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Benetton: auf dem Weg zur Neuplatzierung?

Von Simone Preuss

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Das italienische Modehaus Benetton hat in den letzten Jahren Schritte unternommen, um sich neu zu positionieren und wieder an Fahrt zu gewinnen. FashionUnited hat die jüngsten Entwicklungen zusammengestellt, um die Strategie des Modeunternehmens zu verfolgen.

Luciano Benetton will wieder einsteigen

Zuletzt schockte Luciano Benetton, der 82-jährige Gründer der Benetton Group, die Modewelt mit seinem Entschluss, zur Modemarke zurückzukehren, um ihr neues Leben einzuhauchen. „Im Jahr 2008 habe ich das Unternehmen verlassen; damals schrieb es noch 155 Millionen Euro Gewinn. Jetzt übernehme ich es wieder, bei einem Vorjahresverlust von 81 Millionen Euro. Und dieses Jahr dürfte es noch schlimmer werden”, resümierte Benetton in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung La Repubblica.

Sogar seine Schwester will der Unternehmer wieder mit einbeziehen; die 80-Jährige soll wieder Pullover herstellen. „Die Produktion von Pullovern einzustellen, die das Markenzeichen des Unternehmens ist, ist wie einem Aquädukt das Wasser abzugraben“, monierte Benetton Senior. Er hatte das Unternehmen 1965 ins Leben gerufen, das bald für seine farbenfrohe Kleidung und gewagten Marketingkampagnen bekannt wurde. Der Konzern hat sich bis jetzt jedoch noch nicht zu einem möglichen Wiedereintritt Luciano Benettons geäußert.

Oliviero Toscani ist wieder eingestiegen

Stattdessen wurde ein weiterer Veteran der Marke zurückgeholt - Fotograf Oliviero Toscani, der als Benettons künstlerischer Leiter von 1982 bis 2000 fungierte und die Marke in den 80er und 90er Jahren mit seinen Schock-Kampagnen bekannt machte. Jetzt hat er mit einer Kampagne zum Thema Integration eine zweite Chance bekommen.

“Integration ist eine Hauptthema in unserer heutigen Welt”, kommentierte ein weit zahmerer Toscani als von früher gewohnt. “Die Zukunft hängt davon ab, wie und in welchem Ausmaß wir unsere Intelligenz nutzen, um uns mit anderen zu integrieren und unsere Angst zu überwinden.” Die Kampagne dreht sich um 28 Schulkinder aus 13 verschiedenen Ländern und vier verschiedenen Kontinenten, die zusammen lernen und die Zukunft der Gesellschaft prägen werden.

Einstieg in Wachstumsmärkte schwierig

Nach Europa sind Wachstumsmärkte wie China, Mexiko und Indien wichtig für das Unternehmen. In Indien, wo sich der Einstieg als eigenständig geführte Marke schwierig gestaltet, will Benetton jedoch nicht aufgegeben, ist das Land doch ein zu wichtiger Markt - bis 2020 soll sich das Volumen des indischen Einzelhandelssektors bei einer jährlichen Wachstumsrate von 12 Prozent verdoppeln. Benetton betreibt derzeit über 850 Filialen in Indien als Franchises.

Indien ist und bleibt jedoch ein schwieriger Markt, was den Eintritt in den Monomarken-Einzelhandel betrifft. Benetton bemüht sich hier jetzt seit fast eineinhalb Jahren, 100-prozentig eigene Geschäfte zu eröffnen und hat sich laut der Behörde für Gewerbepolitik und -förderung (DIPP) um Genehmigungen sowohl für den Monomarkeneinzelhandel als auch den Onlinehandel importierter Waren bemüht.

Neustart als Öko-Marke

Im April dieses Jahres stellte die Benetton Group den ethischen Ansatz, den das Unternehmen sich zum Mittelpunkt gemacht hat, unter Beweis. Als erste europäische und eine der wenigen Modemarken weltweit schloss sie sich der Internationalen Wolltextil-Organisation (IWTO), um ihr Engagement für Umweltschutz, Produktsicherheit und mehr Transparenz in der Lieferkette zu beweisen.

Die Entscheidung, sich der IWTO anzuschließen, zeigt die zentrale Rolle von Strickwaren und Wolle für Benetton. Wegen ihrer hohen Elastizität und widerstandsfähigen Naturfasern ist Wolle ein außergewöhnliches und einzigartiges Material. Allerdings ist aufgrund der oft brutalen Schurtechniken der Industrie Wolle für Verbraucher auf die Schwarze Liste zu vermeidender Materialien gesetzt worden. Bereits im Juni 2015 hatte sich Benetton - nach massiven Protesten von Peta - gegen die Verwendung von Angorawolle entschieden.

Zu seinem Neustart als Öko-Marke, den das Unternehmen bereits im Jahr 2015 bekannt gab, passte auch die Ankündigung der „TV 31100“-Kollektion - einer Reihe bunter Kaschmir-Pullover, die anhand modernster Umweltstandards herstellt wurde und die die Produktion wieder in heimische Gefilde bringen will. Alle Phasen der Herstellung befinden sich in Treviso, weshalb die Kollektion auch nach der Postleitzahl des norditalienischen Orts benannt ist, um ihren „Made in Italy“-Charakter zu betonen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte Benetton bereits im Juli 2016 zusammen mit H&M und Inditex als „Avantgarde“ des Detox-Catwalks gelobt. Im Oktober 2015 hatte Benetton seinen Neustart als Öko-Marke bekannt gegeben, wobei das neue Markenimage nicht nur qualitativ hochwertige Produkte in den Vordergrund stellt, sondern auch das soziale Engagement des Unternehmens, wie etwa das „Benetton Women Empowerment Program“.

Derzeit betreibt die Benetton Group ein Netzwerk von rund 5.000 Geschäften weltweit. Das 1969 gegründete Familienunternehmen entschied sich im Jahr 2012, sich von der Mailänder Börse zurückzuziehen, um flexibler zu werden, was die internationale Expansion angeht. Ob die Neupositionierung ein Erfolg wird und ob Luciano Benetton tätig werden wird, bleibt abzuwarten.

Fotos: Benetton
Benetton