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Online-Handel: Internationale Anbieter erhöhen Druck

Von Reinhold Koehler

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Einzelhandel

Der Online-Handel liegt in seinem aktuellen Volumen zwar noch immer weit hinter dem stationären Einzelhandel zurück, die dort erzielten Wachstumsraten überzeugen jedoch immer mehr Anbieter, zumindest einen teil ihres Geschäfts ins Internet zu verlagern. Vor allem im Modebereich erhöht sich die Dichte der Online-Shops daher beständig.

Einer der Vorreiter in Sachen Multichannel-Versandhandel war in den vergangenen Jahren der deutsche Versandhändler Otto. Das Hamburger Unternehmen setzte schon früh auf eine umfangreiche Online-Strategie und konnte davon lange Zeit profitieren. Andere deutsche Anbieter wie Zalando oder Frontlineshop konnten ebenfalls überzeugen und machten den Weg frei für weitere Mitbewerber, vor allem aus dem sogenannten Curated Shopping Bereich.

Mittlerweile hat die Dichte der Anbieter im digitalen Einzelhandel so stark zugenommen, dass sich erste Kannibalisierungseffekte zeigen. So musste der über Jahre erfolgsverwöhnte Otto-Versand zuletzt herbe Verluste einstecken und bangt nun um seine Vormachtstellung auf dem deutschen Markt.

Starke Konkurrenz aus Großbritannien

Der immer härter werdende Wettbewerb im Online-Handel wird vor allem auch durch internationale Anbieter befeuert, die in den letzten Monaten verstärkt auf den deutschen Markt drängen. Die aktuell gute Wirtschaftslage und eine recht hohe Einkommenserwartung der Deutschen haben sich international herumgesprochen, so dass für viele Unternehmen nicht mehr die klassischen Modemärkte Frankreich, Italien und Spanien von Interesse sind, sondern vor allem einkommensstarke Nationen wie die Bundesrepublik.

Experten erwarten, dass der grenzüberschreitende Shopping-Bummel in den nächsten Jahren noch deutlich beliebter werden wird. Schließlich können die Verbraucher im Internet nicht nur mit mehr Auswahl, sondern auch mit zusätzlichen Schnäppchen rechnen. «Im Jahr 2018 werden in Europa voraussichtlich schon über 20 Prozent des Online-Umsatzes auf grenzüberschreitende Einkäufe entfallen“, glaubt etwa der E-Commerce-Experte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. Für den Verbraucher werde das vor allem Vorteile haben. „Die zusätzliche Konkurrenz aus dem Ausland wird ihm nicht nur eine größere Auswahl bieten, sondern sicher auch die Möglichkeit, das eine oder andere Schnäppchen zu machen“, so Heinemann weiter.

Die EU-Kommission ist bereits dabei, die noch bestehenden Hindernisse für den Einkauf jenseits der Grenze zu beseitigen. Und auch das vom europäische E-Commerce-Dachverband Emota vor wenigen Tagen unter dem Namen „European Trustmark“ präsentierte neue europäische Gütesiegel für Onlineshops dürfte dem grenzüberschreitenden Handel zusätzliche Impulse geben.

Noch sind die deutschen Anbieter im Vorteil, da sie gemeinhin mehr Vertrauen genießen als ausländische Händler. So hätten die Verbraucher bei einer Bestellung im Ausland manchmal „ein komisches Gefühl“, so Lars Hofacker vom Kölner Handelsforschungsinstitut EHI, das bei der Vergabe des neuen Gütesiegels mitwirkt. „Aber wenn es den Unternehmen gelingt, diese Ängste etwa mit einem Garantiesiegel zu zerstreuen, eine schnelle Lieferung und ein funktionierendes Retouren-Management hinzubekommen, könnte sich das rasch ändern.“

Sollte dies gelingen, und erste Beispiele wie Asos oder Top Shop zeigen dies, könnte die stets wachsende internationale Konkurrenz für viele deutsche Händler bald zum Problem werden. Schließlich sei der Großteil von ihnen kaum gerüstet für die hoch professionelle Konkurrenz vor allem aus Großbritannien, glaubt Heinemann. „Die britischen Unternehmen sehen in ihrem Online-Shop den Flagship-Store und präsentieren dort ihr komplettes Angebot. Viele deutsche Einzelhändler bieten dagegen im Internet noch immer nur ein Rumpfsortiment an. Auch ansonsten wird zu oft gekleckert, statt zu klotzen“, so sein Vorwurf.

Dabei warten vor allem britische Online-Anbieter längst nicht mehr darauf, dass der Kunde zu ihnen kommt. Trendsetter wie die Modehändler Top-Shop oder Asos sind längst mit deutschen Websites auf dem Markt, weitere werden in Kürze folgen. Für den Handelsexperten Heinemann steht daher fest: „Die deutschen Händler müssen jetzt richtig Gas geben, sonst werden sie massive Umsätze an ausländische Händler verlieren.“ Der Experte verweist auf das Beispiel Österreich, wo bereits heute 50 Prozent des Online-Umsatzes im Handel auf Importe entfalle. Für ihn und den deutschen Online-Handel „ein Schreckensszenario“.

Foto: Otto Group

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