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Schein oder Sein: Wie nachhaltig ist Gucci wirklich?

Von Simone Preuss

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Business |KOMMENTAR

Das Luxusmodehaus Gucci will sich neu positionieren - als sozial verantwortungsvolles und nachhaltiges Modeunternehmen. Dies kündigte Gucci-Chef Marco Bizzarri am Mittwoch im Rahmen des 2017 Kering Talks an, der vom London College of Fashion veranstaltet wird. Hat Gucci diesen Schritt durch vorherige Initiativen zementiert oder wird das zur Luxusgruppe Kering gehörende Modehaus wirklich eine Kehrtwende machen müssen, um seinen Versprechen treu zu bleiben? FashionUnited hat die Entwicklungen der letzten Jahre verfolgt.

Als ersten Schritt schockte Bizzarri die Branche (im positiven Sinn) mit der Ankündigung, das Gucci ab der Frühjahr/Sommer 2018-Kollektion ganz auf Pelz verzichten werde. Schließlich gibt es kaum ein großes Luxusmodehaus, das ohne Echtpelz auskommt. Hier könnte die italienische Luxusmarke tatsächlich zu einem der Vorreiter werden.

Gucci wird pelzfrei

Besonders angesichts der Tatsache, dass das Unternehmen der Fur Free Alliance beitreten will, einem Zusammenschluss von über 40 Organisationen, die sich für den Schutz von Pelztieren einsetzen. Auch wenn Dutzende von Mode-Einzelhändlern wie H&M, Zara, Hugo Boss, Marks & Spencer, KiK, Zalando und Otto dem Fur Free Retailer-Programm der Fur Free Alliance beigetreten sind, so vermisst man in der Liste - mit Ausnahme von Yoox Net-a-Porter, Ralph Lauren, Stella McCartney, Armani und jetzt Gucci - die Namen internationaler Luxusmodehändler.

Bizzarri erkannte Kreativdirektor Alessandro Michele für Guccis Entscheidung an, ab 2018 pelzfrei zu werden. Michele wurde 2015 eingestellt und teile, so Bizzarri, „einen gemeinsamen Glauben an die Wichtigkeit der gleichen Werte“. Zudem beweist die Entwicklung, dass selbst eine Person - zugegeben, an der richtigen Stelle - einen großen Unterschied machen kann.

Was Restbestände vergangener Kollektionen mit Echtpelz angeht, so ist Gucci konsequent - diese Artikel sollen meistbietend per Auktion versteigert und die Erlöse an Tierschutzorganisationen wie den Internationalen Tierschutzbund und LAV, die Anti-Vivisktionsliga, gespendet werden.

Jetzt fragt man sich natürlich - was ist mit Leder und den Lederprodukten, für die Gucci so bekannt ist? Auch hier will Gucci Fortschritte machen und die durch die Textil- und Lederproduktion entstehenden Einflüsse auf die Umwelt zukünftig „signifikant reduzieren“, gab jedoch keine weiteren Details bekannt. Tatsächlich soll die Lieferkette aber so transparent werden, dass 95 Prozent aller Gucci-Produkte auf ihrem Weg von der Rohstoffproduktion bis in den Laden nachvollziehbar seien, so garantierte Bizzarri.

Gucci will Arbeiter weltweit durch Sozialprojekte unterstützen

Und wer jetzt an die Menschen denkt, die Gucci-Produkte herstellen - auch an sie will der Modekonzern denken. Und zwar egal ob sie in einer fernen Fabrik oder im eigenen Hause arbeiten, Gucci will ihr Leben verbessern und dazu verschiedene Sozialprojekte und Organisationen vor Ort unterstützen, auch zum Thema Gleichberechtigung. Wie wäre es da zum Beispiel, der Forderung nach mehr weiblichen Kreativdirektoren nachzukommen, die in der Branche schon seit Jahrzehnten besteht? Noch im Dezember 2014 hatte Gucci auch schlechte Zustände in chinesischen Fabriken bestritten und wurde bei einem Ranking der Kampagne für saubere Kleidung vom Oktober 2014 als eines der Unternehmen geoutet wurde, das die menschenunwürdigsten Löhne zahlt.

Wer also von Guccis plötzlichem Sinneswandel etwas überrascht ist, steht nicht alleine da, denn bislang hatte sich das Unternehmen nicht als Vorreiter hervorgetan. Ging es doch zuvor eher um Wachstum, Umsatz und die Erschließung neuer Märkte als um Nachhaltigkeit, die Umwelt oder soziale Verantwortung. Es hat jedoch in der Vergangenheit durch Initiativen wie Re.Verso, BACX, Roica, ECOTEC und Newlife in seinen Kollektionen upcyclte Wolle und Kaschmir verwendet. Oder sich indirekt beteiligt, wie etwa über von ihm benutzte Textilfirmen, die sich der Detox-Kampagne von Greenpeace anschlossen.

Die Tierschutzorganisation PETA, kaum als Freund von Gucci bekannt, ist in diesem Fall jedoch begeistert und lobt das Unternehmen: „Nach mehr als 20 Jahren von PETA-Protesten gegen Halbschuhe aus Känguruhfell und Robbenfellstiefel hat sich Gucci endlich verpflichtet, sich unter die pelzfreien Modehäuser wie Armani, Ralph Lauren und Stella McCartney einzureihen. Die Entwicklung zeichnete sich ab, da Kunden heutzutage nicht mehr die Felle von Tieren im Käfig tragen wollen, die dann durch Elektroschocks oder Knüppel getötet werden.“

Und damti hat PETA den Nagel auf den Kopf getroffen - um mit der Zeit zu gehen, muss Gucci einfach nachhaltig werden. Oder auf der Strecke bleiben. Und das kann sich kein Modeunternehmen leisten, Luxus oder nicht. Jetzt darf man gespannt sein, wie schnell Gucci seine Versprechen in die Tat umsetzt .

Fotos: Fur Free Alliance, Kering, Gucci-Website
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