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Bericht: „Patagonia beutet Textilarbeiter:innen aus und produziert in Fast-Fashion-Fabriken“

Von Sylvana Lijbaart

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Bild: Unsplash

Nach außen hin scheint Patagonia, die Marke, die für ihren Umweltaktivismus und Nachhaltigkeit bekannt ist, alles richtig zu machen - für ihre Mitarbeiter:innen, für Bekleidungsarbeiter:innen und für die Umwelt. In einem neuen Bericht der Plattform für Enthüllungsjournalismus Follow The Money (FTM) wurde jedoch festgestellt, dass das Unternehmen in denselben Fabriken produziert, in denen auch Fast-Fashion-Marken ihre Kleidung beziehen, was möglicherweise bedeutet, dass die Beschäftigten unter denselben schlechten Bedingungen arbeiten.

Dem Bericht zufolge produziert Patagonia einen Teil seiner Kleidung in der Fabrik Regal Image in Sri Lanka, in der auch Kleidung von Primark und Fast-Fashion-Marken hergestellt wird. FTM besuchte die Fabrik und sprach mit verschiedenen Angestellten, darunter auch dem Manager der Fabrik, Kevin Fernando, der erklärte, dass er keinen Unterschied zwischen der Arbeit bei Patagonia und der Arbeit bei Fast-Fashion-Marken feststellen konnte.

Die Fabrik in Sri Lanka wurde kürzlich als Zulieferbetrieb für Patagonia zugelassen und eigenen Angaben zufolge arbeitet das Unternehmen „nur mit Fabriken zusammen, die ‘gleichgesinnt’ sind und ihre ‘Philosophie’ teilen“. Insgesamt arbeitet die Modemarke mit 61 Fabriken zusammen, von denen sich zwei in den USA, eine in Portugal und die übrigen in 12 Niedriglohnländern befinden. Die meisten Produkte werden in Vietnam und Sri Lanka hergestellt.

Laut Follow The Money beutet Patagonia Textilarbeiter:innen aus

Um Produkte für die Marke herstellen zu dürfen, muss ein Lieferbetrieb verschiedene Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, die in einem Verhaltenskodex festgehalten sind. Dazu gehört, dass keine Kinder- oder Zwangsarbeit eingesetzt wird und auch körperliche, sexuelle und verbale Belästigung nicht toleriert wird. Darüber hinaus müssen alle nationalen Gesetze eingehalten werden. Manager:innen dürfen von den Beschäftigten keine Überstunden verlangen und müssen für gesunde Arbeitsbedingungen sorgen, wobei die Wochenarbeitszeit 60 Stunden oder mehr als sechs Tage am Stück nicht überschreiten darf. Patagonia lässt die Fabrik nach Angaben von FTM mindestens einmal jährlich von einer unabhängigen Person überprüfen. Darüber hinaus führen zwei Nichtregierungsorganisationen Kontrollen durch. Sie versehen auch den Produktionsprozess und die Kleidung von Patagonia mit einem Nachhaltigkeitssiegel.

Einige dieser Kontrollen wurden in Berichten veröffentlicht, in denen Dutzende von Verstößen erwähnt werden. Ein Problem taucht laut FTM in allen von ihnen auf: Textilarbeiter:innen in Fabriken, die Kleidung für Patagonia herstellen, arbeiten bis zu 17 Stunden pro Tag und mehr als 80 Stunden pro Woche. Das ist viel mehr, als Patagonia in seinem Verhaltenskodex erlaubt und gesetzlich zulässig ist.

Fernando, mit dem FTM sprach, versicherte, dass seine Mitarbeiter:innen maximal fünf Tage pro Woche und 10 Stunden pro Tag arbeiten. Ein Linienmanager erzählte FTM jedoch bei einem Rundgang, dass er eine 14-Stunden-Schicht arbeite. Fernando zuckte mit den Schultern und sagte: „Es ist viel los.“ Zudem sollte nicht vergessen werden, dass Mitarbeiter:innen in keinem Niedriglohnland einen Existenzlohn erhalten und daher aus Armut gezwungen sind, Überstunden zu machen, um über die Runden zu kommen. Aus Gesprächen mit einer Gewerkschaft, Stand Up Movement Lanka, ging jedoch hervor, dass einige Mitarbeiter:innen sogar aufputschende Drogen zu nehmen scheinen, um die Produktionsziele zu erreichen und die Schicht durchzuhalten.

Patagonia nennt Produktion in Fast-Fashion-Fabriken einen Vorteil

Patagonia bezeichnete die Produktion in denselben Fabriken wie andere Marken als Vorteil. „Wir sind ein ziemlich kleiner Akteur in der Bekleidungsindustrie. Deshalb suchen wir immer nach Möglichkeiten, unseren Einfluss zu erhöhen und die Standards in der Branche insgesamt zu verbessern. Dafür ist es entscheidend, dass wir uns weiterhin an gemeinsamen Produktionsstätten beteiligen“, so Patagonia gegenüber FTM.

Die Marke möchte, dass alle Arbeitnehmer:innen einen angemessenen Lohn erhalten. So versprach das Unternehmen beispielsweise, dass alle Beschäftigten in seiner Wertschöpfungskette innerhalb von zehn Jahren einen existenzsichernden Lohn erhalten würden. 1,5 Jahre vor Ablauf der Frist erklärte Patagonia selbst, dass 40 Prozent seiner Fabriken bereits einen existenzsichernden Lohn zahlen. In welchen Fabriken das der Fall sei, führte Patagonia laut FTM aber nicht aus.

Als Reaktion auf den Artikel und zusätzlich zu zwei geführten Gesprächen schickte Patagonia eine weitere Erklärung an FTM: „Wir arbeiten mit unseren Zuliefererbetrieben und Arbeitsexpert:innen zusammen, um Strategien zu entwickeln und zu testen, die es dem Werk ermöglichen, seinen Arbeiter:innen mehr zu zahlen - von der Verbesserung der Effizienz der Produktionslinien und der Personalsysteme bis hin zu den tatsächlichen Kosten. Dies ist eine komplexe Aufgabe, die wir gemeinsam mit unseren Zulieferbetrieben zu lösen versuchen.“

„Eine Möglichkeit, wie Patagonia versucht, das Lohngefälle auszugleichen, sind die Prämien im Rahmen unseres Programms mit Fair Trade USA. Patagonia hat allein in Sri Lanka Millionen US-Dollar an Fair-Trade-Prämien gezahlt, und diese Prämien sind an mehr als 75.000 Mitarbeiter:innen in zehn Ländern weltweit gegangen. Die Prämien können von den Mitarbeiter:innen nach Belieben verwendet werden - sie haben sich dafür entschieden, sie auszuzahlen, eine Kindertagesstätte zu finanzieren und ein Hygiene- und Gesundheitsprogramm zu starten. Sobald Patagonia die Gebühr für die Zertifizierung der Fabrik durch Fair Trade bezahlt hat, können sich andere Marken anschließen und zu den Prämien beitragen“, so Patagonia weiter.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.NL. Aus dem Englischen übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.

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