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Deutsche Regierung schnürt Milliarden-Rettungsschirme für die Wirtschaft

Von DPA

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Business |AKTUALISIERT

Mit beispiellosen milliardenschweren Hilfsprogrammen will die Bundesregierung in der Corona-Krise Arbeitsplätze und Unternehmen retten. Dafür beschloss das Kabinett am Montag einen Nachtragshaushalt mit der Rekordsumme von 156 Milliarden Euro. "Wir gehen in die Vollen, um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen, die Arbeitsplätze und Unternehmen zu schützen, um unser Land zu schützen", versicherte Vizekanzler Olaf Scholz (SPD). "Wir wollen gut aus dieser Krise herauskommen, gemeinsam bekommen wir das hin." Damit die Hilfen zügig da ankommen, wo sie gebraucht werden, sollen Bundestag und Bundesrat sie noch in dieser Woche beschließen.

Wegen der Corona-Pandemie kämpfen viele Unternehmen um ihre Existenz, Läden mussten schließen, Fabriken die Produktion einstellen. Arbeitsplätze sind in Gefahr. Ökonomen und auch die Bundesregierung rechnen mit einer Rezession. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, die Konjunktur könne deutlich einbrechen, der Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) werde mindestens so hoch sein wie in der Finanz- und Bankenkrise 2009. Damals ging das BIP um 5,7 Prozent zurück.

Kleinunternehmen bekommen Finanzspritzen von bis zu 15.000 Euro

Die Hilfspakete für Unternehmen, Krankenhäuser und Arbeitnehmer werden nach Rechnung der Bundesregierung in diesem Jahr rund 122,5 Milliarden Euro kosten. Zugleich rechnet die Bundesregierung mit rund 33,5 Milliarden weniger Steuereinnahmen als ursprünglich eingeplant. Um die Kosten zu stemmen, soll der Bundestag am Mittwoch eine Notfallregelung in der Schuldenbremse in Kraft setzen, die der Bundesregierung neue Kredite von rund 156 Milliarden Euro ermöglicht.

Das Geld soll nicht nur großen Unternehmen zu Gute kommen. Existenzgefährdete Kleinstunternehmer und Solo-Selbstständige sollen über drei Monate Finanzspritzen von 9000 bis 15 000 Euro bekommen. Größere Unternehmen ab 250 Mitarbeitern oder mit hohen Umsatzerlösen sollen unter einen Schutzschirm schlüpfen können: Sie sollen mit Kapital und Garantien gestärkt werden, dafür plant die Bundesregierung 500 Milliarden Euro ein. Scholz versicherte: "Mit dem Fonds verschaffen wir uns die nötige Finanzkraft, unsere Volkswirtschaft, Arbeitsplätze und große deutsche Unternehmen zu schützen."

Insolvenzrecht wird gelockert

Notfalls werde der Staat Firmen damit auch teilweise oder ganz übernehmen, sagte Altmaier. Wenn Unternehmen größere Bedeutung für das Land hätten, verfüge die Regierung über den geeigneten Instrumentenkasten - allerdings werde die Bundesregierung sehr sorgfältig damit umgehen.

Außerdem sollen Vermieter ihren Mietern nicht mehr kündigen dürfen, wenn diese wegen der Corona-Krise ihre Miete nicht zahlen können. Das gilt auch für kleine Läden. Kleine Unternehmen können auch bei anderen Zahlungen Aufschübe bekommen, um die Versorgung der Bevölkerung etwa mit Strom und Telekommunikationsleistungen sicherzustellen. Zugleich wird das Insolvenzrecht so gelockert, dass Unternehmen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten länger arbeiten können. "Wir tun alles, um die wirtschaftliche Existenz der Menschen in der Corona-Krise zu sichern", betonte Verbraucherministerin Christine Lambrecht (SPD). Bei der Versorgung mit Telefon und Internet oder Wasser und Strom dürfe es keine Unterbrechungen geben.

Wirtschaft erleichtert über Rettungspaket

Die deutsche Wirtschaft hat das großangelegte Rettungspaket der Bundesregierung begrüßt. «Es ist gut, dass die Bundesregierung jetzt keine Zeit verliert», sagte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Joachim Lang, am Montag in Berlin. Das Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Wirtschaft sei zu Recht umfangreich, um den Unternehmen schnell, unbürokratisch und passgenau zu helfen: «Das Wasser steht vielen Unternehmen bis zum Hals. Es kommt auf jeden Tag an.»

Auch die Kreditprogramme über die Förderbank KfW müssten unverzüglich von kommender Woche an laufen. Lobenswert sei, dass die Regierung keine finanziellen Grenzen aufzeige und die Kreditbedingungen verbessert habe. Die Staatsgarantie hilft dem BDI zufolge den Unternehmen, an frisches Geld zu kommen: «Die Beteiligungsmöglichkeiten für den Staat sind in dieser Situation vertretbar, wenn Unternehmen nur so vor der Insolvenz gerettet werden können.»

Das Sonderkreditprogramm der staatlichen Förderbank KfW ging am Montag an den Start. Altmaier verwies darauf, dass die Kreditbedingungen verbessert worden seien. Niedrigere Zinssätze und eine vereinfachte Risikoprüfung der KfW bei Krediten bis zu drei Millionen Euro sollten weitere Erleichterung schaffen. Eine höhere Haftungsfreistellung durch die KfW von bis zu 90 Prozent bei Betriebsmitteln und Investitionen von kleinen und mittleren Unternehmen soll Banken und Sparkassen die Kreditvergabe erleichtern.

Corona-Krise könnte mehr als eine halbe Billion Euro und eine Million Jobs kosten

Die Bundesbank rechnet wegen der Corona-Krise mit einer «ausgeprägten» Rezession in Deutschland. Die Maßnahmen zu Eindämmung der Infektionszahlen hätten massive wirtschaftliche Auswirkungen, hieß es im Monatsbericht der Notenbank. «Das Abgleiten in eine ausgeprägte Rezession ist nicht zu verhindern.» Eine wirtschaftliche Erholung werde erst einsetzen, wenn die Pandemiegefahr wirksam eingedämmt sei.

Nach Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts könnte die Corona-Krise mehr als eine halbe Billion Euro und mehr als eine Million Jobs kosten. «Die Kosten werden voraussichtlich alles übersteigen, was aus Wirtschaftskrisen oder Naturkatastrophen der letzten Jahrzehnte in Deutschland bekannt ist», sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Der Rückgang könnte je nach Szenario 7,2 bis 20,6 Prozentpunkte betragen. «Das entspricht Kosten von 255 bis 729 Milliarden Euro.»

Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding sieht gute Chancen für eine wirtschaftliche Erholung noch im laufenden Jahr. Zwar müsse man derzeit davon ausgehen, «dass zumindest für die Monate März bis Mai der Rückgang der Wirtschaftsleistung über das hinausgehen dürfte, was wir in der großen Finanzkrise 2008/2009 gesehen haben», sagte Schmieding am Montag in einer Telefonkonferenz. Er gehe jedoch davon aus, dass die Hilfsprogramme verhindern werden, dass Arbeitslosigkeit und Unternehmenspleiten dramatisch ansteigen werden. (dpa)

Foto: Pexels

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