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Impfgegner provoziert: Ist Amazon verantwortlich für die Angebote seiner Händler?

Von Herve Dewintre

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Ist es eine Respektlosigkeit gegenüber dem Gedenken an Millionen von Opfern oder ein legitimer Akt der Rebellion angesichts einer Freiheitsberaubung? Auf jeden Fall handelt es sich um eine Provokation, die die Grenzen und den möglichen Missbrauch bestimmter Dienste von Amazon aufzeigt. Den Anstoß für diese Debatte gibt ein T-Shirt, das von einem registrierten Händler auf der Plattform ‘Merch by Amazon’ angeboten wurde. Der Verkäufer bot dort ein T-Shirt mit einem gelben Stern in der Mitte und der Aufschrift "Nicht geimpft" zum Verkauf an. In der Produktbeschreibung hieß es: „Perfekt für Impfgegner, Verfechter der medizinischen Freiheit und Freiheitsliebende". Kann man Amazon dafür zur Verantwortung ziehen?

’Merch by Amazon’ besticht durch seine Einfachheit. Die Plattform ermöglicht es jedem registrierten Benutzer, T-Shirts zu verkaufen. In den USA, Deutschland und England ist dieses Tool verfügbar. Im Gegensatz zu "Print on Demand"-Seiten wie Spreadshirt übernimmt die Plattform die komplette Herstellung der T-Shirts aus einem Design, das Händler nach dem Anlegen Ihres Verkäuferkontos zur Verfügung stellen. So können angehende Unternehmer einfach passive Umsätze generieren und ohne besondere Werbung mehr als 1000 US-Dollar pro Monat verdienen. Neue Verkäufer dürfen auf Stufe eins zunächst zehn Produkte verkaufen. Die zweite Stufe erlaubt den Verkauf von 25 T-Shirts, die dritte Stufe erfordert den Verkauf von einhundert Produkten, um in die nächste Stufe aufzusteigen.

Dieses Tool ist umso reizvoller, weil es kaum Startkapital erfordert, auch wenn die Umsätze nicht sofort eintreten. Sie kümmert sich allerdings auch nicht um die ethischen und rechtlichen Regeln, die im traditionellen Handel gelten. Und genau da liegt das Problem, das der jüngste Skandal aufgedeckt hat.

Welche Verantwortung hat Amazon?

Seit Monaten ziehen Impfgegner auf beiden Seiten des Atlantiks Vergleiche zwischen dem Impfpass und dem Davidstern, einem Symbol, das historisch mit der Ermordung von sechs Millionen Juden während des Zweiten Weltkriegs verbunden ist. In den Vereinigten Staaten postete die QAnon-Anhängerin und republikanische Abgeordnete Marjorie Tayor Greene auf Twitter folgende Erklärung: „Geimpfte Mitarbeiter erhalten ein Impfstempel, genau wie die Juden, die von den Nazis gezwungen wurden, einen gelben Stern zu tragen.“ Ein Vergleich, der auch in Frankreich von Verschwörungstheoretikern wie Jean-Marie Bigard und in Deutschland von QAnon-Anhängern aufgegriffen wurde.

Angesichts der Empörung mehrerer Internetnutzer, die das Produkt meldeten, verschwand das beanstandete T-Shirt von der Plattform. Amazon teilte der Zeitung Le Figaro mit, dass das T-Shirt nicht von dem Unternehmen selbst, sondern von dem Partnerverkäufer verkauft und versandt wurde. Die dem Produkt beigefügten Informationen wiesen jedoch eindeutig darauf hin, dass die Bestellung und der schnelle Versand über Amazon Prime abgewickelt werden konnte. Das System des amerikanischen Riesen ist kreativ, ausgeklügelt und lässt die Hintertüre weit offen für Provokationen, die dank des hybriden Status dieser Plattform, bei der Amazon seine Verantwortung bereitwillig verwässert, schwer zu ahnden sind.

Dieser Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.fr. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Foto: Unsplash, David Holifield

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