

Die Finanz-Gurus: Viele Marken, begrenzte Auswahl

Bei Aboudabibazar, einem französischen Multimarkenhändler für Damenbekleidung in Paris, sind die Konten ordentlich geführt. Patrick Aboukrat erklärt: „Es kommt vor, dass ich in einen Showroom gehe und nur ein einziges Produkt kaufe, sofern es möglich ist. Ich kann das Gerede über die Mindestmengen nicht ertragen. Wenn ich einer Endkundin etwas verkaufe, sage ich auch nicht: Liebe Frau, es gibt aber ein Minimum!”.

Um am Ende der Saison keine Überraschung zu erleben, besteht seine Taktik darin, sich einzuschränken und alles zu berechnen – die wichtigsten Marken dürfen nicht mehr als sieben Prozent seines Portfolios ausmachen. Die weniger wichtigen Marken sind auf einen Anteil von 1,5 Prozent beschränkt. Auf diese Weise vermeidet Aboukrat es, von Lieferant:innen abhängig zu sein, falls es zu Lieferausfällen kommt.

Sei Vorgehen hindert ihn jedoch nicht daran, sein Budget für Einkäufe in den Zwischensaisons bereitzuhalten – je nachdem was ihm gerade gefällt oder ob er bestimmte Trends aufgreifen möchte. Oft beginnt er die Saison mit 60 Marken und beendet sie mit 100.

Die Spezialisten: Nischenprodukte und außergewöhnliche Marken

Für manche Einkäufer:innen liegt der Erfolg des Geschäfts in der Fähigkeit hochspezialisierte Nischenmarken anzubieten. So sieht es auch Règis Pennel von L’Exception – der Einkäufer verzeichnet Spitzenwerte von bis zu 550 Marken pro Jahr.

L'Exception, ein Pariser Concept Store mit einer E-Commerce-Website, bietet 200 Marken an, die etwa 85 Prozent des Umsatzes ausmachen, sowie 300 weniger bekannte Marken, die es ermöglichen, ein einzigartiges Kundenerlebnis zu schaffen. „Wir haben zum Beispiel etwa 20 Kosmetikmarken oder eine Marke, die nur Strohhalme für Cocktails verkauft. Manchmal nehmen wir eine Marke für drei Produkte auf".

Die Loyalen: Langfristige Zusammenarbeit mit Marken

Die Einkäuferin Elisabeth Dreyfus arbeitet nach Gefühl. Ihr Multimarken –Geschäft für Damenkonfektion Elisa by Elisa in Angoulême führt rund 30 Designer:innen, mit denen sie seit mehreren Jahren treu zusammenarbeitet. Da sie eine überschaubare Verkaufsfläche und eine Stammkundschaft hat, kennt sie den Geschmack ihrer Kund:innen genau und schafft es, ihr Sortiment und Merchandising beim Einkauf aus dem Kopf heraus zusammenzustellen.

„Ich habe nie eine Excel-Tabelle oder einen Computer dabei, wenn ich die Order schreibe. Ich mache alles nach Gefühl und ohne zu rechnen. Das geht ganz natürlich, ich habe immer ein ausgeglichenes Budget".

Die mit Herz: Marken, die die Kund:innen glücklich machen

Caroline Lumbroso, Geschäftsführerin der drei ‘Blush’-Concept-Stores in Lyon, bedient sich einer anderen Strategie: Ihr Vorgehen orientiert sich an einer Strategie des “Kaufens nach Herzenslust”, der den Rhythmus der Jahreszeiten durchbricht. Lumbroso möchte immer und überall sein, um nichts zu verpassen – deshalb erneuert sie jede Saison bis zu 50 prozent ihrer Auswahl und arbeitet für die übrigen Marken mit einem exklusiven Vertrieb.

„Wenn ich Ihnen sage, dass ich zu jeder Zeit einkaufe, dann meine ich damit vor allem neue Marken", erklärt sie uns. „Wenn ich eine neue Marke im März entdecke, warte ich nicht bis zu der neuen Kollektion im September. Wenn man im März eine Marke entdeckt, die man mag, dann bestellt man sie im März und verkauft sie im April. Ich habe immer versucht, das umzusetzen, was die Großen machen. Wenn ich mir Zara ansehe, haben die jede Woche was Neues. Das ist bei Blush zu einem Leitmotiv geworden: Es muss ständig Neuheiten geben”.

Die Trendjäger:innen: Internationale Trends und Exklusivität

Dieses Einkäufer:innen-Profil ist eher selten. Sie kaufen wenig, aber außergewöhnlich, denn die Auswahl soll besonders sein. Seltenheit, Qualität und Exklusivität machen einen Artikel begehrenswert und erleichtern den digitalen Kauf, auch von einem ausländischen Kunden. Philippe Sultana vom Konzeptstore Summer in Lyon für Herrenmode hat es sich zur Gewohnheit gemacht, von New York nach Tokio zu reisen, um Marken aufzuspüren, die er als einziger in Frankreich verkaufen wird. „Was uns bekannt gemacht hat, ist das Angebot der Marken, die wir schreiben. Es ist ziemlich spitz, mit Marken, die schwer zu finden sind. So haben uns viele ausländische Kund:innen, die Schwierigkeiten hatten, diese Marken zu finden, auf ihr Radar aufgenommen."

Die Verantwortungsbewussten: Einkauf, der Zeitlosigkeit fördert

Marie Nguyen, die Mitbegründerin von We Dress Fair, wird von dem Wunsch angetrieben, den Modekonsum zu verändern. Um ihr Vorhaben langfristig zu verwirklichen, entwickelte sie eine Strategie, die es ihr ermöglichte, neue Marken mit Marken zu kombinieren, die bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad haben. Als Spezialistin für den ökologisch verantwortungsvollen Sektor bevorzugt Marie den Kauf von Marken, die ihre Kollektionen zeitlos gestalten.

„Unsere Marken bieten sowohl Damen- als auch Herrenbekleidung an, mit einem großen Anteil an NOS-Ware – die ist sehr wichtig für uns", erklärt sie. „Es sind Marken, bei denen ein Teil der Kollektion saisonal ist, der übrige Teil aber permanente Artikel sind. Das entspricht heute voll und ganz dem Ansatz der ethischen Mode, da es sich um einen Ansatz der Zeitlosigkeit handelt".

Eine Wiederkehr eines Marktes, der viele junge Marken interessieren dürfte – insbesondere die, die sich für den Wholesale interessieren, aber den Rhythmus der Jahreszeiten nicht beachten, indem sie jährlich oder monatlich Neuheiten anbieten. Es scheint nicht mehr zwingend notwendig zu sein, auf Messezeiten zu warten um zu verkaufen – umso wichtiger wird es, als Favorit wahrgenommen zu werden – etwas, dass nur die Marken selbst beeinflussen können.

À PROPOS
Wholesale Is Not Dead ist ein Podcast, der sich den Geschäftsentwicklungen auf dem Modemarkt widmet. Das Prinzip ist einfach: unabhängige Einzelhändler:innen, Franchisenehmer:innen, Kaufhäuser sowie Concept Stores werden eingeladen ein, um von ihren Erfahrungen zu berichten.

Dieser Podcast ist eine Kreation der digitalen Kommunikationsagentur Mars Branding, die von Julie Le Gall und Florent Tamisier geleitet wird.

Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.fr. Übersetzung und Bearbeitung: Karenita Haalck

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